Kommentar

Erpressung und Nötigung

Andreas Zumach © zvg

Andreas Zumach /  Kein Land sollte mehr als zehn Prozent des UNO-Haushalts finanzieren, damit die UNO von Grossmächten unabhängig wird.

«Kein Mitglied der UNO soll mehr als maximal zehn Prozent ihres Haushaltes finanziere, damit die neue Weltorganisation nicht in zu starke Abhängigkeit von nur einem Land gerät.» Dieser in weiser Voraussicht gemachte Vorschlag des schwedischen Botschafters bei der Gründungskonferenz der UNO im Juni 1945 in San Francisco stiess damals leider nicht auf Zustimmung.
Er ist weiterhin richtig und seine Umsetzung heute dringender denn je. Das zeigt die erfolgreiche Politik der finanziellen und politischen Erpressung und Nötigung der UNO, mit der die Trump-Administration drastische Kürzungen des regulären UN-Haushaltes und des Budgets für Friedensmissionen durchsetzte.
Natürlich hat Trump hat völlig Recht mit der Forderung, die UNO sollte mit ihren von den Mitgliedsländern zur Verfügung gestellten Finanzen so effizient und verantwortlich wie möglich umgehen. Diese Forderung ist gegenüber der UNO genau so legitim, wie gegenüber einer nationalen Regierung, einer Stadtverwaltung oder einem Sportverein, deren Haushalte aus Steuern oder Mitgliedsbeiträgen finanziert werden. Wobei die Erfüllung dieser Forderung natürlich vergleichsweise am schwierigsten ist in einer internationalen Institution, in der 193 Mitgliedsstaaten über Programm, Aktivititäten und das Budget entscheiden und dabei oft höchst gegensätzliche Interessen verfolgen. Und deren weltweit derzeit fast 50’000 MitarbeiterInnen sowie 120’000 Blauhelmsoldaten aus höchst unterschiedlichen politischen Kulturen stammen.
Dennoch ist die Effizienz einer UNO-Friedenmission – nach einer Untersuchung des Haushaltsbüros im US-Kongress – acht mal so hoch, wie die einer nationalen US-Militärmission und die Einsatzkosten pro UNO-Blauhelmsoldat betragen nur einen Zehntel der Kosten für einen US-GI.
Doch Trump geht es gar nicht um eine effizientere Arbeit der UNO, sondern um politischen Druck auf Mitgliedsstaaten, die seine Politik nicht unterstützen oder gar wagen, offen zu widersprechen. Das macht die Verkündung der UN-Haushaltskürzungen durch Washingtons UNO-Botschafterin Niki Haley – statt durch Generalsekretär Antonio Guterres – deutlich. Haleys Auftritt erfolgte wenige Tage nach den deutlichen Abstimmungsniederlagen der Trump-Administration in der Generalversammlung und im Sicherheitsrat in der Jerusalemfrage. Auch die von der Trump-Administration angekündigten drastischen Kürzungen freiwilliger Zahlungen der USA betreffen ausschliesslich UNO-Sonderorganisationen und Programme, die Washington politisch missliebig sind. Die übrigen 192 Mitgliedsstaaten der UNO werden ihre Erspressbarkeit nur überwinden, wenn sie den Vorschlag des schwedischen Botschafters von 1945 umsetzen.
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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US-Politik unter Donald Trump

Weichenstellungen: An seinen Entscheiden ist Trump zu messen, nicht an seinen widersprüchlichen Aussagen.

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Eine Meinung zu

  • am 28.12.2017 um 13:33 Uhr
    Permalink

    Ebenfalls ändern müsste man endlich das Vetorecht der 5 Grossen (USA, Russland, China, Frankreich, GB), da sie dieses oft genug als Freipass zum Bruch oder Fehlauslegung der Abmachungen missbrauchen.
    Als Beispiel darf genannt werden, wie die USA ihr proaktives „Engagement“ in Syrien auf die UN-Charta rechtfertigt: Die USA fühlt sich angegriffen durch den IS. Und zwar Syrien. Das ist kein Witz, das ist die offizielle Rechtfertigung. Ich könnte also meinen Nachbarn in seiner Küche verprügeln und begründen, dass ich mich bedroht fühle.

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