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Minderheiten sind stärker von der Pandemie betroffen. © Clay Banks, Unsplash

Corona-Impftests: Alle Ethnien und Frauen testen

Monique Ryser /  An Covid-19 erkranken vor allem bereits Kranke und Arme. Tests für einen Impfstoff müssen deshalb alle Personengruppen einbinden.

Zurzeit sind drei mögliche Impfstoffe in der Phase 3 der Testreihen, mit der die Wirksamkeit und die Sicherheit erprobt wird. Doch das Problem sowohl bei Impfstoffen als auch bei Medikamenten: Oft bestehen die Studiengruppen vor allem aus weissen Männern. Eine Professorin und drei Professoren* appellieren nun in der New York Times an die Pharmaindustrie, dass in die Testreihen unbedingt genügend Personen aus der schwarzen und hispanischen Bevölkerung eingeschlossen werden. Einzig die Firma Moderna habe bis jetzt die Zusammensetzung der Studienteilnehmer bekanntgegeben. Demnach gehören 26 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer ethnischen Minderheit an. Das sei schon besser als bei anderen medizinischen Studien, stellen die Autorin und die Autoren fest. Doch der Anteil der ethnischen Minderheiten in der Bevölkerung betrage 32 Prozent.
Anthony Fauci, Direktor des nationalen Instituts für Infektionskrankheiten und «Chefvirologe» der USA, habe die Firmen aufgefordert, die besonders betroffenen Ethnien besser einzubeziehen. Denn: Eine Impfung, die nicht an Menschen aller Ethnien getestet worden sei, könne unbeabsichtigte Folgen haben. Auch Medikamente wirkten je nach genetischen Voraussetzungen überhaupt nicht, anders oder seien gar schädlich. Bei Impfungen treffe das in noch höherem Mass zu, da sie in das Immunsystem eingreifen würden. Die 30’000 Testpersonen, die im Normalfall für aussagekräftige Tests nötig seien, müssten deshalb so unterschiedlich wie möglich ausgewählt werden.
Tatsache ist: Die aktuelle Coronavirus-Pandemie hat in den USA unter African Americans und Indianischstämmigen viel höhere Todesfallraten ausgelöst als bei weissen Bewohnerinnen und Bewohnern. Fest steht auch, dass African Americans viel häufiger von Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs, Diabetes und hohem Blutdruck betroffen sind. Das setze sie einem viel grösseren Risiko aus, am Virus zu erkranken. «Deshalb ist es besonders wichtig, dass diese Personengruppen auf die Impfstoffe getestet werden», so die Autoren.

Menschenverachtende Tests bei Syphillis
Calethia Hodges, CEO von Infinite Clinical Trials, einer Firma, die klinische Tests durchführt, ruft in einem Beitrag von NBC-News Menschen aus der schwarzen Community auf, sich für Tests zur Verfügung zu stellen. Dabei müsse viel Überzeugungsarbeit geleistet werden, denn das Misstrauen sitze tief. Zu Recht: Zwischen 1932 und 1972 wurden im Rahmen der menschenverachtenden Tuskegee Studie schwarze Männer aus mehrheitlich armen Gebieten damit geködert, mit Penicillin gegen Syphillis behandelt zu werden. Sie wurden aber mitnichten behandelt, sondern es wurde untersucht, wie sich der unbehandelte Verlauf der Syphillis entwickelt. 28 der ursprünglich 399 Männer starben an der Krankheit, 100 an Komplikationen, 40 Ehefrauen wurden angesteckt und 18 Kinder wurden mit der Krankheit geboren. Diese Tragödie hat das Vertrauen der African Americans in medizinische Tests grundlegend zerstört. «Es ist herzzerreissend, wie gross die Angst noch immer ist», sagt Calethia Hodges. Aus diesem Grund habe sie als Schwarze ihr Institut gegründet und versuche das Vertrauen wiederherzustellen. «Es ist essentiell, dass wir die Covid-19-Impfstoffe in allen Bevölkerungsgruppen testen, deshalb tue ich alles, um das sicherzustellen.»

Immunsystem wirkt bei Frauen oft anders
Auch Frauen sind in klinischen Test oft unterdurchschnittlich vertreten. Das kann dazu führen, dass Medikamente nicht wirken oder gar schaden. Das Immunsystem reagiert bei Frauen häufig anders als bei Männern. Eine Übersicht über 43’135 publizierte Artikeln und klinische Tests zwischen 1966 und 2018 ergab, dass Frauen in sieben von elf Krankheitskategorien ungenügend getestet worden sind. Besonders massiv seien die Geschlechterunterschiede bei den Krankheiten Aids/HIV, chronische Nierenleiden, Erkrankungen des Herz- und Kreislaufsystems, des Verdauungstraktes, Hepatitis und neurologischen Erkrankungen. Es ist deshalb entscheidend, dass bei den Impfstofftests genügend Frauen einbezogen werden.
Heikel ist auch die Situation von schwangeren oder stillenden Frauen: Wie gross ist das Risiko der Covid-19-Erkrankung bei ihnen im Vergleich zur möglichen Gefahr einer Impfung? Diese Frage stellen Forscher in der medizinischen Zeitschrift Lancet. Zuerst müssten aber die Konsequenzen der Viruskrankheit auf Mutter und Kind genau erforscht werden, bevor Entscheide gefällt würden.

* Wayne A. I. Frederick, Präsident der Howard University; Valerie Montgomery Rice, Präsidentin der Morehous School of Medecine; David M. Carlisle, Präsident der Charles R. Drew University of Medecine and Science und James E. K. Hildreth, Präsident des Meharry Medical College.

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