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Jacqueline Badran und Gerhard Pfister wollen eine Mediendebatte über den Kern der Probleme. © badran/pfister (c)

Vor dem Ende der alten Medien

Robert Ruoff /  Jacqueline Badran (SP) und Gerhard Pfister (CVP) glauben nicht an die Zukunft der Qualitätsmedien unter den heutigen Bedingungen.

«In 20 Jahren gibt es keine SRG mehr», sagt CVP-Präsident Gerhard Pfister gleich am Anfang unseres Gesprächs, und er wiederholt es ein paar Tage später bei der Service-public-Konferenz der Verleger. Er ist überzeugt, dass in der Schweizer Mediendebatte die wirklich fundamentalen Fragen nicht gestellt werden, denn die technologische Entwicklung wird ganz ohne unser Zutun die Medienlandschaft umpflügen.

Das Ende des Journalismus

Vielleicht, so Pfister, gibt es in 20 Jahren auch keinen Journalismus mehr, wie wir ihn heute kennen. Denn im Internet kann jede und jeder in Echtzeit, hier und jetzt, Informationen bereitstellen und liefern. So gesehen ist auch das Einschiessen der Verleger auf die SRG ein Verhalten aus vergangener Zeit.
Die wirklich fundamentalen Fragen sind:
• Ist denn der Service public-Auftrag noch zeitgemäss?
• Wird in der Diskussion und in der Lösungssuche die technische Entwicklung überhaupt abgebildet?
• Ist ein Service public, finanziert durch Zwangsgebühren, überhaupt noch sinnvoll, oder können das nicht teilweise, aber stärker als heute Private (mit Leistungsauftrag) machen?

Zu klären wäre also, wie sich die Technologie entwickelt, wie sich die Konsumentengewohnheiten verändern, und wie sich durch das Internet die Arbeit von Journalisten revolutioniert. Sind denn die klassischen journalistischen Standards noch zu halten in einer Zeit, in der die Echtzeit-Berichterstattung zum Normalfall wird? Wie sieht es aus mit der Filterung, der Überprüfung und der Einordnung von Informationen in einer Epoche, in der die Tageszeitungen verschwinden?

Der Tod der Zeitungen

«Die Qualitätszeitungen sterben einen langsamen Tod», sagt SP-Nationalrätin Jacqueline Badran. «Und daran ist nicht die SRG schuld; das ist eine weltweite Entwicklung.» Prestige-Zeitungen wie der britische «Guardian» und die «New York Times» melden regelmässig Sparprogramme in Millionenhöhe. Die Presse in der Schweiz ist im Wesentlichen in der Hand von fünf Verlagen, und diese Verlagshäuser betreiben strukturelle Gleichschaltung, das heisst: sie bringen in mehreren Blättern mit unterschiedlichen Namen die gleichen Inhalte. Und trotz dieser Pressekonzentration gleichen die Sparmassnahmen die Einnahmeverluste nicht aus.

«Es ist keine Frage von links oder rechts», sagt Badran. «Wir brauchen die NZZ und die WoZ und die AZ Nordwestschweiz und Le Matin und Le Temps, denn die vierte Gewalt ist entscheidend wichtig für die direkte Demokratie.» Auch der private Service public – Qualitätsjournalismus in Zeitungen, TV und Radio muss gesichert werden. Schon heute, sagt Badran, ist die SRG der Garant der Vielfalt, weil sie in vielen Regionen die einzige Monopolbrecherin sei. Das ist für sich allein kein gutes Modell, doch Qualitätsjournalismus lässt sich offenkundig in der Schweiz nicht mehr kommerziell finanzieren. Aber es braucht die privaten wie die öffentlichen Medien als vierte Gewalt, die die Mächtigen in Politik, Wirtschaft und Kultur, in Kirche und Staat, kritisch begleitet, vielfältig kommentiert und für die direkte Demokratie Aufgaben und Lösungen zur Debatte stellt. Und weil das aus den Abonnenten- und Werbeeinnahmen offenkundig nicht mehr finanzierbar ist, muss über eine öffentliche Finanzierung der Medien von Lokal-Radio und -Fernsehen bis hin zur Presse nachgedacht werden.

Die Lösungsansätze von Badran und Pfister liegen offenkundig weit auseinander. Wahrscheinlich sind sie sogar gegensätzlich. Aber sie enthalten einen gemeinsamen Aufruf: Die Mediendebatte in der Schweiz muss sich endlich aus dem interessengebundenen Schlagabtausch lösen und den wirklich fundamentalen Fragen zuwenden.

(Dieser Text ist am 15. September in der AZ Nordwestschweiz erschienen.)


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Keine.

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12 Meinungen

  • am 19.09.2016 um 13:44 Uhr
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    Lieber Robert,
    ich glaube auch nicht an das Überleben der Qualitätsmedien – leider. Ohne ein klares Votum der Politik zugunsten des Qualitätsjournalismus, gepaart mit finanzieller Unterstützung, werden diese Medien inklusive SRG nicht überleben. Ich kann den politischen Willen zur notwendigen Unterstützung nicht erkennen.
    Walter Hugentobler

  • am 19.09.2016 um 14:21 Uhr
    Permalink

    Es ist nicht der erste Abgesang auf die alten Medien, und er wird auch nicht der letzte sein. Zwar sind im Beitrag ein paar gute, nachvollziehbare Argumente zu finden, aber trotzdem kann ich den Abgesang nur teilweise unterstützen, weil ihm an Aussichten fehlt. Neu sind die aufgeführten Argumente nun auch nicht, denn die Veränderungen in der Medienlandschaft gibt es schon sehr lange. Mit dem Internet nimmt der Sterbensdruck noch zu. Und die Medienkonzentration ist nicht zuletzt eine »Sterbehilfe« durch konzentrationswillige Verlage.

    Wenn ich über das Mediensterben lese, dann kommt mir gleichzeitig in den Sinn, was denn danach folgt. Andere Formate im Sende- und Printbereich? Vielleicht. Über die elektronische Medien? Vielleicht. Gefragt ist ein Ideenreichtum, der Bewährtes grundsätzlich infrage stellt, der ohne Denkverbote auskommt. In welcher äußeren Form Informationen zu mir kommen, ist mit ziemlich gleichgültig. Als Konsument interessiere ich mich wenig für teure Druckzentren oder Sendeanstalten. Ich will gute Informationen inklusive Hintergründe, auf die ich mich einigermaßen verlassen kann, will einen flotten Schreib- oder Sprachstil, der mich anspricht. Ich will einen Qualitätsjournalismus, der wirklich aus Qualität besteht und nicht nur dieses Etikett besitzt. Und ich will Ehrlichkeit und keine verklausulierten Ideologien. Alles lässt zurzeit sehr zu wünschen übrig. Was schrieb Kurt Tucholsky 1931? »Wir leben in einer merkwürdigen Zeitung« – recht hat er!

  • am 19.09.2016 um 14:56 Uhr
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    "Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet. Von den Tatsachen, die ihnen missfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern, wenn er sie zu verführen vermag. Wer sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stets ihr Opfer."

    Gustave Le Bon (Psychologie der Massen)

    Es stellt sich also die Frage: Was ist ein «Qualitätsmedium"? Denn je größer das Publikum werden soll, damit das «Qualitätsmedium» seine Rechnungen bezahlen kann, desto weiter muss von der Wahrheit abgewichen werden, um das – bis heute religiös verblendete – Publikum zu halten!

    http://opium-des-volkes.blogspot.de/2013/11/einfuhrung-in-die-wahrheit.html

  • am 19.09.2016 um 15:11 Uhr
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    Zu den drei «fundamentalen» Fragen des Bildungsfachmanns Pfister:
    1. Was denn sonst, wenn nicht der Service public, angesichts der kaum mehr zu durchdringenden Informationsmasse.
    2. Natürlich, ist u.a. eine Aufgabe und ein Beitrag des Service Public.
    3. Der Leistungsauftrag ist bei Privaten und im Markt schlecht aufgehoben, weil letzterer am Ende das Primat über den Leistungsauftrag gewinnt.

  • am 19.09.2016 um 17:45 Uhr
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    "Alte Medien» und «Qualitätsjournalismus», welche Qualität da im Untergang ist, darüber kann man sich streiten. Vermutlich wurde nirgendwo mehr verdreht und gelogen als in den «Qualitätsmedien», NZZ und New York Times inklusive, siehe https://youtu.be/0M3VEK3MKKk
    Es wird wohl nicht besser, aber vielleicht ehrlicher?

  • am 19.09.2016 um 21:20 Uhr
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    Zu diesem Thema Empfehle ich das Buch des jungen Soziologen und ex-FAZ Journalisten Stefan Schulz «Redaktionsschluss: Die Zeit nach der Zeitung"

    Oder auch das Interview mit demselben:
    https://youtu.be/NqbMhzWtRQc

    Nebenbei: Gerade in einer (direkten)Demokratie erscheint mir ein möglichst breiter, sachlicher Journalismus unabdingbar. Und gerade im Internetzeitalter wäre ein durch die Offensichtlichkeit gestützes Medium, dass frei von Konzerninteressen die tägliche Infoflut einsortiert; sehr begrüssenswert. Ansonsten bestimmen zunehmend Konzerne wie Google, Facebook wer/was medial konsumieren soll.

    Bleibt zu hoffen, dass die verantwortlichen Politiker bei diesem Thema primär (bis ausschließlich) auf den Zweck, im Sinne der Bevölkerung, denkt. Wirtschaftliche Erwägungen, Interessen hinten anstellen. Denn wirtschaftlich interessierte Kreise wissen sich immerzu zu behaupten, einzubringen.

  • am 20.09.2016 um 13:01 Uhr
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    Es scheint mir überdeutlich, dass die etablierten Qualitätsmedien Ihre Brands verzweifelt melken, um die gewohnten satten Gewinne weiterhin einzufahren. Die Qualität leidet sichtlich unter der Gier und der Herausforderung. Auf der andern Seite entstehen viele, neue Medien, infosperber inklusive, die eine ungesehene Unabhängigkeit und Qualität bringen, ohne sich der entfesselten Macht der Werbegeldflüsse zu stark zu beugen. Ich kann durchaus positives in dieser «Krise» erkennen. Lassen wir die neuen, zarten Medien-Pflänzchen gedeihen.

  • am 20.09.2016 um 13:15 Uhr
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    @Jacqueline Badran: Eines Deiner Erfolgsrezepte ist, ein System zu verstehen, indem Du die Geldflüsse analysierst. Mach doch das einmal bei den bestehenden Qualitätsmedien. Bin sehr gespannt, Deine Analyse zu lesen.

    Warum trennen wir zum Beispiel die Werbeeinnahmen der SRG und die SRG Programm nicht?
    Die SRG bekommt ein globales, klar definiertes Budget aus dem Gebührentop mit Leistungsauftrag. Die Werbung und das Sponsoring auf den SRG Medien wird von Privaten vermarktet. Die Vermarktung wird ausgeschrieben und dem Bieter mit den besten Konditionen für 3 Jahre übertragen. Die Erlöse fliessen nicht direkt zur SRG, nicht on top, sondern sind als Anteil der Finanzierung zu betrachten.
    Die Unabhängigkeit der SRG wäre endlich wieder hergestellt und die Privaten wären wohl ebenfalls zu frieden. Sinnvoll könnten auch wieder vermehrt private Fenster auf den SRG Kanälen sein. Gerade im Bereich Unterhaltung, Jugend, … Warum nicht Joiz als unabhängiges Fenster auf der SRG?

  • am 20.09.2016 um 22:51 Uhr
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    Journalismus ist nicht einfach das Bereitstellen und Liefern von Informationen in Echtzeit, wie Gerhard Pfister meint. Wenn ein Parteipräsident einer staatstragenden Partei eine so undifferenzierte Sichtweise vertritt, darf man getrost folgern, dass er wohl meint, dass es in 20 Jahren die Demokratie, wie wir sie heute noch kennen, auch nicht mehr gibt. In Echtzeit kann dann mit dem Like-Button die für demokratische Entscheidungsprozesse notwendige Meinungsbildung geformt werden. Da denkt Jaqueline Badran doch differenzierter und sieht die Zusammenhänge mit unserem demokratischen System. Die wirklich fundamentalen Fragen sind jedoch: Welche Funktionen sollen die Medien in einem demokratischen System wahrnehmen und inwiefern sind diese Funktionen überlebenswichtig für das Funktionieren einer Demokratie? Ich befürchte, dass diese Fragen gar nicht mehr ernsthaft diskutiert werden können, weil in der heutigen Medienlandschaft die Schnelligkeit, die Skandalisierung und die Boulevardisierung aller Themen dominieren. Damit ist der Teppich für Pfisters Like-Button-Demokratie bereits bestens ausgelegt. Auch die sogenannten Qualitätsmedien haben sich diesen Like-Button schon zugelegt.

  • am 21.09.2016 um 01:05 Uhr
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    Was ist denn das für eine Diskussion? Es ist wohl klar, dass der Herr von Herrliberg versucht, das alte Medium NZZ zu kaufen. Dann kommen Leute wie Somm, Köppel, Mörgeli ans Ruder. Mir macht Angst, wie und was der Chefredaktor Gujer schreibt. Total rechtsradikal. Die NZZ bewegt sich eindeutig in Richtung rechts, nichts mehr von einem gesunden Liberalismus. Der die FDP in früheren Jahren auszeichnete. Nein: jetzt unterstützt Gujer sogar den Landdiebstahl der Israeli an den Palästinensern. Das darf nicht sein! Wenn wir das nicht mit allen Mitteln zu verhindern suchen, machen wir uns zu Schurken, die diese Länderklauerei sanktionieren.

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 21.09.2016 um 10:58 Uhr
    Permalink

    @Müller. Ihre Sorgen sollte man haben. Der alte Herr lebt nicht ewig und seine Bäume wachsen nicht in den Himmel, und den genannten feindlichen Publizisten fehlt es an wirklicher Stärke. «Gefährlich» wäre anders. Mein Problem als Gymnasiallehrer war, dass die NZZ für 80% der Maturanden und Maturandinnen bereits «zu hoch» ist. Auch das ist ein Problem der gegenwärtigen Schweiz. Die Zahl der Gebildeten wächst nicht exponenentiell mit den Bildungschancen.

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