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Ein Plakat des Jüdischen Nationalfonds, das aus Protest gegen den unverhältnismässig geführten israelischen Krieg in Gaza verunstaltet wurde. © Tacheles

Kanada widerruft Steuerbefreiung zweier israelischer Stiftungen

upg. /  Sie finanzieren illegale Siedlungen im Westjordanland. In Deutschland und der Schweiz ist der Jüdische Nationalfonds steuerbefreit.

Kanadas Behörden wollen es nicht länger hinnehmen, dass der Jüdische Nationalfonds und die Ne’eman-Stiftung illegale Siedlungen im Westjordanland direkt oder indirekt finanzieren. Die beiden Stiftungen weigern sich zudem, über ihre Wohltätigkeit genügend Transparenz zu schaffen. Aus diesen Gründen hat die kanadische Steuerbehörde beschlossen, den beiden Stiftungen den Status der Gemeinnützigkeit und der Steuerbefreiung zu entziehen. Mit der Publikation am 10. August ist der Beschluss rechtskräftig geworden. 

Der kanadische Ableger des «Jewish National Fund» (JNF) will beim kanadischen Finanzministerium Beschwerde einlegen. Auf seiner Webseite beschuldigt er die kanadischen Steuerbehörden, dem öffentlichen Druck durch Kampagnen von Aktivistengruppen gegen den JNF nachzugeben und bezeichnet diese Kampagnen als antisemitisch.

Für Spendende bedeutet der Entscheid, dass sie ihre Zuwendungen nicht mehr wie bisher von den Steuern absetzen können.

In der Schweiz und in Deutschland bleiben der Jüdische Nationalfonds und die Ne’eman-Stiftung steuerbefreit.


Die antizionistische US-Plattform Mondoweiss beschreibt den Jüdischen Nationalfonds wie folgt:

«Der Jüdische Nationalfonds JNFC in Kanada ist ein langjähriger zionistischer Indoktrinationsapparat, der seit Jahrzehnten in kanadischen hebräischen Schulen und Gotteshäusern tätig ist. Der JNFC versuchte, Generationen von kanadischen Juden beizubringen, dass das Pflanzen von Bäumen auf den Trümmern ehemaliger palästinensischer Dörfer ein spiritueller, wohltätiger Akt ist. Er verzerrte die alten jüdischen Wertesysteme in Bezug auf die Unterstützung und Pflege von Gemeinschaften stark. Die Organisation arbeitet als kanadische Wohltätigkeitsorganisation für die israelischen Verteidigungskräfte (IDF) und die illegalen Siedlungen in den besetzten Gebieten. Unter dem Vorwand, die Bemühungen um die ethnische Säuberung der Palästinenser, welche die Grundlage für den Aufbau des Staates Israel bilden, zu verschleiern, hat der JNFC Dutzende von Millionen kanadische Dollar an steuerlich absetzbaren Spenden an den jüdischen Staat überwiesen.» 


Der Jüdische Nationalfonds in Deutschland beschreibt seine Tätigkeit auf der Webseite wie folgt: 

«Der Jüdische Nationalfonds e.V. ist wegen Förderung der Jugend- und Altenhilfe, Förderung der internationalen Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens sowie Förderung der Entwicklungszusammenarbeit […] Wir bestätigen, dass die Zuwendungen nur zur Förderung der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke im Sinne des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, 13 und 15 AO verwendet werden.»


Das jüdische Wochenmagazin «tachles» schreibt:

«Die Widerrufe stellen einen grossen Sieg für pro-palästinensische Gruppen in Kanada dar, darunter die antizionistischen Independent Jewish Voices Canada, die sich wiederholt bei der Steuerbehörde CRA über steuerlich absetzbare Spenden zur Unterstützung von Infrastrukturprojekten auf israelischen Militärstützpunkten beschwert haben. Wie in vielen anderen Ländern ist es auch in Kanada gesetzlich verboten, dass gemeinnützige Organisationen ausländische Militärs unterstützen […]

Viele amerikanische Wohltätigkeitsorganisationen spenden für das israelische Militär, unter anderem für den Kauf von Verteidigungsausrüstung. Diese Spenden könnten gegen US-Gesetze verstossen, aber die Steuerbehörde und andere Regierungsbehörden werden wahrscheinlich nicht gegen solche Aktivitäten vorgehen, so Daniel Kurtz, ein prominenter Anwalt für gemeinnützige Organisationen und ehemaliger stellvertretender Generalstaatsanwalt des Staates New York, der für die Wohltätigkeitsabteilung zuständig ist.

‹Die direkte Beteiligung an einem Krieg ist keine Wohltätigkeit – das steht ausser Frage›, sagte Kurtz in einem Interview. ‹Man kann keine Panzer oder Maschinengewehre für die IDF oder die Russen oder sonst jemanden kaufen. Der Kauf von Ausrüstungsgegenständen für Soldaten ist wahrscheinlich auch nicht mit dem Gesetz vereinbar. Kann man indirekt helfen? Ich denke, das wird in gewissem Masse getan – indem man Soldaten nicht-militärische Unterstützung bietet, wie zum Beispiel Erholung, Bildungsmöglichkeiten. Das ist undurchsichtig. Und in der Praxis wird es wohl kaum eine Behörde wagen, dagegen vorzugehen.›

Der JNF hat nach eigenen Angaben 2016 den Bau von Projekten für Soldaten auf israelischen Militärstützpunkten eingestellt, nachdem die CRA festgestellt hatte, dass eine solche Tätigkeit nicht mit seinem Status als Wohltätigkeitsorganisation vereinbar ist.»


Israels Oppositionszeitung «Haaretz» schrieb am 2. Oktober 2023 in einem Leitartikel:

«Der Jüdische Nationalfonds (JNF) baut seine Rolle als Hauptakteur im Siedlungsbau und der damit einhergehenden Plünderung und Enteignung der Palästinenser im Westjordanland weiter aus, um eine künftige Annexion vorzubereiten. Wie alle anderen Siedlungsakteure scheint auch der JNF alle Mittel als koscher zu betrachten. Und wenn sie nicht koscher sind, dann werden sie in der Zukunft rückwirkend koscher sein, nachdem die Siedler ihre Übernahme Israels beendet haben […]
In den letzten zwei Jahren hat der Jüdische Nationalfonds 4 Millionen Schekel (etwa 1 Mio Dollar) in ein Projekt zur Rehabilitierung jugendlicher Aussteiger investiert, die auf Bauernhöfen und Viehzuchtaussenposten im Westjordanland leben. Das Geld, das eigentlich für die Berufsausbildung von Jugendlichen gedacht war, wird an Organisationen weitergeleitet, die die Errichtung illegaler Siedlungsaussenposten fördern. Eine Quelle des JNF erklärte gegenüber Haaretz, dass die Zahl der Farmen im Westjordanland, die die Organisation über ihre Abteilung Noar Besikuy für gefährdete Jugendliche finanziert, grösser sei als die Zahl der Farmen im Negev oder in Galiläa.»


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2 Meinungen

  • am 20.08.2024 um 03:22 Uhr
    Permalink

    Sehr rasch hat die Schweiz den völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands verurteilt, Sanktionen ergriffen und Milliarden für die Ukraine gesprochen. Die diplomatischen Beziehungen zur Hamas wurden ebenso rasch abgebrochen und zur Terrororganisation erklärt. Aber nie hat sie den Völkermord Israels verurteilt, keine Sanktionen ergriffen, dafür die Gelder für die UN-humanitäre Organisation UNWRA eingefrohren und aufs minimum reduziert. Und natürlich lässt sie auch den JNF steuerfrei die illegalen und brutalen Siedler unterstützen.
    Völkerrecht, internationales Recht, Internationaler Gerichtshof, Menschenrechte haben sich auf leere Wörter reduziert. Ich frage mich ständig, ob unsere Regierung noch ein Gewissen hat, oder ob sie blindlings dem Big Brother folgt, bis das böse Erwachen kommt.

  • am 20.08.2024 um 10:55 Uhr
    Permalink

    Wichtiger Artikel.
    Danke.

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