Schwarzer Strack-Zimmermann ZDF

Alice Schwarzer und Marie-Agnes Strack-Zimmermann © K&W / ZDF

«Frau Strack-Zimmermann, dann halten Sie wenigstens die Klappe»

Alice Schwarzer /  Ausgerechnet die FDP-Militärpolitikerin warf mir und EMMA vor, vergewaltigte ukrainischen Frauen seien uns gleichgültig.

Red. Wir geben der EMMA-Herausgeberin und Redaktorin Alice Schwarzer Gelegenheit, zu unerhörten Vorwürfen von Marie-Agnes Strack-Zimmermann Stellung zu nehmen.

«Was sagen Frau Wagenknecht und ihre Busenfreundin Alice Schwarzer den Frauen, die in der Ukraine vergewaltigt werden?» 

Marie-Agnes Strack-Zimmermann

Diese Worte schmetterte Marie-Agnes Strack-Zimmermann bei dem Dreikönigstreffen ihrer Partei am 6. Januar in der gewohnten Dreistigkeit in den jubelnden Saal.

Die FDP-Spitzenkandidatin für die EU-Wahlen 2024 will damit andeuten, ich würde nichts sagen zu den Vergewaltigungen im Ukraine-Krieg. Die wären mir egal, weil ich eine «Putin-Versteherin» sei. Und ausserdem will sie suggerieren, ihre martialische Strategie des Immer-mehr-Waffen-Lieferns – statt endlich über Frieden zu verhandeln – würde die Ukrainerinnen vor weiteren Vergewaltigungen schützen.

Wahlplakat FDP
Wahlplakat der FDP für ihre Spitzenkandidatin Strack-Zimmermann zu den Europawahlen

Wenig später schob die «Eurofighterin» der FDP und «gläubige Katholikin» nach. In gewohntem Ton twitterte sie: «Alice Schwarzer reisst mit dem Hintern ein, was sie eventuell früher für Frauen erreicht hat.» Eventuell.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann auf X.x
Marie-Agnes Strack-Zimmermann verleumdet auf X Alice Schwarzer

Das ist dreist, Frau Strack-Zimmermann. Und zynisch. In zweierlei Hinsicht.

Erstens: Je länger der Krieg geht, umso mehr wird vergewaltigt und gestorben. Irgendwann wird dann verhandelt werden müssen. Doch je mehr Waffen geliefert werden, umso länger geht der Krieg. Dabei sind sich die Militärs und Experten aller Fronten schon lange einig, dass dieser Krieg nicht auf dem Schlachtfeld entschieden werden kann, sondern nur am Verhandlungstisch. Es ist ein «Verschleisskrieg», der nicht zu gewinnen ist, sondern zu dessen Beendigung verhandelt werden muss. Irgendwann. Bis dahin kann die täglich neuen Vergewaltigungen niemand ungeschehen machen – und die Toten niemand aufwecken.

Mit Engagement für vergewaltigte Frauen ist die Radikalliberale noch nie aufgefallen

Zweitens will Strack-Zimmermann, diese Busenfreundin der Waffenlobby, doch wohl nicht allen Ernstes behaupten, sie engagiere sich für vergewaltigte Frauen und speziell für die im Krieg Vergewaltigten? Damit ist die Radikalliberale noch nie aufgefallen. Bemerkenswert ist bisher lediglich ihre Nähe zur Waffenindustrie.

Sprüche kloppen, ja, das kann die 65-Jährige mit dem kerligen [männlichen] Auftritt. Aber genau hinsehen, differenziert argumentieren, solidarisch mit Opfern sein – das ist der krawalligen Düsseldorferin eher fremd. Hat sie jemals etwas für die Opfer getan?

Und EMMA? Als erste in Deutschland haben wir direkt nach Kriegsausbruch im März 2022 auf die enorme Gefahr für die Ukrainerinnen hingewiesen, die auf der Flucht gleich an der deutschen Grenze von Menschenhändlern und Zuhältern empfangen wurden. Die hatten das «Frischfleisch» schon in den deutschen Bordellen und Kleinanzeigen angekündigt. EMMA aber hat für Aufklärung und Hilfe gesorgt.

Gleich im April 2022 hat EMMA dann am Beispiel der Vergewaltigungen in der Ukraine einen ausführlichen Text über «Vergewaltigung als Kriegswaffe» veröffentlicht und auf die Proteste von Frauen vor der russischen Botschaft in Estland aufmerksam gemacht.

Und wer hat 1977 als erste in Deutschland umfassend über die Funktion von Vergewaltigung und ihre Folgen – und hier insbesondere über die Kriegsvergewaltigungen – berichtet? EMMA.

Und wer hat 1989 als erste gewagt, das Tabu des Schweigens über die Massenvergewaltigungen deutscher Frauen durch Sowjetsoldaten zu brechen? EMMA. Die waren zu der Zeit noch kein Thema, weil vor allem Linke fanden, dass die Frauen des Tätervolkes sich nicht beschweren dürften über die Taten der siegreichen, kommunistischen Sowjetunion.

Und wer steht seit fast einem halben Jahrhundert ganz vorne an der Seite der Opfer, allen voran der Vergewaltigungsopfer, vom Ehebett über den Park bis an die Kriegsfront? Wir. Wir Feministinnen.

Ihnen, Frau Strack-Zimmermann, sind wir in diesem Kampf noch nie begegnet. Sie sehen wir nur an der Waffen- und Karrierefront. Zum Beispiel in der Karnevals-Bütt in Aachen, wo Sie selbstsicher verkündet haben, «die Allergeilste» zu sein. Die AfD kann von Ihnen lernen.

Da können wir nur hoffen, dass eine Politikerin wie Sie nicht weiter Karriere machen, sondern als schicke «Eurofighterin» bei den EU-Wahlen im Juni in Überschallgeschwindigkeit mit der FDP in der Versenkung verschwinden wird.

Januar:Februar-Nummer der EMMA
Januar:Februar-Nummer der EMMA

Übrigens: In der Januar/Februar-EMMA ging es wieder mal über sieben Heftseiten um die Vergewaltigungen in der Ukraine. Wenn EMMA und die engagierte, opfer-solidarische Sexualpolitik von Feministinnen Sie schon nicht interessiert, Frau Strack-Zimmermann, dann halten Sie wenigstens die Klappe zu dem Thema.

______________
PS: «Die Zeit» hatte Alice Schwarzer und Marie-Agnes Strack-Zimmermann direkt nach deren Äusserungen zu den angeblich ignorierten Vergewaltigun­gen angeboten, ein «Streit»-Gespräch zum Thema Vergewaltigungen im Krieg zu führen. Schwarzer hat sofort zugesagt, die FDP-Politikerin abgesagt. 
______________________

Dieser Beitrag erschien in dieser aktualisierten Form am 15. Februar auf der Webseite der EMMA.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

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6 Meinungen

  • am 19.02.2024 um 10:34 Uhr
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    Nach zwei Jahren Krieg und nach dem genau das passiert ist was Strack-Zimmermann immer wollte, steht die Ukraine am Rand des Kollaps, Millionen Ukrainer sind Flüchtlinge in Russland und der EU, die Wirtschaft ist zerstört, eine ganze Generation verloren. Irgendwann muss man eingestehen, dass eine Strategie gescheitert ist. Strack-Zimmermann steht für diese Strategie. Trotz hoher zweistelliger Milliardenbeträge, trotz der besten Aufklärung der Welt, trotz der Hilfe durch die besten NATO-Ausbildner, trotz Drohnen, Patriot, Challenger und Leopard gibt es keine Besserung. Das Gegenteil ist eingetreten. Es ist ein Gebot militärischer und politischer Klugheit, eine falsche Strategie nicht weiter zu verfolgen.

  • am 19.02.2024 um 12:49 Uhr
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    Danke für diese klaren Worte. Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht zeichnen sich durch viel Zivilcourage und echtes Engagement aus, was man von der unglaublich dreisten und kriegssüchtigen FDP-Frau nicht behaupten kann.
    Ich kann manchmal fast nicht glauben, was Menschen aushalten müssen, wenn sie sich für den Frieden und für Friedensverhandlungen einsetzen. Daher nochmals danke an alle, die das auf sich nehmen.

  • am 19.02.2024 um 13:44 Uhr
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    Kriegstreiber wie Strack Zimmerman dürfen solche dreisten Lügen verbreiten und werden dafür von den Öffentlich-rechtlichen mit Dauereinladungen belohnt!!🤢… Eigentlich müsste S.Z. angezeigt werden wegen Verleumdung !

    • am 21.02.2024 um 13:26 Uhr
      Permalink

      «Wohlfühljournalismus» weite Teile der deutschen Presselandschaft haben sich als Regierungsverlaufplanungsorgane entpuppt

  • am 20.02.2024 um 20:09 Uhr
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    Liebe Frau Strack-Zimmermann, kann irgendwer sagen, wieviele Gewaltaten, Elend und Vergewaltigungen dank der Waffenlieferungen in die Ukraine verhindert wurden?
    Es dürfte wohl genau das Gegenteil zutreffen.

  • am 21.02.2024 um 12:19 Uhr
    Permalink

    Tja, Frau Strack-Zimmermann ist tatsächlich ein (weiterer) Schlag ins Gesicht all derjenigen, welche der naiven Ansicht sind, mit Frauen an der Macht wäre die Welt eine besserer Ort…..
    Beispiel: M.-A. Strack-Zimmermann als Gast bei «maischberger», zusammen mit Alice Weidel , da tat einem die auch nicht gerade als Softie bekannte AfDlerin fast schon leid….

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