Die Sahraouis als Spielball für Trumps Egotrip
Die Ankündigung kam überraschend – und schockierte nicht nur die Sahraouis in der von Marokko besetzten Westsahara: Donald Trump gab bekannt, dass er die marokkanischen Besitzansprüche über die Westsahara anerkenne. Im Gegenzug dafür werde Marokko als weiteres arabisches Land diplomatische Beziehungen mit Israel aufnehmen. Sogar der Trump-Getreue republikanische Senator Jim Inhofe ging auf Distanz: «Er hätte diesen Deal machen können, ohne ihn gegen die Rechte eines Volkes, das keine Stimme hat abzutauschen.» Der Präsident des «Armed Services Committee» sagte gemäss Politico weiter: «Kein anderes Land anerkennt das Recht Marokkos auf die Westsahara. Ich werde alles unternehmen, dass auch wir zu unserer bisherigen Position zurückkehren.» Gleichzeitig wurde bekannt, dass die Trump-Administration plant, an Marokko Waffen zu verkaufen, wenn die Beziehungen zu Israel normalisiert würden.
«Trump sieht sich gerne als Friedensstifter und als die Person, die den Israel-Palästina Konflikt löst. Die Westsahara ist für ihn einfach ein Bauernopfer, ein Element in einem Trumpschen Deal», reagiert Sylvia Valentin, Westsahara-Expertin von «terre des hommes schweiz». Offenbar wollen die USA nicht nur vier High-Tech-Drohnen an Marokko verkaufen, geplant seien auch milliardenschwere Investitionen im Königreich.
Seit 30 Jahren Stillstand
Die Frente Polisario, die politische und militärische Organisation der Sahraouis, bezeichnete die Trumpsche Ankündigung als Verletzung der UN-Charta. «Der Entscheid von Trump ändert nichts, da die internationale Gemeinschaft Marokkos Ansprüche nicht anerkennt». Allerdings behindere der US-Vorstoss die Bemühungen, eine friedliche Lösung des Konflikts zu finden. Die Westsahara, ehemals eine Kolonie von Spanien, wird auch von der Afrikanischen Union als Demokratische Arabische Republik Sahara (Dars) anerkannt. Die Durchführung des Referendums war Teil des Waffenstillstandsabkommens, das die Polisario UND Marokko unterzeichnet haben. Die UNO hatte 1991 in einer Resolution gefordert, dass ein Referendum durchgeführt wird, bei dem die Bewohnerinnen und Bewohner der Westsahara über ihre Zukunft entscheiden können. Die UNO-Friedenstruppe Minurso hätte die Aufgabe, dieses Referendum durchzuführen. Da sich Marokko weigert, einen unabhängigen Staat auch nur in Betracht zu ziehen, ist bis heute, fast dreissig Jahre danach, kein Referendum zustande gekommen. Marokko will den Landstreifen vor allem deshalb annektieren, weil hier Bodenschätze, wie Phosphat vorhanden sind.
Waffenstillstand gebrochen
Der Vorstoss der USA kommt in einem heiklen Moment: Seit Mitte November haben die Spannungen zwischen den Sahraouis und Marokko zugenommen. Am Grenzübergang Guerguerat in der Sicherheitszone zwischen der Westsahara und Mauretanien baut sich ein neuer kriegerischer Konflikt auf. Marokko hatte Truppen ins Gebiet geschickt, um die Durchgangsstrasse offen zu halten. Truppen im Grenzstreifen zu Mauretanien, der als internationale Sicherheitszone dient und von der UNO-Mission Minurso kontrolliert wird, sind aber ein Verstoss gegen das Waffenstillstandsabkommen. So ereignen sich nun laufend kleine Scharmützel, die rasch zu einem Flächenbrand werden können. Bereits früher waren Friedensgespräche zwischen Marokko, den Sahraouis und Algerien gescheitert.
Die Schweiz nimmt mit zwei Militärbeobachtern an der Minurso-Mission teil. In der Fragestunde vor einer Woche wollte SP-Nationalrat Fabio Molina wissen, wie sich die Schweiz für die Einhaltung des Waffenstillstandes einsetzen werde. Aussenminister Ignazio Cassis verwies, in seiner Antwort einmal mehr aber lediglich auf die UNO und das Anbieten der guten Dienste.
Internationales Interesse nur wenn Konflikte
Sylvia Valentin konnte anlässlich des Tags der Menschenrechte am 10. Dezember mit der Menschenrechtsaktivistin Laila Fakhouri sprechen. «Es stimmt mich traurig, dass sich die internationalen Medien nur für uns interessieren, wenn die Situation eskaliert. Die marokkanischen Medien berichten kaum über den Konflikt. Dem gegenüber berichtet die Polisario täglich von Angriffen an verschiedenen Stellen entlang des Walls. Es gibt aber keine Bilder oder Videos davon und die westlichen Medien haben keinen Zugang zum Konfliktgebiet», sagte Fakhouri. Sie selber lebt seit März in einem Flüchtlingslager in Algerien. «Ich bin sehr froh, jetzt hier zu sein. Ich hätte Angst, im Moment zurückzukehren. Jetzt in Marokko ins Gefängnis zu kommen, wäre noch schlimmer als sonst. Ich bin darauf eingestellt, für längere Zeit im Flüchtlingslager zu bleiben», so die Trägerin des Menschenrechtspreises der Stadt Weimar. Von der Schweiz wünscht sich Fakhouri, dass sie die UNO auffordere «ihren Job zu machen» und sich dafür einsetze, dass die Sahraouis geschützt würden und die politischen Gefangenen besucht werden können.
In den USA hat sich in der Zwischenzeit gar der ehemalige Nationale Sicherheitsberater unter Donald Trump, John Bolton, eingemischt. Er hofft, dass Joe Biden den Entscheid gleich zu Beginn seiner Amtszeit zurücknimmt, wie er in einem Artikel von Foreign Policy schreibt. Die USA hätten immer für die Rechte der Sahraouis gekämpft und sollten das weiter tun.
Themenbezogene Interessen (-bindung) der Autorin/des Autors
Keine.
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