Kommentar
Gedanken zum Attentat: «Die Demokratie verteidigen»
Red. Hoh war Senior Fellow am Center for International Policy in Washington und ist Mitglied des Direktoriums des Institute for Public Accuracy.
In den USA argumentieren die gewählten Mehrheiten beider politischen Parteien, die USA müssten Israels Völkermord an den Palästinensern unterstützen, weil Israel die einzige Demokratie im Nahen Osten ist.
Für den Krieg in der Ukraine wurden in nur zweieinhalb Jahren 175 Milliarden Dollar bewilligt, um dort und im Westen die Demokratie zu verteidigen.
Die Republikaner und die Demokraten haben einen unnötigen und rücksichtslosen kalten Krieg mit China angezettelt, wiederum um die Demokratie bei uns zu retten.
Die Kriege, an denen ich in Afghanistan und in Irak selber teilgenommen hatte, führten die USA unter den Bannern der Freiheit und der Demokratie.
Dasselbe gilt für Libyen und Syrien.
Millionen von Menschen wurden getötet, verwundet und obdachlos gemacht.
Über Generationen hinweg haben die politischen und militärischen Führer der USA, unterstützt von oft enthusiastischen Medien, dem amerikanischen Volk versichert, dass das Abschlachten von Millionen Menschen auf der ganzen Welt notwendig war. Die Demokratie habe geschützt werden müssen vor Kräften, die jeweils fast immer als historisch gefährlich bezeichnet wurden.
Eine massive Informationskampagne, die Hunderte von Millionen Dollar kostete, wurde während fast eines Jahrzehnts für die Erzählung ausgegeben, dass Donald Trump eine existenzielle Bedrohung für unsere Demokratie sei.
Die einzige Überraschung war, dass jemand erst am vergangenen Wochenende diese Botschaft in die Tat umsetzte und ein Attentat verübte.
Der Trump-Attentäter Thomas Matthew Crooks sah sich wahrscheinlich als den Helden, nach dem gerufen wurde. Unsere Demokratie scheint in einer Notlage ernsthaft bedroht zu sein. Da fühlte sich Crooks vielleicht – wie ein moderner Tempelritter – als Sohn der Freiheit des 21. Jahrhunderts, der gegen Feinde im In- und Ausland bewaffnet zu kämpfen hat. Er war bereit, für die Demokratie Blut zu opfern.
Nichts verhindert es, dass dieselben Aufrufe an junge Männer und Frauen, im Namen der Demokratie im Ausland zu töten und getötet zu werden, auch im Inland gehört und befolgt werden.
Die Kriege, die wir in Übersee «für Freiheit und Demokratie» führen, suchen uns zuhause heim.
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Dieser Kommentar erschien am 15. Juli auf Substack.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Hoh war Senior Fellow am Center for International Policy in Washington und ist Mitglied des Direktoriums des Institute for Public Accuracy sowie Mitglied des Beirats des Committee to Defend Julian Assange. Im Jahr 2009 trat er aus Protest gegen die Entwicklung des Krieges in Afghanistan von seinem Posten im Auftrag des US-Aussenministeriums zurück. Zuvor beteiligte sich Matthew an der Besetzung des Irak, zunächst 2004/5 in der Provinz Salah ad Din mit einem Team des Aussenministeriums für Wiederaufbau und Regierungsführung und dann 2006/7 in der Provinz Anbar als Kompaniechef des Marine Corps. Wenn er nicht im Einsatz war, beschäftigte sich Hoh bis 2008 im Pentagon und im US-Aussenministerium mit den US-Einsätzen in Afghanistan und in Irak.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Großartiger Artikel zum Thema, wie die USA/G7 die Demokratie in fremde Länder bomben und mit Ol zurückkehren unter Hinterlassenschaft von Millionen Toten und Verletzten und für Jahrzehnte zerstörten gewachsenen Strukturen.
Immer als Verlierer notabene mit Ausnahme der gestohlenen Ressourcen.
Es ist dringend notwendig, immer wieder darauf hinzuweisen, dass es, in der US-Außenpolitik nie um die Rettung der Demokratie geht, sondern um Ihr Großmachtinteresse – nach Brezinskis Buch «Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft».
Und das wusste auch Egon Bahr, der Friedensstreiter an der Seite Willy Brands, als er zu Schülern in Heidelberg sagte: «In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.»
Und natürlich hat das auch eine innenpolitische Relevanz: ein Präsidentenkandidat, der statt «wir dominieren die Welt», «America first» sagt, verlässt diesen Weltbeherrschungswahn!
@Erich Becker Ich schätze Trump – leider – um 180 Grad anders ein als Sie. Nicht 360 Grad, das sagte Baarbock.
@Erich Becker «Trump verlässt diesen Weltbeherrschungswahn» – Ich diagnostiziere leider das Gegenteil.
Donald Trump war, ist und bleibt eine Gefahr für die Demokratie. Punkt.
Keystone-SDA (17.7.2024) titelt: «Project 2025»: Ein radikaler Plan für Trump
Wer wissen will, was die USA bei einem Wahlsieg Donald Trumps erwarten könnte, kann das einfach nachlesen. Ein bisschen Zeit muss man sich allerdings nehmen, denn das Manifest «Mandat für Führung. Das konservative Versprechen» hat mehr als 900 Seiten.
Besser bekannt ist das Handbuch der rechtskonservativen Denkfabrik Heritage Foundation als «Project 2025». Es handelt sich um einen radikalen Politik-Entwurf für den nächsten republikanischen Präsidenten.
Für Freiheit und Demokratie! Oder wie die Römer zu sagen pflegten: «Senatus Populusque Romanus» (Der Senat und das Volk von Rom) oder «Deus Vult» (Gott will es), womit die Kreuzritter ihre Kriege rechtfertigten. Jede Epoche hat ihren Slogan.
Tönt gut, stimmt aber so pauschal nicht ganz.
Vielen Dank den US-Amerikaner*innen, die mitgeholfen haben, Europa von Hitler zu befreien und hoffentlich vor Putin zu retten. Für die vielen Fehler in Vietnam, Afghanistan, Lateinamerika, Irak, China, wo sie weniger Demokratieinteressen, sondern wirtschaftliche vertreten haben, verdienen sie Kritik. Aber so pauschal, wie es hier dargestellt wird, stimmt es einfach nicht. Hoffentlich verschonen sie uns nun wenigstens von Trump.
Wenn schon dann vielen Dank den Alliierten die Europa von Hitler befreit haben. Die USA haben Hitler übrigens unterstützt solange es ihren Interessen noch genutzt hat. Im Wissen, was Hitler anrichtet. Es ging auch da rein um wirtschaftliche Interessen und nicht darum, «uns zu retten». Diese einseitige Darstellung ist genauso falsch und wird leider dazu benutzt, eine Seite zu verteufeln und die andere in den Himmel zu loben und alle auch noch so verwerflichen Handlungen zu rechtfertigen. Es geht und ging immer nur um wirtschaftliche Interessen und selten um die Menschen. Europa braucht nicht vor Putin gerettet werden, eher vor dem Verhalten der Mächtigsten Nation der Welt während ihres Niedergangs!
Werden da nur die ihen passenden Meinungen angezeigt?
Mit der Pressefreiheit ist sie im Infosperber auch nicht mehr das was es vielleicht noch nie war?
Ich hoffe und bete dass Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten wird.
Worte wie «Demokratie» und «Verteidigung» nenne ich das Gegenteil.
Medien berichten:
1) Ex-Präsident Jimmy Carter 2015: «USA sind keine Demokratie, sondern von Korruptheit und Bestechung durchsetzte Oligarchie.» (Theintercept)
2) USA und Verbündete fordern Russland an überraschendem Ort heraus
Die arktischen Gewässer sind das nächste große Schlachtfeld
Washington kündigte an, dass die Vereinigten Staaten mit Finnland und Kanada an einer neuen Eisbrecherflotte in der Arktis zusammenarbeiten werden. Das trilaterale Abkommen zwischen Washington, Helsinki und Ottawa wird laut Associated Press als Icebreaker Collaboration Effort (ICE-Pakt) bezeichnet und soll die «Verteidigung» in der Arktis stärken.
►(md.de) Finnland NATO rückt bis an die russische Halbinsel Kola heran. In Russland bereitet das Sorgen, denn die hierzulande eher unbekannte Insel ist das militärische Herzstück der Russen.
►Harold Pinter Nobelvorlesung: «Die Show der brutalen, gleichgültigen, skrupellosen Macht» (woz.ch)