Zeit schinden bei der Erbschaftssteuer
Über die Volksinitiative «Millionen besteuern für unsere AHV» werde der Ständerat am Dienstag ausgiebig debattieren, und danach werde die (bürgerliche) Ratsmehrheit sie deutlich zur Ablehnung empfehlen. Das erwarteten Initianten und Medienschaffende noch am Montagabend. Doch gestern kurz vor Sitzungsbeginn reichte die Zürcher GLP-Ständerätin Verena Diener einen Einzelantrag ein. Darin verlangte sie, die Vorlage sei zurückzuweisen mit dem Auftrag, die Gültigkeit der Initiative über einen Mitbericht der Staatsrechtlichen Kommission vertieft zu prüfen.
Nach langer Diskussion stimmte eine Koalition aus rechten und linken Ratsmitgliedern dieser Rückweisung deutlich zu (25 gegen 14 Stimmen bei 5 Enthaltungen). Damit wird die Abstimmung über die nationale Erbschaftssteuer hinausgeschoben. Für diesen – für Aussenstehende überraschenden – Entscheid gibt es rechtliche, politische und taktische Gründe:
Rechtliche Argumente
Rechtlich bestehen zwei Einwände gegen die Initiative: Sie verletze die Einheit der Materie, weil sie die Besteuerung von Erbschaften mit der AHV-Finanzierung verknüpfe. Problematisch sei auch die Klausel, wonach Schenkungen «rückwirkend ab 2012» steuerlich erfasst werden sollen. Der Bundesrat, der die Initiative ablehnt, befand jedoch aufgrund der bisherigen Praxis, diese Einwände reichten nicht, um die Initiative ungültig zu erklären. «Wir haben das rechtlich klar beurteilt», bekräftigte gestern Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf.
Bei der rechtlichen Beurteilung von Initiativen galt bisher das politische Prinzip «In dubio pro Popolo» (im Zweifelsfall soll das Volk entscheiden). Nachdem dieses Volk aber einige Initiativen angenommen hat, die im Konflikt mit übergeordnetem Völkerrecht oder bisherigem Verfassungsrecht stehen, wankt dieses Prinzip. Es wäre besser, Initiativen vorher vertieft zu prüfen als im Nachhinein festzustellen, dass sie sich nicht umsetzen lassen, befanden in der gestrigen Debatte mehrere Ratsmitglieder. «Jede Initiative, die wir einfach durchwinken, schafft Präjudizien», warnte Verena Diener.
Dieses Argument dürfte einige bewogen haben, der Rückweisung zuzustimmen, um die Praxis bei der Beurteilung von Volksinitiativen generell zu überprüfen. Doch die rechtlich kaum anfechtbare Erbschaftssteuer-Initiative ist dazu das falsche Objekt. Mit deren Rückweisung schlug der Ständerat somit den Sack, meinte aber den Esel, nämlich die tatsächlich anfechtbare Durchsetzungsinitiative, mit der die SVP ihre Ausschaffungsinitiative umsetzen will.
Taktischer Entscheid
Diese rechtlichen und politischen Argumente prägten die gestrige Debatte im Ständerat. Doch der klare Entscheid, die Vorlage zurückzuweisen und damit die Volksabstimmung hinauszuschieben bis hinter die nächsten Parlamentswahlen, dürfte vor allem auf folgenden taktischen Motiven beruhen:
- Linke Befürworter der Initiative befürchten, das Volk werde nach dem klaren Nein zur 1:12- und zur Mindestlohn-Initiative auch die Erbschaftssteuer-Initiative klar ablehnen. Diesen Misserfolg möchten sie nicht schon vor den nächsten Wahlen riskieren.
- Bürgerliche Gegner der Initiative möchten ihren Wahlkampf nicht mit einer Kampagne belasten, die sich gegen eine Erbschaftssteuer und damit eine gerechtere Verteilung der Vermögen in der Schweiz richtet.
Das Abstimmungsverhalten gestern im Ständerat erhärtet diese Einschätzung. Denn sowohl die linken und grünen als auch bürgerlichen Ratsmitglieder stimmten mehrheitlich für Rückweisung oder enthielten sich der Stimme – und spielten damit auf Zeit. Eine Minderheit von 14 (bürgerlichen) Ratsmitgliedern und Initiativgegnern hingegen lehnte die Rückweisung ab mit dem Argument, man solle frühzeitig abstimmen, um schnell «Rechtssicherheit» in dieser Steuerfrage zu schaffen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Unheilige Allianz!
Etwas mehr Optimismus würde der Linken nicht schaden. Nach meiner Einschätzung ist die Initiative mit einer guten Kampagne mehrheitsfähig und könnte sich dementsprechend (aus linker Sicht) auch positiv auf die Wahlen auswirken.
Die Erbschaftssteuer betrachte ich als Diebstahl der Politiker die grundsätzlich nicht mit Geld umgehen können. Ganz besonders die Linken, aber nicht nur sie, sind Meister im Ausgeben von Geld der Anderen. Was ich im Verlaufe des Lebens erspart habe wurde zuerst als Einkommen und dann noch als Vermögen besteuert. Und wie sollen KMUs, das Rückgrat unserer Wirtschaft, in der nächsten Generation weitergeführt werden, wenn zuerst Liquidität für Erbschaftssteuern nötig wird? Und wie stellt man sich die Lösung vor wenn ein Erbe die Firma weiterführen will aber weitere Erben auszahlen muss? Die Initianten und Befürworten haben keine Ahnung was bei KMU’s möglich oder eben nicht möglich ist um ihre Weiterführung sicher zu stellen. Für Manager der grossen Unternehmen ist das kein Problem, diese Firmen werden von Erbschaftssteuern nicht betroffen. Aber vielleicht will man nur noch grosse Unternehmen. Die wechseln dann den Standort und verkaufen oder liquidieren Unternehmungsteile. Ein Blick in die Wirtschaftsmedien genügt.
Und Gesetze rückwirkend in Kraft setzen ist ein weiterer Schritt in der gewollten Verluderung unseres Rechtsstaates und unserer Gesellschaft.
habe ist bereits