Anschlag Pipeline

Austretendes Gas an der Oberfläche des Meeres. © Danish Defence Command

Bundesregierung verweigert Informationen zu Pipeline-Anschlägen

Red. /  Der Anschlag auf die Nord Stream-Pipelines bleibt ungeklärt. Auf konkrete Fragen bleiben Habeck und Baerbock Antworten schuldig.

Die linke Bundestags-Abgeordnete Sahra Wagenknecht richtete ans Auswärtige Amt von Annalena Baerbock und ans Wirtschaftsministerium von Robert Habeck folgende Fragen, wie die Berliner Zeitung am 16. Oktober berichtete:

Vom Aussenministerium Annalena Baerbocks wollte Wagenknecht wissen, «welche Nato-Schiffe und Truppenteile sich seit dem Aussetzen der Gaslieferungen durch Nord Stream 1 in den Gegenden aufhielten, in denen die Beschädigungen auftraten, und welche russischen Schiffe und Truppenteile in jenem Zeitraum gesichtet wurden.» Eine Antwort darauf würde, wie das Aussenministerium schreibt, «die ‹Preisgabe von Informationen beinhalten, die das Staatswohl in besonderem Masse berühren› […] Daher komme auch eine Einstufung und Hinterlegung der angefragten Informationen nicht infrage, ‹da auch nur die geringe Gefahr des Bekanntwerdens nicht hingenommen werden kann›.»

Vom Wirtschaftsministerium Robert Habecks wollte Wagenknecht wissen, «welche Erkenntnisse die Bundesregierung zu diesen Vorfällen inzwischen hat und welche Massnahmen sie ‹allein, mit EU, anderen Regierungen und der Nato› eingeleitet hat, um festzustellen, wer die Beschädigungen verantwortet». Die Antwort lautete: «Bisher ist es nicht möglich, Untersuchungen vor Ort anzustellen. Deshalb liegen der Bundesregierung auch keine belastbaren Informationen zu den möglichen Ursachen des Angriffs vor.» Offenbar gibt es, wie die Berliner Zeitung zusammenfassend festhält, auch über drei Wochen nach den mutmasslichen Sabotageakten noch immer keine «näheren Erkenntnisse dazu, ja noch nicht einmal Untersuchungen vor Ort.»

An dieser Geheimniskrämerei übte Wagenknecht in der Berliner Zeitung scharfe Kritik und mutmasste, dass es sich um ein abgekartetes Spiel der Geheimdienste handle, die sich im Rahmen der «Third Party Rule» bei der internationalen Zusammenarbeit für höchste Geheimhaltung stark machen, wenn es um den Austausch von Erkenntnissen gehe: «De facto sagt uns die Bundesregierung, dass sie zwar etwas weiss, es aber ‹aus Gründen des Staatswohls› den Abgeordneten des Deutschen Bundestags – nicht einmal in der Geheimschutzstelle – zur Kenntnis geben kann.»

Die Geheimnistuerei der Bundesregierung leistet wilden Spekulationen Vorschub und verunmöglicht eine gründliche Aufklärung und Information der Bevölkerung zu einem derart sensiblen Thema im Kontext des Krieges von Russland gegen die Ukraine.

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Bearbeitung der Informationen aus der Berliner Zeitung: Josef Estermann
Infosperber versuchte vergeblich, von Sarah Wagenknecht und ihrem Büro das Original ihrer Fragen und der Antworten zu erhalten.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

  • Infosperber vom 3. Oktober 2022: Wer steckt hinter dem Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines? Motive dafür haben zahlreiche Staaten und internationale Akteure, die technischen Mittel allerdings nur wenige.

Zum Infosperber-Dossier:

Ukraine_Sprachen

Die Ukraine zwischen Ost und West: Jetzt von Russland angegriffen

Die Ukraine wird Opfer geopolitischer Interessen. Die Nato wollte näher an Russland. Seit dem 24.2.2022 führt Russland einen Angriffskrieg.

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5 Meinungen

  • am 23.10.2022 um 11:59 Uhr
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    Das Verhalten der Bundesregierung seit den Anschlägen auf die Pipelines zeigt eines: Sie will nicht wissen, wer es getan hat. Ihre Aussage: «Bisher ist es nicht möglich, Untersuchungen vor Ort anzustellen», spricht Bände. Eine Regierung, die auch nur halbwegs ernst genommen werden will, hätte sofort ein Ermittlungsteam losgeschickt, bestückt mit Tauchern und allem, was man für eine Tatortuntersuchung braucht. Sie hätte den Zugang zu den Tatorten notfalls unter Einsatz von Schiffen der Kriegsmarine erzwungen (denn es sind internationale Gewässer, weder Dänemark noch Schweden hätten das Recht gehabt, deutschen Ermittlern den Zugang zu verwehren). Würde jemand, der auch nur einen Rest an Selbstachtung hat, die Zerstörung einer milliardenteuren Infrastruktur, deren Bau er mit initiiert, unterstützt und mitfinanziert hat, schulterzuckend hinnehmen? Also hat die deutsche Regierung keine Selbstachtung. Die Alternative: Sie weiß bereits alles und braucht keine Tatortuntersuchung mehr.

    • am 24.10.2022 um 12:35 Uhr
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      Alle meckern über die Bundesregierung. Ich nicht! Ich möchte ihr danke sagen für die klaren Worte. Sie weiss genau und kann ihre Bevölkerung richtig einschätzen, wie sie was sagen muss, damit wir es verstehen. Es gab keine Erkentnisse bei der Untersuchung wer die Röhren gesprengt hat. Und es wird auch in Zukunft keine Ergebnisse geben! UND SOLLTE es doch noch Ergebnisse geben, was praktisch ausgeschlossen sein wird, so werden dann diese Ergebnisse zum Staatswohl nicht öffentlich gemacht! Soweit die Regierung….Auf Deutsch: Der Russe hat die Röhren nicht gesprengt, denn da hätten wir ja sofort reagiert und viele Sondersendungen, Pressekonferenzen, Breaking News inszeniert! Und auch wenn Informationen durch befreundete Nachrichtendienste eingehen sollten, werden wir Infolge der Restriktionen » Third-Party-Rules» dazu nichts sagen! Natürlich Ausnahme: sollten Täter Russen sein, geben wir ihnen sofort ausführliche Auskünfte…..
      ALLES KLAR NUN? Also Russland war’s nicht!

  • am 24.10.2022 um 16:31 Uhr
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    Die Bundesregierung hat das Staatswohl nicht gefährdet gesehen, als sie direkt nach dem Anschlag Russland verantwortlich machte bzw. ihre Experten in ARD und ZDF dies taten. Jens Berger schrieb damals auf den Nachdenkseiten, dass es erstaunlich sei, dass die bundesdeutschen Medien den Elefanten im Raum, die USA, nicht wahrnehmen würden. Einige Wochen später würden Informationen über den Attentäter das «deutsche Staatswohl» nun also gefährden. Die großen deutschen Medien hüllen sich diesbezüglich in beredtes Schweigen. Wahrscheinlich nimmt niemand an, dass Beweise gegen Russland diese Wirkung hätten. Welche Informationen könnten jetzt das «deutsche Staatswohl gefährden» und die deutschen Medien verstummen lassen? Bei «Wer wird Millionär» würde die richtige Antwort auf diese Frage wahrscheinlich keine tausend Euro wert sein.

  • am 25.10.2022 um 08:48 Uhr
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    Hypothese: Wenn die US-Regierung die alleinige Kontrolle über die Ermittlungen zu den Anschlägen an sich hätte ziehen wollen (z.B. um ihre eigene Täterschaft zu vertuschen), wie wären sie dann vorgegangen? Natürlich wäre es für sie undenkbar gewesen, mit eigenen Kriegsschiffen hinzufahren und eigene Taucher runterzuschicken. Das wäre eine zu offensichtliche Anmaßung gewesen. Also bedienten sie sich der befreundeten Schweden. Schweden ließ die geplante gemeinsame Ermittlungsarbeit mit Deutschland und Dänemark platzen und sagte plötzlich: Wir machen das allein. So konnten die US-Amerikaner diskret mit von der Partie sein und alles wegschaffen, was als Beweis für eine US-Täterschaft getaugt hätte. Die schwedische Marine sperrte das betreffende Seegebiet, so dass niemand die Präsenz von US-Personal dokumentieren konnte.

  • am 25.10.2022 um 19:16 Uhr
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    Scheinbar ist sowohl den Politikern (auch den europäischen) wie auch den westlichen Medien, jedes Mittel recht, um einen Krieg in dem letzendlich ganz Europa verwickelt wird, zu entfachen. Das Volk soll permanent mit Kriegspropoganda berieselt werden, bis man es so weit bringt, dass es den Krieg als einzigen begehbaren Weg sieht. Ich hoffe sehr, dass Vernuft und Intelligenz siegen werden und die wird wohl nicht von unseren Politikern kommen, welche zu sehr mit dem «Staatswohl» beschäftigt sind.

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