In der Ukraine kämpfen Söldner für Geld und nicht für Freiheit
Nicht nur Russland, sondern auch die Ukraine rekrutiert ausländische Söldner, um den Bestand der Armeen aufzustocken, wenn auch in wohl geringerem Ausmass. Eine Recherche von Antoly Kurmanaev und Isayen Herrera in der «New York Times» hat zum Teil schockierende Augenzeugenberichte von kolumbianischen Kämpfern an der Front in der Ukraine und Berichte von Angehörigen in Kolumbien an den Tag gebracht. Da es sich um geheime Operationen handelt, bleibt vieles im Dunkeln, aber aufgrund der Auswertung von Interviews mit Beteiligten, Audio- und Textnachrichten dürften im Schnitt ständig hundert Kämpfer aus Kolumbien an der Kriegsfront in der Ukraine stehen.
Während sich Freiwillige aus dem Westen dem Kampf der ukrainischen Armee gegen den Feind aus dem Osten aus moralischer Überzeugung, Abenteuerlust oder Hass auf Russland anschlossen, zeigen die kolumbianischen Kämpfer ein anderes Motiv. Dieses ist rein ökonomisch. Viele der interviewten Kolumbianer wussten zuvor nicht einmal, wo sich die Ukraine befindet und worum es in diesem Krieg überhaupt geht.
Die Not hat sie zu diesem Schritt bewogen, sei es, dass die Bank das eigene Haus zu pfänden droht, weil die Familie die Hypothek nicht mehr aufbringen kann. Sei es, dass jemand wegen einer unerwarteten Operation mittelos geworden ist. Meistens aber einfach aus dem Grund, dass für einen Veteranen der kolumbianischen Armee die monatliche Rente von 400 bis 600 Dollar einfach nicht zum Leben reicht.
Kolumbien ist aus verschiedenen Gründen ein Eldorado für die Anwerbung von Söldnern. Aufgrund des Friedensabkommens von 2016 zwischen der Regierung und der FARC-Guerrilla sind viele Soldaten, die sich in der Aufstandsbekämpfung und dem Kampf gegen den organisierten Drogenhandel engagiert hatten, arbeitslos geworden. Sie gelten als sehr erprobte Kämpfer und gehören im lateinamerikanischen Vergleich zur Spitze.
Einige haben nach ihrer Ausmusterung einen Job als Bodyguard gefunden und verdienen zwei- bis dreimal so viel, wie ihre Veteranenrente hergibt. Andere nehmen Sicherheitsaufgaben auf Ölplattformen in der arabischen Welt wahr oder verdingen sich gar bei Killerkommandos. So sind über zwanzig kolumbianische Söldner angeklagt, 2021 an der Ermordung von Haitis Präsident Jovenel Moïse beteiligt gewesen zu sein.
In der Ukraine verdient ein kolumbianischer Söldner – immer laut Recherchen der «New York Times» – umgerechnet 3000 Dollar: dreimal mehr als Bodyguards und achtmal mehr, als die Rente für Veteranen in Kolumbien vorsieht. Das Risiko ist aber auch entsprechend hoch. Die meisten Kämpfer sagten aus, dass die Situation an der ukrainisch-russischen Front ungleich schwieriger und gefährlicher sei als es der interne «Krieg» gegen die Drogenkartelle oder die FARC war. Einer der interviewten Kämpfer sagte, dass von den 60 Söldnern seiner Gruppe nur noch sieben am Leben seien. Alle anderen seien im Kampf umgekommen.
Einer der Interviewten zog in den Krieg in der Ukraine, nachdem die Bank ihm kurz nach der Geburt des dritten Kindes das Haus hatte pfänden wollen. Sein Einkommen als Krankenpfleger reichte nicht mehr, um die Lebenskosten der Familie und die Hypothek zu bezahlen. Er fiel schon nach zwanzig Tage durch einen Raketeneinschlag. Seine Frau sagte, nachdem man ihr die persönlichen Effekten ihres Mannes zugestellt hatte: «Ich wollte diese Sachen wegwerfen. Statt meinen Mann erhielt ich eine Kiste mit einer Fahne zurück, die mir nichts bedeutet. Aber ich behalte die Sachen trotzdem, weil ich möchte, dass das Baby die Geschichte seines Vaters erfährt und einmal sehen kann, was von ihm zurückkam.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Es ist Krieg: Sowohl Russland wie auch die Ukraine treiben Propaganda. Freiwillige Soldaten und private Soldatenverbände sind oft auch „Nazis“ und das auf beiden Seiten und sicher hat auch die Ukraine Söldner. Seien wir doch nicht naiv! Und doch – die Ukraine will sich vom massiv korrupten russischen System lösen und soll das auch versuchen dürfen. Um nicht zu sagen, dass der Westen nicht auch korrupt wäre, aber es gibt immer noch Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren in einem stabilen Demokratischen Land – auch wenn von rechter Seite alles versucht wird, auch hier autokratische Strukturen zu schaffen.
Russland will die russischsprachige Bevölkerung, die Mehrheit im Donbas schützen, nachdem seit 2014 die Regierung versucht hat diese zu unterdrücken und die Minsker Abkommen von Deutschland und Frankreich torpediert wurden.
Frau Heidi Hiltebrand, sich dagegen zu wehren in einem stabilen Demokratischen Land, meine Sie die USA die Führungsmacht des Westen??? Nur ein Hinweis auf die politische Ausrichtung, „stabilen Demokratischen Land“ Nehmen wir nur mal die westliche Führungsnation USA Seit TRUMP. Der ungestraft zum Sturm Kapitol bläst und trotz dieser Episode und mit seinen geschäftlichen «windigen» Gebaren – schlimmer noch als die russischen Oligarchen – Präsident der USA werden kann.Oder nehmen Sie die Kosten des USA Wahlkampfes. 2020 waren es Präsidentschafts- (6,63 Mrd. US-Dollar) und Kongressebene (7,25 Mrd. US-Dollar) = dem sind keine Grenzen gesetzt Dies kann allein daran abgelesen werden, dass die kumulierten Kosten der Wahlzyklen 2012 und 2016 immer noch niedriger sind als die Gesamtkosten des 2020er-Zyklusses
Guten Abend liebe Redaktion des Info Sperber.
In den letzten Tagen habe ich einen Kommentar geschrieben, der dünkte mich nicht beleidigend, nur leicht spöttisch weil der obige Titel das auch verdient.( Den exakten Wortlaut weiss ich nicht mehr).
Ich versuche es noch einmal :
«Der Titel ist schlecht gelungen. Er suggeriert die Ukraine wehre sich mit unethischen Mittel Geld und nicht bloss aus Freiheitsgedanken. Söldner haben noch nie für etwas anderes gekämpft als für Sold.
Inhaltlich richtig, berichtet der Text von der himmelhoch schreienden Ungerechtigkeit des weltweiten Finanzsystems. Hat nichts mit dem Freiheitskampf der Ukraine zu tun, macht aber auch hier nicht halt.
@Fr. Hiltebrand
Ich habe Ihren Text angefangen zu lesen, und ich bin nach Ihrem Appell «Seien wir doch nicht naiv!» ganz grässlich gestolpert. Ich fürchte, ich habe von der Ukraine und deren Streben nach einem ’stabilen demokratischen Land» einen drastisch anderen Eindruck und der legt mir nahe, dass Sie sich mit Ihrem Appell selbst keinen guten Dienst erweisen.
Erlauben Sie mir bitte ein kleinen Hinweis (Ich bin nicht auf Missionstour): Auf der Seite der deutschen «Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) – im Internet leicht zu finden und nicht verdächtig, ‹Putinfans› mit Argumenten zu füttern – findet sich ein Artikel über die sogenannten ‹Pandora Papers› und die Verwicklungen des Serienkomikers Selensky und seines Mentors, Kolomojskyj.
Für mich war das der Anlass zu weiteren Recherchen zum Ukrainekrieg…und der Grund, warum ich glaube, dass Sie sich mit Ihrem «Seien wir doch nicht naiv!» wohl etwas unglücklich ausgedrückt haben.
Mit freundlichem Gruß
Wilhelm Ganz