Ein EU-Beitritt brächte der Ukraine den militärischen Beistand
Zu «Beistand und Unterstützung mit allen in ihrer Macht stehenden Mitteln» haben sich sämtliche EU-Staaten verpflichtet, falls einer von ihnen auf seinem Hoheitsgebiet Opfer einer bewaffneten Aggression wird. Es braucht dazu keinen Beschluss eines EU-Organs.
So steht es in Artikel 42, Absatz 7 des Vertrags über die Europäische Union. Davon unberührt sind Verpflichtungen der Länder, die Mitglieder der Nato sind.
Über diese Beistands-Verpflichtung, die ein Land mit dem Beitritt zur EU eingeht, wird äusserst selten informiert.
Eine EU-Mitgliedschaft brächte der Ukraine eine militärische Sicherheitsgarantie. Ein Beitritt zur Nato und die Platzierung von US-Raketen sind und waren hingegen für die Sicherheit der Ukraine nicht zwingend.
Ein Beitritt zur Nato löst keine automatische Unterstützung aus (siehe weiter unten).
Hätte die Ukraine von Anfang an nur eine EU-Mitgliedschaft angestrebt und auf eine Nato-Mitgliedschaft verzichtet, wäre es wahrscheinlich nicht zum völkerrechtswidrigen russischen Überfall gekommen. Russland schien in den Istanbul-Verhandlungen von 2022 bereit zu sein, einem EU-Beitritt zuzustimmen. Doch seit 2019 steht sogar in der ukrainischen Verfassung, dass die Ukraine nicht nur einen Beitritt zur EU anstrebt, sondern auch einen solchen zur Nato.
Neutralitätsstatus von EU-Ländern wird respektiert
Der Artikel 42,7 des EU-Vertrags ist auch als die «Gegenseitigkeitsklausel» oder «Gegenseitigkeitsverpflichtung» bekannt. Er verpflichtet die Mitgliedstaaten, im Falle einer bewaffneten Aggression gegen einen Mitgliedstaat Unterstützung zu leisten, und zwar «mit allen in ihrer Macht stehenden Mitteln».
Diese Einschränkung wurde 2009 im Lissabonner Vertrag aus Rücksicht auf die damals neutralen Staaten Irland, Österreich und Schweden eingefügt. Die neutralen Staaten werden nicht verpflichtet, ein angegriffenes Land auch militärisch zu unterstützen.
Die Formulierung «mit allen in ihrer Macht stehenden Mitteln» («by all the means in their power» / «par tous les moyens en leur pouvoir») bedeutet allerdings auch, dass Frankreich im Extremfall atomare Waffen einsetzen müsste, falls ein EU-Land militärisch überfallen wird.
Ein Angriff auf einen EU-Staat, der militärische Unterstützung erfordert hätte, gab es bis heute nicht.
Als erstes und einziges Land berief sich Frankreich im Jahr 2015 nach dem Terroranschlag auf «Charlie Hebdo» und dem Terroranschlag im Konzertsaal Bataclan auf Artikel 42,7 des EU-Vertrags. Es ging jedoch nur um einen verstärkten Austausch von Informationen und um eine Verstärkung der EU-Grenzen.
Artikel 42,7 des EU-Vertrags im Wortlaut:
«Wenn ein Mitgliedstaat auf seinem Hoheitsgebiet Opfer einer bewaffneten Aggression wird, haben die anderen Mitgliedstaaten ihm Beistand und Unterstützung zu leisten, mit allen in ihrer Macht stehenden Mitteln, im Einklang mit Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen. Dies berührt nicht den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten. Die Verpflichtungen und Zusammenarbeit in diesem Bereich müssen mit den Verpflichtungen unter dem Nordatlantikvertrag vereinbar sein, der für diejenigen Staaten, die ihm angehören, die Grundlage ihrer kollektiven Verteidigung und das Forum für deren Umsetzung bleibt.»
Bei der Nato gibt es keinen Automatismus
Eine Mitgliedschaft der Nato brächte der Ukraine keine automatische Unterstützung, falls es nach einem Waffenstillstands- oder Friedensvertrag von Russland erneut angegriffen würde.
Artikel 5 des Vertrags stipuliert zwar:
«Die Vertragsparteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird.» (Artikel 6 des NATO-Vertrags präzisiert, dass «jeder bewaffnete Angriff auf das Gebiet oder die Streitkräfte, Schiffe oder Flugzeuge einer der Parteien» gemeint ist.)
Die Vertragsparteien verpflichten sich in einem solchen Fall,
«Beistand zu leisten, indem jede von ihnen unverzüglich für sich und im Zusammenwirken mit den anderen Parteien die Massnahmen, einschliesslich der Anwendung von Waffengewalt, trifft, die sie für erforderlich erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten.»
Jeder Staat kann also selber entscheiden, mit welchen Massnahmen er Beistand leisten möchte.
Am 16. März 2022 veröffentlichte der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags ein Rechtsgutachten mit dem Titel «Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch NATO-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme».
Darin kommt der wissenschaftliche Dienst zum Schluss:
«Der Feststellung des NATO-Bündnisfalls liegt keine ‹Automatik› zugrunde. Die NATO-Staaten entscheiden im Konsens mit einem weiten politischen Ermessensspielraum. Ein ‹Anspruch› eines angegriffenen NATO-Partners auf Feststellung des Bündnisfalles besteht nicht.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Diese einseitige Darstellung durch /upg ist nicht auszuhalten.
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1999 unterzeichnete Russland die Europäische Sicherheitscharta, in der das Recht jedes Staates bekräftigt wird, „seine Sicherheitsvereinbarungen selbst zu wählen oder zu ändern“ und Bündnissen beizutreten, wenn er dies wünscht. 2002 erhob der [..] Putin keine Einwände gegen die intensivierten Beziehungen der Ukraine zum NATO-Bündnis und erklärte, dies sei eine Angelegenheit der Ukraine und der NATO. Am 2. April 2004, drei Tage nach dem Beitritt der baltischen Staaten zur NATO, erklärte Putin [..]: „Hinsichtlich der Nato-Erweiterung haben wir keine Sorgen mit Blick auf die Sicherheit der Russischen Föderation“. 2005 sagte Putin, wenn die Ukraine der NATO beitreten wolle, „werden wir ihre Entscheidung respektieren, denn es ist ihr souveränes Recht, über ihre eigene Verteidigungspolitik zu entscheiden, und dies wird die Beziehungen zwischen unseren Ländern nicht verschlechtern.»
Quellen: wikipedia rsp. die dort genannten.
Wikipedia schreibt: «Die NATO-Erweiterungen von 1999 und 2004 wurden seinerzeit von der politischen Führung Russlands nicht beanstandet. Später wurden dagegen alle Erweiterungen seit 1999 als gegen die Interessen Russlands gerichtet kritisiert.» Bei den ersten Nato-Erweiterungen hoffte Russland noch auf eine gemeinsame Sicherheitsstrukur. Im Jahr 2007 wurde Putin noch zur Europäischen Sicherheitskonferenz nach München eingeladen.
Wikipedia halte ich bei geopolitischen Fragen für keine zuverlässige Quelle. Deshalb wären direkte Quellen zu den Zitaten von Vorteil.
@Felix Holdener Sie unterstellen Einseitigkeit.
Meine Frage: Wenn gelte, dass es «Recht jedes Staates sei, seine Sicherheitsvereinbarungen selbst zu wählen oder zu ändern bzw. Bündnissen beizutreten, wenn er dies wünscht», gilt das dann auch für Kuba und etwa Nicaragua, Venezuela, Mexiko? Und gibt es nicht auch einen Vertrag, der meines Wissens sinngemäss sagt, dass die «Sicherheit des einen» – womit man auch Angriffskriegs-Vorbereitungen tarnen könnte wie die «USA-Raketen am Gartenzaun Gorbis» – «nicht zulasten der Sicherheit des anderen» gehen dürfe?
zit.(«…So steht es in Artikel 42, Absatz 7 des Vertrags über die Europäische Union. Davon unberührt sind Verpflichtungen der Länder, die Mitglieder der Nato sind.Über diese Beistands-Verpflichtung, die ein Land mit dem Beitritt zur EU eingeht, wird äusserst selten informiert….») – in der Tat und ich gebe zu, den Passus nicht gekannt zu haben. Da Putin vor einiger Zeit
noch einmal betonte, über den EU-Beitritt der Ukraine könne man reden, nicht aber über die NATO-Mitgliedschaft. gewinnt dieser Passus doch eine hohe Bedeutung – ist aber offensichtlich von den westliche Politikern bewußt ausgeblendet worden.
Für mich gewinnt vor diesem Hintergrund die Milliarden-Schuld, die die EU für Rüstung machen will, eine noch katastrophalere , ja geradezu bösartige Bedeutung. Ich kann nur hoffen, daß jedenfalls in Deutschland dieses Projekt noch unter der jetztigen Regierung abgelehnt wird. Danke infosperber für die Nachhilfe und hoffentlich nehmen viele Leute das zur Kenntnis.
Europäische Union: «Jedes europäische Land kann der EU beitreten, wenn es die Beitrittskriterien, die auch Kopenhagener Kriterien genannt werden, erfüllt. Länder, die beitreten möchten, müssen beispielsweise über Folgendes verfügen:… stabile Institutionen, die Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Menschenrechte und den Schutz von Minderheiten gewährleisten…. »
ARD Tagesschau 11.07.2023 18:18 : «Zu einer Einladung der Ukraine zu einem Bündnisbeitritt wird die NATO der Erklärung zufolge allerdings erst in der Lage sein, «wenn die Verbündeten sich einig und Voraussetzungen erfüllt sind». Als konkrete Beispiele werden «zusätzliche erforderliche Reformen im Bereich der Demokratie und des Sicherheitssektors» genannt…»
Stand:25.12.2023, 12:35 Uhr
FR Foreign Policy Stand:25.12.2023, 12:35: «Russische Minderheiten werden in der Ukraine zu Bürgern zweiter Klasse»
Die Frage ist wohl ob die Ukraine die Aufnahmebedingungen der EU und Nato erfüllen kann, oder nicht.
Gunther Kropp, Basel
Gemäss historischen Dokumenten im Buch «Fremdbestimmt» (Thorsten Schulte) ist die EU ein Projekt der USA.
Brzezinski schrieb in «Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft»: «Vor allen Dingen ist Europa Amerikas unverzichtbarer geopolitischer Brückenkopf auf dem eurasischen Kontinent.»
Henry Kissinger: «It may be dangerous to be America’s enemy, but to be America’s friend is fatal.» Buch: «Verhängnisvolle Freundschaft – Wie die USA Europa eroberten» Wolfgang Bittner. Friedensnobelpreisträger Präsident Obama führte sieben Kriege und bezeichnete in einer Rede vor der Militärakademie in Westpoint die USA als die «einzige unverzichtbare Nation». Globalbridge.ch 18.7.2024 titelt: Langzeitstrategie und unipolarer Anspruch der USA: «Zum Teufel mit dem Rest der Welt».
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