Die OPCW verhindert Aufklärung zum Giftgas im syrischen Duma
Die Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen OPCW hatte erklärt, die Giftgasfässer seien aus der Luft abgeworfen worden – und das konnte nur die syrische Luftwaffe sein. Die Beweislage war allerdings dürftig. Jetzt bezichtigt ein Panel der «Stiftung Courage» die OPCW des «unakzeptablen Vorgehens» («unacceptable Practices»). Am 15.Oktober hatte das Panel einen Whistleblower der OPCW angehört. Grosse Medien haben nicht darüber berichtet.
Die Panelmitglieder kamen zur Überzeugung, dass die OPCW «entscheidende Informationen über die chemischen Analysen und ballistischen Studien sowie Zeugenaussagen unterdrückte». Die OPCW solle ihre Analyse zum Giftgas-Ereignis in Duma mit Berücksichtigung dieser Informationen in transparenter Weise neu evaluieren.
Unter den sieben Mitgliedern* des Panels befindet sich der frühere OPCW-Direktor José Bustani, der auch Brasiliens Botschafter in Grossbritannien und Frankreich war: «Das klar erwiesene irreguläre Verhalten der OPCW bei ihrer Untersuchung des vermuteten Chemiewaffenangriffs in Duma verstärkt meine Zweifel, die ich schon hatte … Selbst offizielle Untersuchungsberichte erscheinen inkohärent oder schlimmer.»
Kämen die Untersuchungen zum Schluss, dass die Bomben in den Zimmern wahrscheinlich nicht durchs Dach ins Haus kamen, müssten sie Rebellen im Haus platziert haben. Duma war damals in der Hand der IS.
USA, Grossbritannien und Frankreich reagierten sofort
Nach Berichten über Bomben mit Giftgas, «wahrscheinlich Chlorgas», die am 7. April 2018 in dem damals von Rebellen kontrollierten Duma nordöstlich von Damaskus explodierten, mehrere Dutzend Menschen töteten und viele weitere verletzten, reagierten Nato-Länder sofort und beschossen bereits am 14. April Ziele in Syrien mit Raketen. Sie warteten keinen Untersuchungsbericht ab.
Laut NZZ-Auslandredaktor Andreas Rüesch war der US-Militärschlag «ein notwendiges Signal» gegen das «Kriegsverbrechen des Assad-Regimes». Laut Alan Cassidy, US-Korrespondent des Tages-Anzeigers, blieb die «Mission unerfüllt». Luftschläge würden nur etwas verändern, «wenn sie jedes Mal erfolgen, wenn Assad Giftgas einsetzt».
Propaganda hüben und drüben
Eigentlich sollten Medien äusserst vorsichtig sein, wenn sie über Kriegsgeschehen berichten. Die Vergangenheit hat dies zur Genüge bewiesen. Sämtliche Kriegsparteien – ob Syrien, Russland, der Iran oder die USA und die Nato – nutzen ähnlich raffinierte Mittel, um die eigene und die Weltöffentlichkeit zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Dass auch die USA vor Inszenierungen und Lügengebäuden nicht zurückschrecken, wissen wir von den Kriegen in Vietnam, Nicaragua, den beiden Kriegen im Irak oder demjenigen in Afghanistan. Deshalb sind die Medien gut beraten, wenn sie Meldungen über gegenseitige Übeltaten stets zurückhaltend und mit möglichst genauen Quellenangaben in einem sachlichen Ton verbreiten – auch wenn das den verkauften Auflagen und möglichst hohen Klickzahlen schaden sollte.
Wichtige Informationen bleiben Randnotizen
Sobald Medien bei kriegerischen Auseinandersetzungen die eine Seite für viel glaubwürdiger halten als die andere, erliegen sie der Versuchung, Informationen, die ihr Vorurteil nicht bestätigen, zur Meinungsbildung jedoch wichtig wären, nicht oder nur am Rande zu erwähnen.
So geschehen bei der immer noch ungeklärten Frage, wer für die Chlorgas-Bomben in Duma verantwortlich ist.
- Am 20. April 2018, eine Woche nach dem US-Raketenbeschuss, berichtete ZDF-Korrespondent Hans-Ulrich Gack als Erster über Zweifel, dass die Chlorgasbomben aus der Luft abgeworfen wurden. Seine Quellen waren Menschen in einem Flüchtlingslager, die «in einem Ton der Überzeugung erzählten, dass diese ganze Geschichte inszeniert wurde». Islamistische Kämpfer hätten an Orten, die Ziele der syrischen Luftwaffe waren, Behälter mit Chlorgas installiert und abgewartet, bis dort bombardiert wurde. Andere Beweise als diese Zeugenaussagen hatte Gack nicht. Das Magazin Focus titelte darauf: «ZDF-Mann verbreitete Verschwörungstheorie zu Syrien.»
Medien in der Schweiz informierten über diese Zeugenaussagen überhaupt nicht. Für russische Medien wie «RT» dagegen waren Gacks Aussagen ein gefundenes Fressen. - Am 16. Februar 2019 berichtete Reporter Riam Dalati, der für die britische BBC in Syrien arbeitet: «Nach fast sechsmonatigen Recherchen kann ich ohne Zweifel beweisen, dass eine Szene im Krankenhaus von Duma inszeniert wurde. Im Krankenhaus gab es keine Todesfälle. Die Attacke erfolgte tatsächlich. Sarin wurde nicht verwendet, aber wir müssen die Resultate der OPCW abwarten, um Chlorgas oder anderes nachzuweisen. Alles andere rund um den Angriff wurde jedoch konstruiert, um eine maximale Wirkung zu erzielen.»
Es waren vor allem die «Weisshelme», die der Opposition nahestehen und von den USA finanziert werden, welche Informationen und scheussliche Bilder über Folgen des Giftangriffs den Medien übergaben.
Über die «zivilen Helfer der Rettungsaktion Weisshelme» hatte die NZZ wie auch andere Medien breit berichtet und deren grauenhafte Bilder verbreitet. Tamedia-Zeitungen nannten als Quelle die «Hilfsorganisation Weisshelme».
Über die monatelangen Recherchen vor Ort des unabhängigen BBC-Korrespondenten informierten die grossen Schweizer Medien nicht. - Am 15. oder 16. Mai 2019 veröffentlichte ein Whistleblower einen bisher geheim gehaltenen Bericht («OPCW sensitive – Do not circulate»), den Ian Hederson am 27. Februar 2019 OPCW-intern in eine Vernehmlassung schickte. Der Bericht kam zum Schluss, dass «Beobachtungen vor Ort mit nachfolgenden Analysen nahelegen, dass es wahrscheinlicher ist, dass die beiden Bomben von Hand platziert wurden und nicht von einem Flugzeug abgeworfen wurden.»
Henderson arbeitete immer wieder als Experte für die OPCW und soll ein «Challenge Inspection»-Team geleitet haben. Die Erkenntnisse der OPCW aus Duma standen ihm zur Verfügung. Warum die OPCW seine offensichtlich dissente Beurteilung in ihrem Bericht von 1. März 2019 nicht einmal erwähnte, bleibt unbeantwortet. Über dieses geleakte Originaldokument haben grosse Medien in der Schweiz und in Deutschland bis heute nicht informiert.
OPCW reagiert
Noch am 16. Mai 2019 nahm die OPCW zur vorher geheim gehaltenen Beurteilung von Ian Henderson kurz Stellung. Die OPCW informiere nicht über ihr Personal, werde jedoch intern untersuchen lassen, wer das Henderson-Dokument herausgegeben habe. Weitere Fragen beantworte die OPCW nicht.
Am 21. Mai 2019 ging die OPCW trotzdem in einem Communiqué auf Fragen der syrischen und russischen Regierungen ein. Die Organisation dürfe gemäss ihrem Auftrag nur feststellen, ob chemische Waffen im Einsatz waren. Sie habe nicht die Befugnis, Verantwortliche zu benennen.
Die Einschätzung von Ian Henderson soll gegen diese Regel verstossen haben.
In ihrem offiziellen Bericht habe die OPCW «nicht erwähnt, dass sie [die Bomben] von einem Flugzeug abgeworfen wurden». Der FFM-Bericht der OPCW habe sich auch nicht auf die Aussage eingelassen, dass «beide Bomben … mit hoher Wahrscheinlichkeit … platziert wurden und nicht von einem Flugzeug kamen.»
Es mutet seltsam an, dass das Mandat der OPCW erlaubt zu sagen, dass die beiden Bombenzylinder wahrscheinlich aus der Luft kamen [also woher denn sonst als von einem Helikopter oder Flugzeug], nicht aber, dass sie von Hand hingelegt worden sein könnten.
Russland hatte eingewandt, dass man aus dem OPCW-Bericht schliessen könne, dass die Bomben aus einer Höhe von weniger als 200 Meter aufs Dach abgeworfen worden seien: «Doch Helikopter der syrischen Armee fliegen aus Sicherheitsgründen nie tiefer als 2000 Meter über Boden, damit sie von leichten Waffen nicht abgeschossen werden könnten.» Auf dieses Argument ging die OPCW nicht ein, weil sie keine Beurteilung der Verantwortlichkeiten macht.
Brian Whitaker, der früher für die britische Zeitung Guardian und heute auf einer eigenen Webseite Al-Bab.com über die Politik im Nahen und Mittleren Osten schreibt, kritisiert, dass die OPCW die Details nicht öffentlich diskutieren wolle. Zahlreiche konkrete Fragen, die er unterbreitet hatte, habe die Organisation nicht beantwortet, sondern nur die oben zitierten allgemeinen Aussagen gemacht.
Dass der IS und andere Extremistengruppen tatsächlich über chemische Waffen verfügen, hat die US-Botschaft in Syrien bestätigt. Sie hatte Syrienreisende gewarnt: «Die Taktiken von ISIS, Hayat Tahrir al-Sham und von anderen gewalttätigen Extremisten-Gruppierungen umfassen den Einsatz von Selbstmord-Bombern, Entführungen, kleinen und schweren Waffen, von selbstgebastelten explosiven Geräten und von chemischen Waffen.»
Wem nützen punktuelle Chlorgaseinsätze?
Zum Puzzle über die Wahrheit gehört auch die Frage, wem der Einsatz von Chemiewaffen am meisten nützt. Die Antwort heisst in Syrien wohl dem IS und anderen Rebellen-Gruppen. Denn sie könnten damit die USA provozieren, gegen Assad militärisch einzugreifen. Der Regierungsseite bringt der Einsatz von zwei Chemiebomben auf ein Wohnhaus wenig Nutzen. Die Uno hat bisher insgesamt 40 «Chemiewaffenangriffe» dokumentiert, von denen 33 dem syrischen Regime und seinen Verbündeten zugerechnet werden. Diese lokal explodierten Bomben sind nicht zu vergleichen mit dem flächendeckenden Einsatz Saddam Husseins im Jahr 1988, als 5000 Kurden qualvoll starben und viele mehr verletzt wurden. Saddam wollte mit diesem verbrecherischen Einsatz von Gasbomben den Widerstand einer grösseren Stadt mit 70’000 Einwohnern brechen.
Aus Sicht des Völkerrechts ist es keine Frage, dass jeglicher Einsatz chemischer und biologischer Waffen strikt verfolgt und geahndet werden muss. Wer für die explodierten Bomben in Duma die Verantwortung trägt, bleibt noch ungeklärt.
Offensichtlich will die OPCW keine neue Evaluation der Fakten vornehmen, aus welchen man auf die Verantwortlichen schliessen könnte.
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Der letzte Teil dieses Artikels war bereits am 12. Juni auf Infosperber zu lesen.
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Infosperber-DOSSIER:
Der Krieg in Syrien
Bericht in Mail-online vom 23. November 2019:
«Explosive leaked email claims that UN watchdog’s report into alleged poison gas attack by Assad was doctored – so was it to justify British and American missile strikes on Syria?»
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*Die sieben Panel-Mitglieder: José Bustani, Ambassador of Brazil, first Director General of the OPCW and former Ambassador to the United Kingdom and France;Richard Falk, Professor of International Law, Emeritus, Princeton University; Visiting Professor, Istinye University, Istanbul;Kristinn Hrafnsson, editor-in-chief, Wikileaks; John Holmes, Maj Gen (retd), DSO OBE MC;Dr. Helmut Lohrer, MD, Board member of International Physicians for the Prevention of Nuclear War (IPPNW) and International Councilor of its German Affiliate;Prof. Dr. Guenter Meyer, Centre for Research on the Arab World (CERAW) at the University of Mainz;Elizabeth Murray, former Deputy National Intelligence Officer for the Near East, National Intelligence (retd); member, Veteran Intelligence Professionals for Sanity and Sam Adams Associates for Integrity in Intelligence (website: www.samadamsaward.ch)
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Zur Erinnerung
"US-Verteidigungsminister Mattis: «Keine soliden Beweise für Chemiewaffenangriff"
Der französische Präsident Macron behauptet dagegen, sie zu haben. Indessen werden erhebliche Zweifel an der Unparteilichkeit der Syrian American Medical Society (SAMS) laut, die mit den Weißhelmen kooperieren
US-Verteidigungsminister James Mattis sagte am Donnerstag bei einer Anhörung vor dem Ausschuss für Streitkräfte, dass die US-Regierung «keine soliden Beweise» dafür hätten, wonach chemische Waffen bei dem Angriff in Douma verwendet wurden, bei dem mindestens 48 Menschen ums Leben gekommen sein sollen."
https://www.heise.de/tp/features/US-Verteidigungsminister-Mattis-Keine-soliden-Beweise-fuer-Chemiewaffenangriff-4023021.html?seite=all
Kann sich jeder Gedanken darüber machen wer sich besser auskennt. Ein Politiker, der in seinem Sessel kaum weiß wie eine Waffe aus sieht oder eine General der US Army der von der Picke auf, beim Militär lernte und dem ein gesamter Militärgeheimdienst untersteht.
Übrigens mindestens genauso übel wie Giftgas ist Uran Munition:
siehe
https://www.nachdenkseiten.de/?p=52814
@ Hey, es ist doch erwiesen dass die White Helmet, Söldner sind. Die sind in dem ganzen Misch -Masch beteiligt. Es ist eine hoch bezahlte Fake Truppe von England und Amerika bezahlt.
Gruß Werner Kämtner
Vielleicht etwas zum Hintergrund:
Das Ganze gehört zum Skripal-Märchen,
Meiner Erinnerung nach wurde der Giftgas-Angriff gemeldet, nachdem bekannt wurde, dass insgesamt drei Regierungen (Deutschland, Schweden und Tschechien) über das Gift Novitschok verfügen.
In Tschechien hat erst der Ministerpräsident behauptet, dass das Land nie etwas mit dem Gift zu tun hatte, danach hat der Präsident dies korrigiert und gesagt, dass die Arbeit an Novitschok sogar offiziell bei OPWC gemeldet wurde.
Damit war dann der Zusammenhang Russland = Novitschok = Skripal-Attentäter nicht mehr glaubwürdig und es musste mit einem Giftgasangriff nachgelegt werden.
Ich erinnere mich noch an die Bilder von schreienden Kindern, die mit Wasser abgeduscht wurden, sonst aber gesund aussahen und ein paar Erwachsene, die mit dem Gesicht aus der Kamera gedreht am Boden lagen.
Nach dem Giftgas-Angriff dann in der NZZ (geleitet vom Geheimdienstspezialisten Eric Gujer) oder im Tagi: Unglaublich, erst verüben die Russen den ersten Giftgasanschlag in Europa seit dem 2. Weltkrieg und danach noch in Syrien einen weiteren Anschlag.
Letzteres geht ja nur indirekt, weil die Russen Assad helfen und Assad den Anschlag verursacht haben soll.
Warum Skripal-Märchen: Die NZZ berichtet, dass die Russen das OPWC-Waffenlabor in Den Haag «infiltriert» hätten.
Das geht nur leider nicht, weil es gar nichts zum Infiltrieren gibt. Alle Informationen können jederzeit jeder Person zur Verfügung gestellt werden.
@ Klaus Marte,
es war eine Inzenieung der Wölfe selbst gefilmt von dem. Genau so wie der Junge von Aleppo, oder der Kleine Junge am Strand. Gruß Werner Kämtner
@Werner Kämtner : Das Ding ist ja, was Sie sagen kann man glauben oder für Unsinn halten.
Irgendwie ist die Bevölkerung geteilt: ca 30% sehen Unsinn und die anderen denken, dass die, die das so sehen, Unsinn erzählen.
Nu denn, als Staat müsste man dem nachgehen nur schon, weil ein Grossteil der Bevölkerung den Glauben verliert.