Trump PK 7.1.2025 ab 55

Donald Trump während seiner Pressekonferenz vom 7. Januar 2025 © CBN News

Donald Trump: Russland wollte die Nato nicht vor der Haustür

Urs P. Gasche /  Trump kritisiert Biden, weil dieser einen Nato-Beitritt der Ukraine nicht ausgeschlossen habe. Der Krieg sei vermeidbar gewesen.

Ukrainische und westliche Medien reagierten irritiert. Der britische «Guardian» schrieb, Trump «sympathisiere» mit der russischen Position. Die ukrainische Online-Zeitung «Kyiv Independent» titelte: «Russland hat die Ukraine nicht wegen der Nato überfallen». Trumps Behauptung sei «von der Realität weit entfernt». Denn Präsident Biden habe eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine «nie offiziell unterstützt». 

«Kyiv Independent» weiter: «Als Russland die Ukraine im Jahr 2014 überfiel, gab es keine Gespräche über einen Beitritt zur Nato.» (Gemeint ist wohl die rechtswidrige Sezession der Krim.) Unter dem «prorussischen» Präsidenten Viktor Janukowitsch, der das Land zwischen 2010 und 2014 regierte, sei die Vorbereitung des Landes auf die Nato-Mitgliedschaft eingestellt worden. Laut Umfragen hätten vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Jahr 2014 nur etwas mehr als 20 Prozent der Bevölkerung des Landes einen Nato-Beitritt unterstützt.

Was Donald Trump wörtlich sagte

«Wissen Sie, ein grosser Teil des Problems war, dass Russland über viele, viele Jahre hinweg, lange vor Putin, sagte, dass die Nato niemals in die Ukraine involviert sein dürfe. Sie haben das gesagt – das war quasi in Stein gemeisselt. Und irgendwann meinte Biden: Nein, sie sollten der Nato beitreten können. Dann hat eben Russland jemanden direkt vor der Haustür. Ich konnte ihre Gefühle darüber verstehen […] 
Die Ukraine kann niemals der Nato beitreten […] Russland verliert viele junge Menschen und die Ukraine ebenso. Das hätte niemals passieren dürfen. Das ist ein Krieg, der niemals hätte stattfinden dürfen. Ich garantiere Ihnen, wenn ich Präsident gewesen wäre, wäre dieser Krieg niemals passiert.»

«So, you know, a big part of the problem was Russia for many, many years, long before Putin, said, you could never have Nato involved with Ukraine. Now they’ve said that – that’s been like written in stone. And somewhere along the line Biden said no, they should be able to join Nato. Well, then Russia has somebody right on their doorstep and I could understand their feeling about that […] They can never join Nato […] Russia is losing a lot of young people and so is Ukraine and it should have never been started. That’s a war that should have never happened. I guarantee you, if I were president that war would have never happened.»


Jeffrey Sachs: «Ein Telefon genügt»

Was Trump als Präsident nach Ansicht von Professor Jeffrey Sachs von der Columbia-University in New York Präsident Putin garantieren müsste, damit Russland die Aggression beendet:

«Die USA geben das seit 30 Jahren verfolgte Ziel auf, die Nato auf die Ukraine und Georgien auszuweiten. Diese Ausdehnung an die Grenzen Russlands ist inakzeptabel und eine unnötige Provokation. Ich bin dagegen und werde dies öffentlich sagen.»

Wäre der Krieg vermieden worden, wären die Ostukraine mit Donezk und Luhansk noch immer unter ukrainischer Hoheit, zeigte sich Sachs überzeugt.


Selbst Stoltenberg als Nato-Generalsekretär sah die Nato-Erweiterung als eigentliche Ursache

Die meisten Medien informieren über die Version der Nato, wonach Putin den Krieg nicht begann wegen der Einmischung der Nato in der Ukraine und dem Bestreben, die Ukraine in die Nato aufzunehmen. Vielmehr sei es Putins lange gehegtes imperialistisches Vorhaben, die ganze Ukraine und später die baltischen Staaten und Polen einzuverleiben.
Als Ergänzung dazu informiert Infosperber über Stimmen, welche diese Sichtweise nicht teilen.

Jens Stoltenberg war von 2014 bis 2024 Generalsekretär der Nato. Auch für ihn war klar, dass es Russland in erster Linie um die Nato-Erweiterung geht. Infosperber berichtete darüber.

In einer Rede vor EU-Ausschüssen machte Stoltenberg im September 2023 deutlich, dass das unnachgiebige Drängen der USA, die Nato auf die Ukraine auszuweiten, die eigentliche Ursache des Krieges sei – und der Grund dafür, dass dieser Krieg bis heute andauere. 

Im Jahr 2008, als die Nato der Ukraine und Georgien eine Mitgliedschaft der Nato grundsätzlich in Aussicht stellte, warnte aus Moskau US-Botschafter William Burns seine Aussenministerin Condolezza Rice im vertraulichen Memo «Nyet means Nyet: Russia’s Nato Enlargement Redlines», dass die gesamte politische Klasse Russlands, nicht nur Putin, eine Nato-Erweiterung strikt ablehne. Dieses Memo wurde nur bekannt, weil es Julian Assange geleakt hatte.


Letzte Versuche, die Nato fernzuhalten

Ende 2021 unternahm Putin einen letzten diplomatischen Versuch, einen Krieg zu verhindern. Er unterbreitete den Entwurf eines Sicherheitsabkommens zwischen Russland und der Nato, der vorsah, die Nato-Erweiterung zu beenden und die US-Raketen in der Nähe Russlands abzuziehen.

Der Abkommensentwurf sollte Grundlage für Verhandlungen sein. Doch US-Präsident Joe Biden lehnte Verhandlungen ab. Er und die Nato beharrten darauf, über die Erweiterung nicht zu verhandeln. Die Nato gehe Russland nichts an. Grosse westliche Medien unterstützten die Haltung der Nato und verbreiteten, die Ukraine könne schliesslich selbständig entscheiden, ob sie der Nato beitreten möchte.

Nur einen Monat nach Beginn des russischen Angriffs vom Februar 2022 lag nach Verhandlungen in Minsk und Istanbul ein Vertragsentwurf für ein Kriegsende vor. Vorerst ging Selenskys Delegation auf die Hauptforderung Russlands ein, auf eine Nato-Mitgliedschaft zu verzichten. Das bestätigte nach Angaben Gerhard Schröders auch der heutige ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow.

Doch die USA und Grossbritannien wollten von diesem Vertragsentwurf zur Beendigung des angefangenen Kriegs nichts wissen. Sie wollten die Gelegenheit nutzen, um Russland mit einem Krieg so stark zu schwächen, dass es laut Aussagen der Nato und westlicher Politiker nie mehr in der Lage sein sollte, ein anderes Land anzugreifen.

Die Annahme der USA, Russland werde gegen die schrittweise Osterweiterung der Nato bis an die lange Grenze mit der Ukraine nicht völkerrechtswidrig militärisch vorgehen, war scheinheilig. Denn die USA würden russische oder chinesische Militärstützpunkte in «ihrer» westlichen Hemisphäre, etwa in Mexiko, Venezuela, Nicaragua oder Kuba, nie akzeptieren und sich ebenfalls militärisch wehren. Diese US-Politik gilt seit der Monroe-Doktrin von 1823. 


Putins Krieg gegen die Ukraine verstösst gegen das Völkerrecht

upg. Es kann durchaus sein, dass es ohne Osterweiterung der Nato und ohne Absicht, die Ukraine in die Nato aufzunehmen zu keinem Krieg gekommen wäre. Doch auch wenn sich Russland von der Nato eingeschnürt fühlte, war Russland existenziell nicht bedroht. Angegriffen wurde Russland schon gar nicht. Deshalb gibt es völkerrechtlich nichts, das den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine rechtfertigt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

Ukraine_Sprachen

Die Ukraine zwischen Ost und West: Jetzt von Russland angegriffen

Die Ukraine wird Opfer geopolitischer Interessen. Die Nato wollte näher an Russland. Seit dem 24.2.2022 führt Russland einen Angriffskrieg.

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