Charterflüge und Kreuzfahrten verboten, Zahlungen erschwert
upg. Ein Autorenkollektiv hat ein dokumentiertes Dossier über die umfassenden, völkerrechtswidrigen US-Sanktionen gegen Kuba veröffentlicht: «Schweizer Banken gegen Cuba – Chronik eines amtlich beglaubigten Skandals». Weil grosse Medien dem Thema wenig Platz einräumen, veröffentlicht Infosperber zwei Teile aus den einleitenden Kapiteln. Im ersten Teil ging es um die Verweigerung von Banken, Spenden auf Konten von Kuba-Hilfsorganisationen gutzuschreiben.
Die Wirtschaftsblockade beherrscht alles
(Franco Cavalli) Es ist völlig unmöglich, über Kuba zu diskutieren, ohne die Wirtschaftsblockade zu thematisieren, mit der die USA seit mehr als 60 Jahren die Errungenschaften der kubanischen Revolution zu erwürgen versuchen. Dieser unerbittliche Wirtschaftskrieg, der jährlich von der UN-Generalversammlung fast einstimmig verurteilt wird, hat der karibischen Insel Schäden in der Höhe von Hunderten von Milliarden verursacht. Geschichtlich sind diese völkerrechtswidrigen Massnahmen wegen ihrer Dauer und Härte einmalig. Das einzige einigermassen ähnliche Beispiel geht zurück auf den Beginn des 19. Jahrhunderts, als Frankreich Haiti mit einer harten Wirtschaftsblockade wegen seiner Unabhängigkeitserklärung bestrafte, wodurch das vorher ziemlich blühende Land in das Armenhaus verwandelt wurde, das wir noch heute kennen.
Die Vorgeschichte der Blockade gegen Kuba zeigt, dass überhaupt keine ideellen Gründe, sondern nur harte ausbeuterische Wirtschaftsinteressen die entscheidende Rolle spielten. Nachdem die bärtigen Revolutionäre im Mai 1959 die absolut notwendige Landreform ausgerufen hatten, wobei natürlich die Interessen einiger wohlhabender amerikanischer Landbesitzer berührt wurden, rief im Oktober 1959 Präsident Eisenhower die ersten wirtschaftlichen Strafmassnahmen gegen Kuba aus (ohne jegliche Aussprache mit dem Kongress!). Es wurde damals bereits ausdrücklich erwähnt, dass alle Optionen auf dem Tisch seien, sollte sich Havannas Regierung nicht bessern.
Im Juni 1960 verstaatlichte die Revolutionsregierung amerikanische Raffinerien, nachdem sich diese geweigert hatten, Öl aus der Sowjetunion zu verarbeiten. Wenige Monate später wurden die wichtigsten Industriezweige, darunter viele amerikanische Besitzungen, ebenfalls verstaatlicht. Daraufhin verschärfte Washington die Vergeltungsmassnahmen derart, dass man bereits von einer weitgehenden Wirtschaftsblockade sprechen konnte, obwohl diese auf Gesetzesebene erst zwei Jahre später vom US-Kongress verankert wurde.
Weltweit durchgesetzte Wirtschaftsblockade ab 1996
Anfang der 1990er-Jahre, infolge des Zusammenbruchs der Sowjetunion, verlor die karibische Insel fast die Hälfte ihres Sozialproduktes. Wegen dieser Wirtschaftskatastrophe war man in Washington überzeugt, dass die Regierung in Havanna bald gestürzt würde. Als dies nicht eintrat, versuchte man es 1996 mit der Helms-Burton Act. Zum ersten Mal massten sich die USA offiziell das Recht an, die Wirtschaftsblockade auch ausserhalb der USA, also exterritorial, durchzusetzen. Das bedeutete, dass jede Person respektive jedes Unternehmen, die oder das sich irgendwo auf der Welt erlauben würde, mit Kuba Geschäfte zu tätigen, mit harten finanziellen Strafmassnahmen seitens der USA rechnen musste. Bezeichnenderweise wurde dieses Gesetz ausgerufen, als Kuba dabei war, die Wirtschaftskrise des Periodo especial zu überwinden.
Beim Ausbruch der Covid-Pandemie versuchte Präsident Donald Trump mit einer zusätzlichen Verschärfung der Helms-Burton Act Kuba im wahrsten Sinne des Wortes auszuhungern. Zum ersten Mal wurden beispielsweise nicht nur Produzenten, sondern auch Transportunternehmen, die Waren nach Kuba bringen wollten, mit enormen Bussen bedroht. Und zum ersten Mal wurde sogar den in den USA lebenden KubanerInnen verboten, ihren Verwandten auf der Insel Geld zukommen zu lassen.
Diese unglaubliche Verhärtung der Wirtschaftsblockade und das pandemie-bedingte Ausbleiben des Tourismus erklären zum grössten Teil die jetzige schwierige Wirtschaftslage in Kuba. Aber nachdem Havanna es zustande brachte, praktisch die ganze eigene Bevölkerung mit wirksamen Impfstoffen, die in Kuba selbst entwickelt wurden, zu immunisieren, sieht es so aus, als ob auch diesmal die Hoffnung Washingtons zum Albtraum der US-Politik werden könnte. In der Tat konnte Kuba am 15. November 2021, weil die Pandemie momentan unter Kontrolle ist, seine Tore für den internationalen Tourismus wieder öffnen.
Trump erlaubt Klagen gegen jahrzehntealte Enteignungen
(Raffaele Malinverni) Der schlimmste Teil der Helms-Burton Act ist Teil III. Er erlaubt US-Bürgern und auch Personen, die zum Zeitpunkt der Enteignung noch nicht US-Bürger waren, deren Besitz aber auf Kuba enteignet worden war, sowie Personen und Unternehmen, die Geschäftsbeziehungen eingehen wollen, die diese Güter betreffen, in den USA gegen die Enteignungen zu klagen (Sektion 301.5). Dieser Teil III wollte Investoren ausländischer Firmen auf Kuba abschrecken. Doch die ACT III haben die Präsidenten Clinton, G. W. Bush und Obama nie in Kraft gesetzt, weil er den Interessen von US-Firmen zuwiderlief.
Präsident Trump hingegen setzte die Act III im Jahr 2019 in Kraft. Die Biden-Administration hat die Anwendung des Act III ebenso wenig rückgängig gemacht wie die weiteren 243 von Donald Trump eigenmächtig erlassenen Verschärfungen.
Diese sehen u. a. folgende Massnahmen vor:
- Verbot von regulären und Charterflügen nach Kuba (Ausnahme: Havanna);
- Verbot von Kreuzfahrten nach Kuba;
- Verhinderung von Zahlungen nach Kuba via die kubanischen Gesellschaften Fincimex und American International Services (die Hauptzahlungskanäle nach Kuba);
- Verbot, Güter nach Kuba zu exportieren, die mehr als 10 Prozent US-Komponenten enthalten;
- Verbot in die USA kubanischen Rum und Tabakwaren zu importieren;
- Kubas finanzielle Bank-Operationen wurden untersagt;
- Rund 230 US-Firmen wurden schwere Restriktionen im Handel mit Kuba auferlegt;
- Restriktionen für Firmen, die mit Treibstoffen handeln, die für Kuba bestimmt sind.
Schliesslich hat Präsident Trump am 11. Januar 2020, neun Tage vor Ende seiner Amtszeit, Kuba wieder auf die Liste von Ländern gesetzt, welche den Terrorismus sponsern sollen. Seit Jahren gibt es keine Anhaltspunkte mehr dafür, dass Kuba im Ausland illegal Aufständische unterstützt.
Der kumulierte Schaden für Kuba infolge der Blockaden wurde auf über 130 Milliarden US-Dollar geschätzt, allein von April 2019 bis März 2020 auf 2,4 Milliarden («The Guardian», 03. 02. 2022).
Gegen internationales Recht
Stolze neunundzwanzig Mal (29×) hat die UN-Generalversammlung die US-Wirtschaftsblockade verurteilt und deren Aufhebung gefordert. Seit die Schweiz 2002 Mitglied der UNO wurde, stimmt sie ebenfalls regelmässig gegen die Blockade ab. Zudem sollen 57 Prozent der US-Bürger für die Aufhebung sein und nur 29 Prozent dagegen («The Guardian», 03. 02. 2022).
Kanada und die EU haben in einer gemeinsamen Erklärung festgehalten, dass die extraterritoriale Anwendung der unilateralen US-Sanktionen von Act III durch die USA internationalem Recht widersprechen. Die EU hat im Februar 2022 durch ihre Kommissarin für Finanzdienstleistungen Mairead McGuinness die vollständige Aktivierung der Helms-Burton Act «bedauert» und als Verstoss gegen internationales Recht bezeichnet. Die Aktivierung von Titel III des Helms-Burton-Gesetzes stelle auch einen Bruch der von Washington in den Abkommen zwischen der EU und den USA von 1997 und 1998 eingegangenen Verpflichtungen dar.
Zur Erinnerung, Kuba hat noch nie gegen ein anderes Land Krieg geführt oder sonst eine militärische Aggression verübt. Und dennoch wird das Land mit denselben drastischen Sanktionen belegt wie Russland derzeit im Ukraine-Konflikt. Und dies seit 60 Jahren.
Für die Schweizer Banken ist das offenbar belanglos. Sie konzentrieren sich lieber auf die Behinderung von legalen Geschäften wie etwa den innerschweizerischen Zahlungsverkehr.
Die Dokumentation «Schweizer Banken gegen Cuba – Chronik eines amtlich beglaubigten Skandals» enthält fast hundert Seiten Kopien von Korrespondenz, Beweismitteln und Medienberichten. Sie kann für 10 CHF bestellt werden bei mediCuba-Suisse, Quellenstrasse 25, 8005 Zürich, 44 271 08 15. Ein Reader auf Deutsch (und bald auch auf Französisch) kann bestellt werden über mediCuba-Suisse (info@medicuba.ch) oder die Vereinigung Schweiz-Cuba (national@cuba-si.ch).
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Die Autoren sind Mitglieder von mediCuba-Suisse oder der Vereinigung Schweiz-Cuba.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Das «Land of the free» verbietet seinen Bürgern, aber auch dem Rest der Welt, Grundrechte, wie weiland Gessler im Kanton Uri…
Meine ersten Ersparnisse, welche ich noch im Glauben an die Redlichkeit der Amerikaner in Panam-Obligationen plaziert hatte, wurden nach wenigen Jahren auf der Basis des «Chapter 11» von der USA konfisziert. Wer kann Leuten eines solchen Staates vertrauen ?
Ich gehe davon aus, dass «normale» US-Bürger von solch perversem institutionalisierten Verhalten kaum eine Ahnung haben. Ich könnte mir vorstellen, dass der sportliche «fairness» Begriff auch im Volk immer noch einen der Grundwerte der Amerikaner reflektiert. Der Staat kennt aber offensichtlich nur Macht und Eigeninteressen.
Möglicherweise sind nicht immer und in jedem Fall die USA an der Misere und der Misswirtschaft in Kuba schuld.
Das es so schlimm ist, hab ich nicht gewusst. Danke für diesen Artikel.
Aber es ist auch nur eine von vielen «kleinen» Dummheiten der USA. Und «viele» kleine Dummheiten ergeben auch mal eine Grosse. Und dann wird es – verständlicherweise- schwierig zu erklären, warum, weshalb, wieso dass jetzt, eine so grosse Dummheit geworden ist.
Mit Zuckerbrot «oder» Peitsche wird Freundschaft nämlich nicht selten nur vorgetäuscht.
Nach dem ersten Artikel überwies ich Medicuba von meinen Konten Geld.
So ist jeder Mensch in der Lage selbst zu überprüfen,ob seine Konten bei seriösen Firmen sind.
Ja – der ganze Unsinn wird von den USA schon seit Jahrzehnten praktiziert.
Niemand stoppt diesen Quatsch und geht endlich zu einer normalen Tagesordnung über.
Nur so könnte Friede in dieser leidigen Geschichte Einzug halten …