Kommentar
Warum die Öko-Steuerreform ein Papiertiger bleibt
»Als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet.» Mit diesem Zitat beschrieb der ehemalige Urner Ständerat Hansruedi Stadler vor Jahren schon die globale Klimapolitik, die von starken Ankündigungen und schwachen Resultaten geprägt war (und ist). Ein ähnliches Schicksal steht der ökologischen Steuerreform bevor, die Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf vor einem halben Jahr ankündigte. Ihr Plan liess grüne Befürworter und wirtschaftsnahe Gegner einen Sommer lang rhetorisch tanzen.
Jetzt, im Spätherbst, hat der Bundesrat den kühnen Plan zu einem blossen Prüfungsauftrag zurück gestutzt – und damit auf die lange Bank geschoben. Als ob es beim uralten Konzept einer ökologischen Steuerreform, die auf einer Lenkungsabgabe auf Energie basiert, noch etwas zu prüfen gäbe. Denn schon in den 1990er-Jahren sind unzählige Studien zu Öko-Steuern publiziert worden. 1999 fand eine – allerdings bescheidene – Energie-Lenkungsabgabe sogar die Mehrheit des Parlamentes. Darauf brachten Wirtschaftsverbände, Freisinn und SVP (die Lenkungsabgaben «im Prinzip» befürworteten, im konkreten Fall aber stets bekämpften) die Vorlage in der Volksabstimmung zu Fall.
Die Energiewende, die es jetzt braucht, damit sich die Schweiz vom Atomstrom befreien kann, müsste der Öko-Steuerreform politisch neuen Auftrieb geben. Ein taugliches Modell dazu ist im Kleinformat vorhanden und erprobt: Die CO2-Abgabe auf fossilen Brennstoffen liesse erhöhen und zur umfassenden Energieabgabe ausweiten, der Ertrag wie bisher pro Kopf und Arbeitsplatz zurück verteilen.
Doch Widmer-Schlumpf ist drauf und dran, die Chance zu vergeigen. Denn sie will die Lenkungsabgabe auf der Energie mit der Senkung von andern Steuern verknüpfen. Diese Kompensation bietet – über die bisherige Opposition gegen Lenkungsabgaben hinaus – zusätzliche Angriffsfläche. Denn über die die Frage, welche Steuern gesenkt werden soll, lässt sich streiten. Widmer-Schlumpf riskiert damit, dass die ökologische Steuerreform ewig ein Papiertiger bleibt. Und der eignet sich nicht einmal als Bettvorleger.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine