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Wo das «Recycling-Dreieck» draufsteht, wird recycelt, stimmt’s? Eher nicht. © recycling.com

Das irreführende Recycling-Symbol soll verschwinden

Daniela Gschweng /  Das grüne Dreieck auf der Verpackung kennt jeder. Dass es nichts mit Recycling zu tun hat, wissen aber nur wenige.

Jan Dell sammelt Plastik-Abfälle. Vorzugsweise solche, die das bekannte dreieckige Recycling-Symbol tragen. Wiederverwertet werden ihre Deckel, Tütchen, Becher und Blister-Verpackungen aber nie, glaubt sie.

Für die Verpackungsindustrie der USA könnte Dells Überzeugung weitreichende Folgen haben. Die Kalifornierin ist nicht nur Chemie-Ingenieurin, sondern seit 2018 auch eine äusserst effiziente Ein-Frau-NGO. Ihr Non-Profit «The Last Beach Cleanup» setzt sich dafür ein, dass Verpackungen nur mit den bekannten Dreiecks-Pfeilen (unser Titelbild) gekennzeichnet werden, wenn sie auch Chancen haben, recycelt zu werden.

Das dreieckige Symbol hat mit Kreislaufwirtschaft nichts zu tun

Viele US-Amerikaner setzen die «Chasing Arrows» mit Wiederverwertung gleich. Ein Irrtum, dem auch viele Schweizer Konsument:innen aufsitzen. Ursprünglich sollte das Symbol Käufern und Käuferinnen zum einen anzeigen, dass ein Produkt wiederverwertbar ist. Zusätzlich gibt ein Zahlencode an, woraus es besteht.

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Das dreieckige Symbol auf Plastikprodukten zeigt an, aus welchem Material sie bestehen. Mit der Recyclingfähigkeit hat es nichts zu tun.

Die Zahl 1 steht dabei für PET (Polyethylenterephthalat), 2 für PEHD oder HDPE (High Density Polyethylen), im allgemeinen Sprachgebrach kurz PE. In den meisten Teilen der USA werden nur Behälter mit den Symbolen 1 und 2 halbwegs zuverlässig recycelt. Das heisst: zu etwa 30 Prozent. Die meisten anderen Verpackungen würden deponiert oder verschmutzten die Gewässer, schreibt die «New York Times», die Jan Dells Herzensprojekt vorstellt.

Auch in der Schweiz werden die Stoffe 1 und 2 gesammelt, das heisst PET-Flaschen und Behälter aus HDPE wie Waschmittelflaschen. Für andere Plastikarten gibt es einige kleinere lokale Initiativen. Swissrecycling führt auf seiner Website einige davon auf. Die meisten anderen Plastikprodukte werden verbrannt.

«Die Dreieckssymbole, welche überall zu finden sind, kennzeichnen Materialeigenschaften und sagen nichts über die Recycling-Fähigkeit eines Produktes oder einer Verpackung aus oder ob es ein Recyclingsystem dazu gibt», gibt der Verband an.

Abgeben heisst noch nicht Recyceln

Das Recycling-Symbol suggeriert, dass ein Produkt wiederverwertet wird, obwohl die meisten Menschen in der Schweiz wissen, dass nur PET und PE (Polyethylen) wiederverwertet werden. In der Schweiz wie in den USA haben Verpackungen, die mit dem Recycling-Dreieck und den Zahlen 3 bis 7 bezeichnet sind, so gut wie keine Chancen, jemals recycelt zu werden.

Einige davon, zum Beispiel das mit 5 bezeichnete Polypropylen, werden zum Teil von US-Wiederverwertern angenommen. Wirklich recycelt werden sie aber nicht.

Ab Herbst 2025 gelten in Kalifornien andere Regeln

Jan Dell will das ändern und ist dabei weit gekommen. Die Kalifornierin aus Orange County sass unter anderem im Beratendengremium für ein neues kalifornisches Labeling-Gesetz. Das Gesetz verbietet es, das Dreiecks- oder Pfeilsymbol auf Plastikprodukten zu platzieren, die in Kalifornien nicht mehrheitlich recycelt werden. Es soll ab Herbst 2025 in Kraft treten.

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Jan Dell bei einem Beach-Cleanup

Dell sieht in dieser Vorschrift einen der Dreh- und Angelpunkte, um Plastik nachhaltiger zu machen. Das Datum des Inkrafttretens ist dabei kein Zufall. Bis 2025, haben 25 Plastikhersteller in einer Selbstverpflichtung versprochen, sollen ihre Verpackungen zu 100 Prozent recycelbar sein. Unter den Unterzeichnern finden sich grosse Produzenten wie Nestlé und Coca-Cola. Der Druck, dieses Ziel zu erreichen, werde einen Innovationsschub auslösen, hofft sie.

Am Ende nur Wishcycling

Die engagierte Kalifornierin möchte damit eine alte Diskussion beenden. Eigentlich könnte man annehmen, dass der Begriff «Recyling» eindeutig ist: Was so bezeichnet wird, ist Teil der Kreislaufwirtschaft und wird in den Verwertungsprozess zurückgeführt. Das denkt sich zumindest der Durchschnittskonsument, hier wie in den USA.

Tatsächlich ist es höchst unterschiedlich, wer was unter Recycling versteht (Infosperber berichtete). Viele Hersteller argumentieren, dass es nicht darum gehe, was recycelt wird. Stattdessen orientieren sie sich daran, was recycelt werden könnte. Und zwar dann, wenn genügend Mittel in den Aufbau einer Recycling-Infrastruktur gesteckt würden.

Ein grosser Teil dessen, was als Recycling bezeichnet wird, ist in Tat und Wahrheit also eine Vision von Kreislaufwirtschaft. Immerhin gibt es ein Wort für diesen Zustand: Wishcycling – der Wunsch, dass etwas, was ins Recycling gegeben wird, auch tatsächlich wiederverwertet wird.

Die Recycling-Lüge

Umweltorganisationen prangern dieses «Missverständnis» schon lange an. Greenpeace oder die Dachorganisation Break free from Plastic bezeichnen die derzeitigen Zustände als Konsumententäuschung und fordern ein weitreichendes Verbot von Einmalartikeln aus Plastik.

Laut einer Recherche von NPR und PBS wissen die Plastikproduzenten, dass der grösste Teil des Plastikmülls nicht wieder in den Kreislauf gelangt. Würden sie darauf angesprochen, vermieden sie Diskussionen und blockten Kritik ab. Das gelte selbst dann, wenn die Kritik von Branchen-Insidern komme.

Das Problem allerdings ist augenscheinlich für alle, die es wissen wollen: Die Welt erstickt in Plastikmüll. Derzeit werden weltweit jährlich rund 400 Millionen Tonnen Plastik hergestellt. Nach Prognosen wird sich diese Menge bis 2050 verdreifachen. Immerhin ein Drittel des weltweit hergestellten Plastiks wird für Verpackungen verwendet. Nur neun Prozent aller jemals hergestellten Plastikprodukte wurden bisher recycelt.

Wahrhaftigkeits-Gesetz könnte irreführende Bezeichnung verbannen

Mit dem Recycling-Symbol auf PP-Verpackungen, die nur zu rund drei Prozent wieder in den Kreislauf gelangen, wäre mit Dells Wahrhaftigkeits-Gesetz ab Herbst 2025 aber Schluss. Eine Plastiksorte darf dann in Kalifornien nur noch als recycelbar bezeichnet werden, wenn 60 Prozent aller Einwohner Zugang zu einer Abgabestelle haben, die sie annimmt. 60 Prozent dieser Abgabestellen müssen Zugang zu einem Recyclingunternehmen haben, das den Stoff auch wirklich verwertet.

Das kalifornische Gesetz könnte den Umgang mit Plastik in den gesamten USA verändern, vielleicht sogar weltweit. Plastikverpackungen sind Massenware und werden auf der ganzen Welt benutzt. Dass Hersteller Verpackungen nur für Kalifornien produzieren, ist unwahrscheinlich. Zum einen, weil es kaum praktikabel ist, zum anderen, weil andere US-Staaten in ihrer Gesetzgebung nachziehen könnten.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

goldstein

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Kunststoffmüll wird zum Problem künftiger Generationen. Weltweit gelangen fast 80% in Umwelt und Deponien.

Logo Recycling

Recycling und Kreislaufwirtschaft

Häufig schont das Recycling Ressourcen. Doch manchmal ist Wiederverwertung nur Marketing und Augenwischerei.

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2 Meinungen

  • am 26.09.2023 um 11:57 Uhr
    Permalink

    Es mag sein, dass in den usa extrem wenig recycelt wird. Und nicht mal Energie aus abfall gewonnen wird, sondern vielerorts einfach deponien gefüllt werden. Stört mich auch.
    Ob jetzt ein über lange Zeit etabliertes zeichen, das mögliches recyceln anzeigt, darum abgeschafft werden soll? Recyclingfähigkeit ist zwar gegeben ist, wird aber nicht realisiert. Ok.
    Macht es jetzt ein nicht anbringen dieses Symbols wahrscheinlicher, dass diese Wertstoffe künftig recycelt werden? Oder noch unwahrscheinlicher? Mit diesem Engagement ist der Umwelt nicht geholfen. Im Gegenteil. Es erschwert künftiges konkretes handeln. Wenn Wahrhaftigkeit so wichtig ist, dann durch weglassen des dritten pfeils. So dass der wertstoff nach wie vor in vertrauter art gekennzeichnet aber niemand getäuscht wird.

    • am 27.09.2023 um 05:10 Uhr
      Permalink

      Adrian Ochsners Idee, den dritten Pfeil wegzulassen, finde ich pfiffig und eigentlich überfällig. Ich war am Wochenende beim Tag der Offenen Tür des lokalen Entsorgers. Seine riesige Sortieranlage schafft es auch nach gefühlt 20 Jahren monopolistischer Betriebszeit nicht, einen Plastik-Wäschekorb stofflich zu verwerten. Er wandert direkt in die Abfallverbrennungsanlage. Das sagt man mir bei der Führung, ohne rot zu werden. Und gleichzeitig MUSS ich diesen Wäschekorb in die Recycling-Tonne werfen, um ihn ordnungsgemäß zu verwerten.

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