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Panmunjon an der Demarkationslinie, schon bald ein Treffpunkt für Friedensgespräche? © SG

Letzte Herausforderung in Fernost

Peter G. Achten /  Zwei ungewöhnliche Gipfeltreffen stehen bevor. Die Wirtschaft Nordostasiens könnte im Falle eines Erfolges gewaltig profitieren.

Nordkoreas Marschall Kim Jong-un wird am 27. April den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in an der Demarkationslinie im südlichen Teil des Waffenstillstandsdorfs Panmunjom treffen. Ende Mai oder Anfang Juni will dann der «kleine fette Raketenmann» Kim mit dem «senilen Greis» Trump die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel besprechen.

Genf, Pyongyang, Panmunjon

Wo das sein wird, ist noch immer unklar. Die UNO-Stadt Genf wäre möglich, schliesslich ging Kim doch einige Jahre in der Schweiz zur Schule. Washington oder Pyongyang sind wenig wahrscheinlich, denn konfuzianisch gesprochen wäre jener stärker, der in seiner Hauptstadt empfängt. Aber man weiss nie. Trump liebt ja nach eigenem Bekunden Militärparaden, etwas, worin Nordkorea mit grossem Abstand Weltmeister ist. Bleibt noch Panmunjom, der symbolträchtige Ort an der innerkoreanischen Demarkationslinie.

Konfuzianischer Sohn

Peking wäre eine andere Möglichkeit. Das eingetrübte sino-nordkoreanische Verhältnis hat sich seit der Reise Kims nach Peking im März beträchtlich aufgehellt. Nach chinesischen Vorgaben selbstverständlich. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hat den jungen Kim wie einen konfuzianischen Sohn empfangen. Eifrig notierte Kim Xis Worte, wie die Bilder des chinesischen Staatsfernsehens belegen. Zwar unterstützt Peking noch immer die Sanktionen des UNO-Sicherheitsrats gegen Nordkorea. Doch China hat mit Kims Besuch allen Beteiligten und vorab den Amerikanern, Japanern, Nord- und Südkoreanern und Russen klar gemacht, wer bei der Konfliktlösung auf der koreanischen Halbinsel am Ende das Sagen hat.

Das Stichwort

Natürlich stehen im Mittelpunkt des politischen und militärischen Interesses die Sicherheitsfragen, also das, was unter dem medialen Stichwort «Denuklearisierung» zusammengefasst wird. Um dieses für alle Seiten hoch riskante Thema zu lösen, braucht es mehr als die geplanten Gipfeltreffen. Diese Treffen jedoch sind nötig, damit überhaupt etwas in Gang kommt. Seit dem Waffenstilland im Koreakrieg wartet die Welt – also seit 65 Jahren – auf Fortschritte im Friedensprozess.

Wirtschaftliches Potential

Was meist weniger beachtet wird bei der aktuellen Diskussion um Nordkorea, ist das gewaltige wirtschaftliche Potential, das bei erfolgreichen, selbst bei kleinen Friedensschritten freigesetzt werden könnte. Nordkorea liegt nämlich im Zentrum von Nordost-Asien, einem gewaltigen Wirtschaftsraum mit China, Nord- und Südkorea, Japan, der Mongolei und dem russischen Fernen Osten. Die Komplementarität dieser Regionen sind augenfällig. Ressourcen wie Erdöl, Erdgas, Eisenerz und andere Metalle oder Holz sind im Überfluss vorhanden.

Gut ausgebildete Arbeitskräfte

Auch an gut ausgebildeten Arbeitskräften mangelt es nicht. In Russisch Fernost zum Beispiel arbeiten Hunderttausende von Chinesen und Zehntausende von Nordkoreanern. In der wegen politischen Spannungen vor zwei Jahren geschlossenen nordkoreanischen Sonderwirtschaftszone Kaesong arbeiteten 50’000 bestens ausgebildete Nordkoreanerinnen und Nordkoreaner, um für südkoreanische Firmen Produkte hoher Qualität herzustellen. Ein grosser Bedarf besteht am Ausbau der Infrastruktur, also Strassen, Eisenbahnlinien, Kanäle, Pipelines, Stromnetze und dergleichen. Das gilt zumal für Nordkorea, der Mongolei und den russischen Fernen Osten. Eine direkte Eisenbahnlinie nach China, Zentralasien, Russland und Europa wäre zum Beispiel für den Exportriesen Südkorea ein Traum.

«Win-Win»

Bereits heute bestehen mannigfaltige Beziehungen. Das Sino-Japanische Verhältnis beispielsweise generiert für beide Seiten grosse ökonomische Gewinne, eine «Win-Win-Situation» wie die Chinesen zu sagen pflegen. Mit rund 150 Milliarden Dollar (2017) gehen 24 Prozent aller japanischen Exporte nach China, mehr als doppelt so viel wie nach Europa und ein Viertel mehr als nach den USA. Japan hat zudem massiv in China investiert. Noch immer jedoch gibt es ernsthafte bilaterale politische Probleme. Einerseits geht es um das wüste Treiben der japanischen Soldateska vor und während dem Zweiten Weltkrieg in China, andererseits um den Souveränitätsstreit über die Senkaku/Diaoyu Inseln im Ostchinesischen Meer. Der vor über vierzig Jahren abgeschlossene Friedens- und Freundschaftsvertrag hat bislang eine Eskalation der Konflikte verhindert.

Südkorea-China

Ähnlich eng mit China verbunden ist Südkorea. Mit 125 Milliarden Export-Dollars gehen rund ein Viertel der Ausfuhren nach China, während nach den USA nur rund 67 Milliarden Dollar exportiert werden. Südkorea ist mit vielen Produktionsstätten auch ein Grossinvestor in China. Politisch gibt es wegen amerikanischer Abwehrraketen mit China Differenzen. Mit Japan wiederum hat Südkorea ungelöste politische Probleme noch aus der Kolonialzeit (1910-1945) sowie wegen ungeklärten Souveränitätsansprüchen über mehrere Inseln.

USA-Japan-Südkorea-Russland

Südkorea wie Japan wiederum sind mit den USA verbündet. Amerika garantiert mit einer namhaften Militärpräsenz vertraglich die Verteidigung beider Länder im Konfliktfall. Schliesslich hat Russland trotz sehr guter wirtschaftlicher Beziehungen mit Japan einen andauernden territorialen Souveränitätskonflikt wegen der vier nördlichen Inseln. Die Hauptprotagonisten in Nordostasien betreiben eine je eigene Diplomatie: Nordkoreas Kim Jung-un die «Nuklear-Diplomatie», Südkoreas Moon Jae-in die «Sonnenschein-Diplomatie», US-Präsident Trump die «Druck-, Schrecken- und Burger-Diplomatie», Chinas Xi Jinping die «Zuckerbrot und Peitsche Diplomatie» und schliesslich Japans Premier Abe die «Finanz- und Geld-Diplomatie».

Vorteile und Risiken

Mit und jenseits der Politik ist Nordost-Asien der letzte grosse Preis auf der asiatischen Wirtschafts- und Investitionskarte. Wer jetzt schon mit einem Fuss drin ist, vor allem in Nordkorea, der Mongolei und in Russisch Fernost hat bei erfolgreicher Gipfeldiplomatie gewaltige Vorteile. Doch noch gewaltiger sind die wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Risiken.
Immerhin, Trump hat ja neben wüsten Beschimpfungen auch schon durchaus Nettes zum Fastfood liebenden Kim Jong-un gesagt. Er wolle, so «The Donald» vor einem Jahr, mit Kim Burger essen gehen – Double Cheese, versteht sich – und diskutieren. Wird es denn ein doppelter Cheese-Burger, vielleicht noch mit etwas Speck, dann wären Kim und Trump des Friedens-Nobelpreises und früher risikoafinen Investoren mit Millionen und Abermillionen gewiss.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Es gibt keine Interessenkollisionen.

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