Deutschland rüstet auf: Panzer statt Bahnwagen und Trams
Der deutsch-französische Rüstungskonzern KNDS wird künftig im sächsischen Görlitz Panzer bauen. Zu diesem Zweck kauft er die Fabrik des französischen Zugherstellers Alstom, der dort bisher Doppelstockwagen und Tramwagen herstellte. Die Hälfte der 700 Beschäftigten wird übernommen.
Geplant ist das Herstellen von Kampfpanzern wie dem Leopard 2, dem Schützenpanzer Puma und dem Radpanzer GTK-Boxer.

Erste Bauteile will KNDS bereits in diesem Jahr in Görlitz fertigen. Die sächsische Landesregierung teilte dazu mit: «In Görlitz werden künftig Rohbaumodule für die Wehrtechnik anstelle von Bahnwaggons produziert. Diese industriepolitische Neuausrichtung wurde von beiden Unternehmen am 5. Februar in Anwesenheit von Bundeskanzler Olaf Scholz und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer offiziell verkündet.»
Während der Ankündigung hiess es auf einem Plakat: «Die Zukunft der europäischen Landsysteme befindet sich hier.»
Statt «Schwerter zu Pflugscharen» also «Pflugscharen zu Schwertern».
«Ferdinand Porsche arbeitete für die Wehrmacht»
Über die Übernahme der Alstom-Fabrik berichteten grosse Schweizer Medien nicht. Eine Ausnahme war der Konzern CH-Media mit den Zeitungen «Aargauer Zeitung», «Luzerner Zeitung» oder «St. Galler Tagblatt». Unter dem Titel «Panzer statt Porsche: Wie Europa das Wettrüsten gewinnen will» berichtete Europa-Korrespondent Remo Hess euphorisch:
«Europa könnte aus der Not eine Tugend machen: Es gilt, die frei werdenden Kapazitäten in der serbelnden Autoindustrie zu nutzen. Immerhin macht es technisch nicht grundsätzlich einen Unterschied, ob in einer Fabrik nun Panzer oder Autos vom Fliessband laufen. […]
Für Deutschland und die europäische Industrie im Allgemeinen bietet die Rüstungsoffensive nicht zuletzt auch eine Gelegenheit, aus der Rezession herauszukommen. Das Wirtschaftsforschungsinstitut Kiel hat berechnet, dass eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets in Europa von derzeit 2 Prozent auf 3,5 Prozent ein Wirtschaftswachstum von 0,9 bis 1,5 Prozent pro Jahr generieren könnte.
Ausserdem schwappen oft Innovationseffekte auf den Zivilsektor über. Der Düsenantrieb als Fundament des heutigen Luftverkehrs zum Beispiel war ursprünglich eine militärische Erfindung.»
Damit nicht genug des Guten: Für das Umstellen auf Rüstung gebe es «historische Beispiele zuhauf»:
«Ferdinand Porsche steuerte 1942 bekanntlich ein Design zur Entwicklung des ‹Tiger›-Panzers für die deutsche Wehrmacht bei. Daimler-Benz produzierte den ‹Panzer II› und ‹Panzer III›, und der heutige LKW-Hersteller MAN baute den Massenpanzer ‹Panther›. Bei den Alliierten waren Ford und Chrysler in den USA für den ‹Sherman› zuständig und in Grossbritannien Vauxhall-Motors für den ‹Churchill›».
Die höhere Rentabilität der militärischen Produktion hätten die CH-Media-Zeitungen ebenfalls noch geltend machen können. Jedenfalls steigen die Aktienkurse der Konzerne, die neben zivilen auch Rüstungsgüter herstellen.
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Keine
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