Volksinitiative will die Macht der Banken brechen
Die sogenannte Vollgeld-Reform ist seit ein paar Jahren im Gespräch. Der Verein Monetäre Modernisierung (MoMo) trägt das Anliegen mit Auftritten und Veranstaltungen in die Öffentlichkeit (Infosperber berichtete darüber). Doch die Aktivitäten blieben bisher ohne breites Echo. Jetzt legt der Verein einen Zacken zu. Die Generalversammlung hat beschlossen, 2014 die Unterschriftensammlung für eine Volksinitiative zur Einführung der Vollgeldreform in der Schweiz zu starten.
Worum geht es? Die Nationalbank bringt das Bargeld in Umlauf. Doch es zirkuliert auch eine gigantische Geldmenge als elektronisches Buchgeld (Giralgeld). Es wird von den Geschäftsbanken geschaffen. Sie überschreiben den Kunden Kredite als Guthaben, die nicht durch reales Geld gedeckt sein müssen. Das Buchgeld bläht als Treibstoff im Kreislauf der monetären Ökonomie die Finanzwirtschaft auf. Gerät eine grosse Bank in Schieflage, muss sie mit Steuergeldern gerettet werden, wie das bei der UBS der Fall war. Die Verluste werden auf die Allgemeinheit abgewälzt, die Gewinne bleiben privat.
Geldwesen als Service Public
Mit der Vollgeld-Reform will der Verein MoMo das Geld und Währungswesen zum Service Public machen: Die Geschäftsbanken dürfen kein eigenes Geld mehr schöpfen, der Bund erhält das Geldmonopol nicht bloss beim Bargeld, sondern auch beim Buchgeld. Das Buchgeld wird damit zum vollwertigen gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt (Vollgeld).
Die Banken würden nicht verstaatlicht. Sie übernähmen weiterhin Kreditvergabe, Zahlungsverkehr und Kontoführungen. Die Konten würden ausserhalb der Bilanz geführt und von der Nationalbank garantiert. Ginge eine Bank bankrott, blieben die Kundengelder unangetastet. Die Nationalbank würde als Monetative zur vierten Gewalt im Staat aufgewertet – neben Exekutive, Legislative und Judikative.
Dringend gesucht: Geld und Verbündete
Ein anspruchsvolles Unterfangen, das der Verein MoMo sich hier vornimmt. Das weiss MoMo-Präsident Hansruedi Weber. Der Entwurf eines Initiative-Textes liegt zwar vor (siehe Attachment). Aber was es nach dem Lancierungs-Beschluss nun in erster Linie braucht, sind Verbündete und Geld. Weber geht von einem Startkapital von 50’000 Franken aus. Bis zum Einreichen der Initiative rechnet er mit einem Budget von gegen einer halben Million Franken, wie er gegenüber Infosperber sagte.
Als Allianzpartner haben bisher die Jungen Grünen Unterstützung angekündigt. Weber würde gerne mit der SP zusammenspannen, aber er beisst bei der Partei auf Granit. Man sucht auch Kontakt zu NGOs. Unter anderem zu Attac. Im Nationalrat haben Geri Müller (Grüne, AG) und Lukas Reimann (SVP, SG) mit Interpellationen zur Geldreform den Bundesrat aus der Reserve zu locken versucht – ohne Erfolg. Der MoMo-Beirat aber kann sich mit renommierten Mitgliedern sehen lassen. Mit dabei sind unter anderen: Die emeritierten St. Galler Professoren Philippe Mastronardi (Jurist) und Peter Ulrich (Ethiker) sowie Peter Hablützel, Ex-Personalchef des Bundes und SP-Mitglied.
Prominenz garantiert noch keine Unterschriften
Nur: Mit prominenten Namen ist noch keine einzige Unterschrift beschafft, denn sammeln heissst knochenharte Überzeugungsarbeit: Stassenaktionen, Marketing, Medienpräsenz sind entscheidend. Auf den ersten Blick ähnlich exotisch und sperrig wie die Vollgeld-Initiative ist die Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen, für die seit April 2012 Unterschriften gesammelt werden. Hansruedi Weber bestätigt, dass man mit den Initianten Kontakt habe, um von deren Erfahrungen zu profitieren.
Nützlich kann sicher auch sein, dass die Vollgeld-Bewegung nicht allein auf die Schweiz begrenzt ist, sondern sich international ausgebreitet hat. Namentlich in Grossbritannien wird sie unter dem Begriff Public Money energisch popularisiert. In 15 weiteren Ländern ist die Vollgeld-Bewegung ebenfalls aktiv. Die Schweiz allerdings könnte dank der direkten Demokratie mit ihren Volksbefragungen zum eigentlichen Modellfall werden.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Der Kapitalismus, wie er sich heute darstellt, ist die schlimmste Diktatur, weil sie sich alles unterordnet und in ihre Knechtschaft zwingt. Immer mehr Menschen werden auf irgendeine Art Opfer dieses Systems. Die globale Wirtschaft, die unter dem Zwang steht, wachsen zu müssen, ist die ideale Zubringerin.
Es hat da ein paar Banken, von denen man gar nicht so viel hört, die alles weltweit kontrollieren.
Meines Erachtens gibt es zwei Möglichkeiten diese «Sklaventreiberei» zu durchbrechen. Einerseits wir kämpfen dagegen an oder wir bilden eine Parallelgesellschaft, die diese Zwängerei immer weniger beanspruchen muss.
Beide im Artikel erwähnten Initiativen geben vor, angeblich grundlegende Probleme – bei der einen des heute stark mit der Arbeitswelt verknüpften Sozialstaats, bei der andern des mit dem Bankensystem verknüpften Geldschöpfungsmonopols der Nationalbank – auf einen Schlag ideal zu lösen. Die vorliegenden allzu offen formulierten und ungenauen Verfassungstexte zeigen aber, dass die Sache von den Intiantinnen und Initianten wenig durchdacht ist. Beide Ansätze zeigen einen Allmachtsanspruch und sind mir entsprechend zu missionarisch. Gewachsene komplexe Systeme können nicht einfach mit ein paar Verfassungssätzen umgekrempelt werden. Da sind die Risiken zu gross. Und einfach für eine nur vielleicht interessante Diskussion zu provozieren sind mir die Volksrechte zu schade.