Sagui Dekel-Chen.cc ti

Seit dem 7. Oktober 2023 als Geisel in der Hand von Hamas-Terroristen: Der US-israelische Doppelbürger Sagui Dekel-Chen. © cc/ti

Hört auf, die Hamas mit den Nazis zu vergleichen

Red. /  Mein Sohn ist einer der Geiseln der Hamas. Doch Vergleiche mit Progrom und Holocaust sind falsch. Sie lenken ab.

upg. – Jonathan Dekel-Chen, der Autor dieses Beitrags, ist Geschichtsprofessor an der Hebräischen Universität von Jerusalem.


Am 7. Oktober drangen Hamas-Terroristen in den Süden Israels ein, ermordeten etwa 1200 Menschen und entführten mehr als 240 weitere. Einer der Entführten ist mein 35-jähriger Sohn Sagui, der in Nir Oz lebte (Bild oben). In diesem Kibbuz, der bei dem Angriff zerstört wurde, habe ich die meiste Zeit meines Erwachsenenlebens gelebt. Sagui gehört zu den über hundert Geiseln, die noch immer von der Hamas festgehalten werden.

Dieser schreckliche Tag und die Verwüstung des Gazastreifens durch Israels militärische Reaktion haben zu zahllosen Verweisen auf den Holocaust und damit verbundene Begriffe geführt: Völkermord, Nazis, Pogrome. Einige von Israels Gegnern haben Israel in unverantwortlicher Weise des Völkermords an den Palästinensern beschuldigt. Aber auch meine Regierung hat diese Begriffe verwendet, vor allem um die israelische Bevölkerung vom Ausmass der Bedrohung durch die Hamas zu überzeugen.

Als Sohn eines Mannes, der den Holocaust überlebte, und einer Frau, die aus Nazi-Deutschland floh, empfinde ich Vergleiche mit dem Völkermord der Nazis zutiefst beleidigend. Als Vater einer Geisel sind solche Ausdrücke für mich unerträglich. Und als Geschichtsprofessor bin ich entsetzt über die Ungenauigkeit solcher Aussagen und erschrocken über ihre Auswirkungen auf die israelische Gesellschaft.

Am Vergleich unserer Politiker mit dem Holocaust ist etwas Wahres dran: Der 7. Oktober war tatsächlich der tödlichste einzelne Tag für das Weltjudentum seit dem Holocaust. Doch damit endet der Vergleich.

Doch indem israelische Minister die kollektive Erinnerung an den Holocaust wachrufen, lenken sie und andere führende Politiker davon ab, dass sie am Massaker dieses «Schwarzen Samstags» mitverantwortlich sind. Und dass es ihre heilige Pflicht ist, alle Geiseln lebend zurückzubringen. 

Menachem Begin hat 1982 den Palästinenserführer Jassir Arafat mit Hitler verglichen

Fairerweise muss man den derzeitigen Ministern von Premierminister Benjamin Netanjahu zugutehalten, dass sich auch frühere Regierungen auf Bilder des Holocaust beriefen, um das Land zu mobilisieren. Diese Praxis geht auf David Ben-Gurion, Israels Gründungspremierminister, zurück und schliesst auch Premierminister Menachem Begin ein, der 1982 den Palästinenserführer Jassir Arafat mit Hitler verglich. Seit dem 7. Oktober scheinen die Häufigkeit und Intensität dieser Äusserungen jedoch weitaus grösser zu sein.

Im Juni sprach der Bürgermeister von Jerusalem, Moshe Lion, bei einer Gala vor einer Konferenz in New York von Angriffen auf Juden an Universitäten und auf der Strasse, «wie wir sie seit den 1930er Jahren in Deutschland nicht mehr erlebt haben». Ofir Akunis, Israels Generalkonsul in New York, sagte auf der Konferenz, dass es das Ziel der Hamas sei, einen «Völkermord» an Israelis zu begehen, und dass sich dieser Begriff «auf den Holocaust selbst und nichts anderes» beziehe.

Dies sind nur einige Äusserungen von zahlreichen anderen:

«Die schrecklichen Geschichten, die wir von den Überlebenden des Hamas-Angriffs hören, erinnern mich an die Geschichten, die meine Mutter uns über den Holocaust erzählt hatte», sagte Aussenminister Israel Katz im Februar an der Konferenz der Präsidenten der wichtigsten jüdischen Organisationen in den USA. Im November sagte Finanzminister Bezalel Smotrich, das Westjordanland habe eine Bevölkerung von «zwei Millionen Nazis».

Netanjahu nahm in letzter Zeit eine andere Haltung ein. In einer Rede zum Holocaust-Gedenktag am 5. Mai sagte er, dass der Angriff vom 7. Oktober nicht mit dem Holocaust vergleichbar sei, weil die Hamas kein Massaker im grossen Stil verüben konnte. Er deutete damit an, dass die israelischen Verteidigungskräfte einen noch grösseren Angriff verhindert hätten. 

Doch in Wirklichkeit haben heldenhafte zivile Rettungskräfte und unkoordinierte Aktionen kleiner israelischer Militärteams – und sogar einzelner Soldaten – die Angriffe mit wenigen oder gar keinen Anweisungen ihrer Befehlshaber abgewehrt.

Meine Eltern wären am Boden zerstört gewesen

Meine Eltern, die vor Jahren gestorben sind, wären am Boden zerstört gewesen, weil Israel am 7. Oktober seine Bürger nicht verteidigte – ein Verrat an dem grundlegenden Grund für die Gründung des Landes im Jahr 1948. Ich glaube, dass es ihnen schwergefallen wäre, die physische Zerstörung unseres Kibbuz zu verkraften, in dem an diesem Tag mehr als ein Viertel der Bewohner ermordet oder entführt wurde. Ausserdem wäre der Schmerz, den sie über die Entführung ihres geliebten Enkels empfunden hätten, sicherlich unvorstellbar gewesen.

Ignorante oder zynische israelische Beamte behaupten, dass antisemitische Äusserungen und anti-israelische Proteste in der ganzen Welt an das Nazi-Deutschland der 1930er Jahre erinnern würden. Doch die Demonstrierenden erhalten so gut wie keine Unterstützung von mächtigen Politikern, Industriellen und Finanziers, die den Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland finanzierten und förderten. Sie haben auch keinen Anführer, keine Parteistruktur oder eine gemeinsame Ideologie. Sie protestieren nicht in einem gescheiterten Staat – wie dem Weimarer Deutschland –, der zu schwach war, um gegen gewalttätige Demonstranten vorzugehen. Im Gegenteil, man könnte sagen, dass einige der Behörden auf die Proteste auf dem Campus überreagieren, indem sie die Polizei einschalteten und harte Disziplinarmassnahmen ergriffen.

Diese ignoranten und zynischen israelischen Beamten setzen sich mit den Gründen der pro-palästinensischen und anti-israelischen Demonstrationen nicht ernsthaft auseinander: Die zahlreichen zivilen Opfer im Gazastreifen haben die Fähigkeit unserer Regierung, sich in diesem Konflikt moralisch zu behaupten, untergraben.

Vergleiche mit Progrom und Massenvernichtung sind falsch

Auch der Vergleich des Angriffs vom 7. Oktober mit einem Pogrom ist falsch. Historiker haben gezeigt, dass es sich bei den Pogromen im Osteuropa des 19. und 20. Jahrhunderts fast immer um Gewalt des Mobs handelte, die zuweilen von lokalen Beamten oder der Polizei unterstützt wurde. Im Gegensatz dazu wurde das Gemetzel vom 7. Oktober von der Hamas geleitet, einer organisierten Gruppe, die das Gemetzel minutiös planten. Der Verweis auf die Gewalt des Mobs verschleiert nur die Verantwortung der Hamas.

Ebenso verhängnisvoll ist die Berufung auf die vom Nazi-Regime betriebene Massenvernichtung. Im Jahr 1939 gab es keinen souveränen jüdischen Staat mit einer Armee. Heute gibt es eine israelische Armee, die das jüdische Volk seit 1948 vor seinen Nachbarn schützt.

Wir müssen uns mit dieser einfachen Wahrheit auseinandersetzen: Israels Regierung und das militärische Establishment sind arrogant und selbstbewusst geworden. Hätten sie mehr Vorstellungskraft gehabt und wären bereit gewesen, konträre Analysen aus den eigenen Reihen ernst zu nehmen, wie vielfach berichtet wurde, hätte der Angriff der Hamas sehr wahrscheinlich nie stattgefunden und wäre sicherlich nicht so tödlich gewesen.

Die zynische Berufung auf den Holocaust und die Pogrome zu politischen Zwecken ist weder historisch korrekt noch notwendig, um die Unmenschlichkeit der Hamas gegenüber den Israelis und den Menschen in Gaza zu belegen.

Im Gegenteil, es beleidigt die Erinnerung an die unzähligen Opfer des Antisemitismus in der Vergangenheit, darunter auch an meine Eltern. Der Krieg zwischen Israel und der Hamas ist der Beweis dafür, dass die Bewaffnung der Sprache auf allen Seiten den Hass und den Konflikt nur verlängert, zum grossen Teil dadurch, dass sie es den Beteiligten ermöglicht, die Aufmerksamkeit von grundlegenden Problemen abzulenken, einschliesslich des Versagens der israelischen Regierung, alle unsere Geiseln nach Hause zu bringen.

Das wahre Vermächtnis des Holocausts sollte für die Israelis eine Geschichte der Erlösung und des Wiedererwachens sein, eine Geschichte, in der unser Volk nicht ausgelöscht wurde. Das Vermächtnis sollte nicht das einer ewigen Opferrolle in den Händen böswilliger Mächte sein, wie unsere Führer ständig suggerieren.

Es gibt nichts Wertvolleres im zionistischen Projekt als die Kontinuität des jüdischen Volkes in einem jüdischen Land, das sich der kollektiven Erinnerungen an unsere Vergangenheit bewusst ist, aber nicht von ihnen versklavt wird.

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Eine Version dieses Artikels erschien am 24. Juni 2024 in der «New York Times» unter der Überschrift: «An Israeli Hostage’s Parent: This Is Not the Holocaust».


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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10 Meinungen

  • am 8.09.2024 um 11:51 Uhr
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    Zionisten blenden aus, was in ihrem Namen angerichtet wurde. Nakba, Eroberungskrieg von 1967, illegale Siedlungen, Terror und Ermordung im grossen Stil, Apartheid und Völkermord.
    Wir kennen alle die Fakten und 80 Jahre Israel zeigen klar auf, dass dieser Staat nie, nie die Rechte der Palästinenser anerkennen wird. Israel möchte alle Palästinenser vertreiben, aus Jerusalem, der Westbank, Gaza und innerhalb Israels.
    Es sollte eine internationale Verwaltung über das Gebiet errichtet werden. Diese soll dafür sorgen, dass alle Einwohner gleiche Rechte haben. Ist das zuviel verlangt? Nein, und wer das nicht akzeptieren will, soll das Land verlassen müssen. Sorgen wir dafür, dass dieser Übergang mit möglichst wenig Gewalt vollzogen wird.

  • am 8.09.2024 um 13:14 Uhr
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    Wie entstand die Hamas? Wer hat sie unterstützt? Und was heisst und bedeutet genau» Israel schützen»? Siedlungspolitik wie genau? Wer lebt in Israel sonst noch? Ah, Palästinenser? Wie behandelt man dieses Volk? Wie spricht man über sie in Israel? Ich habe gute Ohren, kenne persönlich Israelis, war auch dort und was jetzt abgeht, ist nicht normal. Es gab und gibt eine Minderheit, die das alles ankommen sah, weil sie Menschen sind und die Palästinenser auch als Menschen sehen und dadurch litten. Denn sie sahen, was passiert, und waren nicht arrogant. Aber diese Leute haben leider bis jetzt keine Macht, und das ist in diesem Konflikt eine unglaubliche Tragik. Sie werden in obenstehendem Artikel nicht erwähnt, auch das palästinische Volk wird nicht erwähnt, nur die Hamas. Wie traurig….und surreal!
    Was für eine Meinungsmache…so spaltend, so polarisierend, einfach null Einsatz für Friedenslösungen. Die im Denken anfangen, von Mensch zu Mensch..

  • am 8.09.2024 um 15:56 Uhr
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    Ich bin bei der Lektüre über einen Satz gestolpert, der mich noch sehr beschäftigt: „Heute gibt es eine israelische Armee, die das jüdische Volk seit 1948 vor seinen Nachbarn schützt.“

    Ich bin kein Historiker, aber hat nicht das Völkerbundsmandat für Palästina, welches nicht recht umgesetzt wurde, die Spannungen maßgeblich beeinflusst? Wäre es im Verlauf nicht im Interesse Israels gewesen, die Palästinenser bei der Gründung eines eigenen Staates zu unterstützen? Und, bräuchte es dann seit 1948 eine Armee, die Israel vor seinen Nachbarn schützt?

    Nur so ein Gedanke.

    • am 9.09.2024 um 15:19 Uhr
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      Das war andersrum: Aufgrund der hohen Kosten für das Mandat und die vielen Terroranschläge jüdischer Terrorgruppen wie Irgun (Entführung von 6 britischen Offizieren 1946, Terroranschlag am 22. Juli 1946 auf das King David Hotel, bei dem eine Bombe 92 Menschen tötete und 69 verletzt hat (laut Wikipedia) gegenüber der UNO angekündigt, bis zum 14. Mai 1948 alle britischen Truppen abzuziehen. Die UNO war offenbar damals leider nicht in der Lage, auf die Schnelle einen Ersatz aufzustellen. Insofern kommt dem überstürzten Abzug der britischen Truppen eine wesentliche Rolle am Ausbruch des Israel-Palästina-Konflikts zu.

      Die jüdischen Nationalisten hatten von Beginn an kein Interesse an einem Palästinenserstaat, es gab aber auch noch die binationalen Zionisten rund um Judah Leon Magnes, Martin Buber, Ernst Simon und Henrietta Szold, Gründer der losen Gruppe Ihud, die aber relativ bald nach der Gründung des jüdischen Nationalstaates aufgrund der Eskalation aufgaben.

  • am 8.09.2024 um 17:21 Uhr
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    Bekenntnisse eines (zugegebenermassen) gemässigten Zionisten. Nur gegen eine seiner Aussagen will ich dezidiert Stellung nehmen: Der Autor schreibt, dass „Einige von Israels Gegnern… Israel in unverantwortlicher Weise des Völkermords an den Palästinensern beschuldigt“ hätten. Vom obersten Weltgericht, dem ICJ in Den Haag, kann man sicher nicht behaupten, dass er ein „Gegner“ Israels sei. Dennoch hat das Gericht in seiner vorsorglichen Verfügung vom 26.1.24 festgestellt, dass es plausibel sei, wonach Israel an den Menschen im Gazastreifen einen Völkermord begeht. Wie der Autor vor diesem Hintergrund und dem weiteren Verhalten Israels in den letzten acht Monaten dazu kommt, die Kritiker Israels zu verleumden, ist nur mit seiner zionistischen Einstellung erklärbar. Der ganzen Welt, mit Ausnahme einiger westlicher Regierungen, ist klar, dass hier ein Genozid grössten Ausmasses stattfindet.

  • am 9.09.2024 um 03:24 Uhr
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    Der Artikel macht eingangs die erstaunliche Behauptung, es sei «unverantwortlich», den Israelischen Völkermord beim Namen zu nennen. Der ganze Artikel spricht dann aber nur darüber, wieso der Überfall der Hamas kein Holocaust war. Es wäre sinnvoll, eine Gegendarstellung z.B. des jüdischen Mediums Grayzone oder des jüdischen Historikers Norman Finkelstein zu lesen, welche sich kategorisch hinter den Internationalen Gerichtshof stellen, welcher sagt es gäbe eindeutige Hinweise auf die Absicht zum Völkermord (z.B. Netanyahu mit einem Zitat zur religiösen Überlieferung des jüdischen Völkermords gegen das Volk der Amalek, welchen er als Verhaltensanweisung im Vorgehen gegen Gaza nannte). Die Berichte über den Angriff der Hamas sind zudem mit Lügen nur so gespickt, es wurden z.B. keine Babies geköpft, insgesamt starb «nur» ein Kleinkind beim Überfall, und nicht durch absichtliche Tötung. Die Westliche Berichterstattung ist einfach grottenschlecht zu dieser ganzen Weltregion.

  • am 9.09.2024 um 07:13 Uhr
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    zit.Major Tom, Bremen
    am 8.09.2024 («….Wäre es im Verlauf nicht im Interesse Israels gewesen, die Palästinenser bei der Gründung eines eigenen Staates zu unterstützen? …»)
    Ja, unbedingt – aber im Interesse eines MODERNEN Israel. Aber IST Israel modern ? Jedenfalls nicht als homogene Gesellschaft. Der Mythos einer 5000jährigen Tradition ist nicht verschwunden und kollidiert mit der Gegenwart in der Tragödie wie wir die sehen. Das israelische Volk muß diese Kollision überwinden – das intellektuelle Potential dazu hat es. Leider aber auch genug Waffen um den falschen Weg fortzusetzen. Diejenigen , die es auf diesem falschen Weg unterstützen, machen sich mitschuldig. Aber die Palästinenser haben 1948 leider genau so falsch gehandelt als sie den Teilungsplan nicht akzeptiert haben. Die Frage ist allerdings : was hätte Israel getan, WENN die Palästinenser den Plan akzeptiert hätten. Friedliche Koexistenz? Lassen wir diese Frage offen.

  • am 9.09.2024 um 09:02 Uhr
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    Es fällt mir nicht leicht, angesichts des Sterbens tausender Menschen eine ganz nüchterne Frage zu stellen : worin besteht eigentlich «Völkermord» ? Die Antwort : die Reduktion der Zahl der Angehörigen eines Volkes dermaßen, daß eine stetige Replikation gefährdet bzw. verhindert wird. Es wird also in einer sehr unscharfen Weise von dem Verhältnis der Überlebenden zur Zahl der Getöteten abhängen. Die Art und Weise der Tötung ist ein Parameter, der vielleicht nicht ohne Einfluß ist, etwa über psychische Raktionen der Überlebenden, aber er ist nicht von primärer Ordnung. So jedenfalls versuche ich mir die Entscheidung zu objektivieren. Die Frage, welche ABSICHTEN die Täter haben, ist selbstverständlich ganz vorrangig im Sinne einer gerichtlichen Bewertung – aber sie bleibt offen. Es sei denn die Täter haben die genozidale Absicht bekannt gegeben. Auf dieser Grundlage habe ich den Artikel von Jonathan Dekel-Chen eingeordnet.

  • am 9.09.2024 um 11:16 Uhr
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    Die Hamas hat am 7. Oktober 23 1200 Menschen ermordet und 240 entführt. Grauenhaft. Mit nichts zu rechtfertigen.
    „Kontinuität des jüdischen Volkes in einem jüdischen Land, das sich der kollektiven Erinnerungen seiner Vergangenheit bewusst ist“. Das jüdische Land wurde auf Land, das von anderen seit Jahrhunderten und -tausenden bewohnt war und die daraus vertrieben wurden, gegründet.
    Da liegt die Ursache, welche wohl keine Lösung für Juden und Araber zulässt. Herzl hat die Konsequenz seiner Idee eines „Judenstaates“ nicht erlebt, da er ein halbes Jahrhundert vorher verstarb (1904). Ob der „Judenstaat“ wohl wo anders hätte gegründet werden können, wo er willkommen gewesen wäre und wo es genügend Platz gegeben hätte?

  • am 9.09.2024 um 15:27 Uhr
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    Ein Historiker sollte schon auch zwischen den verschiedenen Strömungen im Zionismus unterscheiden können, es gab rechte (strikt nationalistische) und linke Strömungen, aber auch den binationalen Zionismus, der einen gemeinsamen Staat mit Palästinenser auf Augenhöhe wollte und sich konsequent gegen die Übergriffe gegen Palästinenser aussprach.

    Es stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre von jüdischen Nationalismus, denn Zionismus ist in erster Linie ein Nationalismus wie viele andere auch.

    Im übrigen erwarte ich mir von Friedensdemos, dass wenn schon Fahnen, dann Friedensfahnen geschwungen werden statt Nationalfahnen. Der Nationalismus der «Palästinasolidarität» finde ich höchst problematisch, weil er den Weg zum Frieden eher verbaut. Die israelisch-palästinensische Friedensbewegung kommt erschreckend selten zu Wort, selbst in «linken» Medien. 🙁

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