Islam

Die SVP besetzt das Thema Islamismus. Die Forderungen der Partei sind unbrauchbar. © pixabay

SVP: Mit Islamismus zum Wahlsieg?

Tobias Tscherrig /  Die SVP will die Debatte über den radikalen Islam dominieren. Ihre Forderungen taugen nicht viel – ausser zum Wahlkampf.

Die nächsten nationalen Wahlen finden im Jahr 2019 statt, der Kampf um die Gunst der Wähler hat aber bereits am 28. Oktober 2017 begonnen. An diesem Tag trafen sich die Delegierten der Schweizerischen Volkspartei (SVP) zur Delegiertenversammlung.

Die SVP muss ihre Spitzenposition verteidigen, ihr Vorsprung auf die anderen Parteien ist kleiner geworden. An der Delegiertenversammlung zeigte die Partei, auf welches Pferd sie dabei setzt: Sie stellte den gesamten Tag unter den Titel «Radikaler Islam in der Schweiz: was ist zu tun?» und verabschiedete den Forderungskatalog «Null Toleranz gegenüber dem radikalen Islam». Die Strategie ist klar: In Deutschland und Österreich hatte sich die Thematik als entscheidend für den Wahlerfolg erwiesen. Die SVP will nachziehen.

Rundumschlag statt echte Lösungen
Der Forderungskatalog der SVP taugt nicht viel – ausser zum Stimmenfang. Die Forderungen gleichen einem willkürlich zusammengestellten Sammelsurium an radikalen Rundumschlägen, die weder gründlich durchdacht, noch auf ihre Tauglichkeit hin überprüft wurden. Mit einigen der Forderungen stellt die SVP gar den Rechtsstaat und die Demokratie in Frage – statt sie zu verteidigen.

Die SVP-Delegierten hielten es nicht einmal für nötig, den «radikalen Islam» zu definieren. Stattdessen vermischt die Partei sorglos die Begriffe und spricht wahlweise vom «radikalen Islam», vom «Islam», von «Islamisten» und von «Muslimen». Es scheint, als wisse die Partei nicht genau, wer denn jetzt eigentlich der Feind ist. Am Besten alles zusammen.

Hier einige der SVP-Forderungen – ergänzt mit Entgegnungen:

  • «Eine öffentliche-rechtliche Anerkennung des Islams kommt nicht in Frage»
  • Entgegnung: Eine Anerkennung des Islams hat nichts mit Islamismus zu tun. Ausser, dass dabei Gleichheit geschaffen würde, was den Radikalen Wind aus den Segeln nehmen könnte. In der Schweiz regeln die Kantone das Verhältnis zwischen den Religionsgemeinschaften und dem Staat. Es existieren also 26 verschiedene Ausprägungen dieses Verhältnisses. Die einfachste Lösung: Kirche und Staat trennen, alle Glaubensrichtungen verlieren ihre Privilegien und sind gleichgestellt.

  • «Eine staatliche Ausbildung von Imamen kommt nicht in Frage.»
  • Entgegnung: Eine staatliche Ausbildung führt zu mehr Kontrolle. Ausgebildete Imame würden die Landessprache beherrschen und wären mit den kulturellen Hintergründen der Schweiz vertraut. Die Gefahr von Radikalisierungen in Moscheen sinkt. Die Forderung der SVP ist kontraproduktiv. Zudem lassen Landeskirchen und Synagogen schon seit langem nur Prediger zu, die ein abgeschlossenes Theologiestudium vorweisen können. Was spricht dagegen?

  • «Wer sich nicht an unsere Rechtsordnung hält, hat das Land zu verlassen.»
  • Entgegnung: Auch Ladendiebe oder harmlose Kiffer halten sich nicht an unsere Rechtsordnung. Will die SVP auch sie ausweisen? Die Forderung der SVP ist aufgrund ihrer allgemeinen Formulierung unbrauchbar und folglich reiner Wahlkampfsport. Zudem: Ausweisen kann die Schweiz nur Ausländerinnen und Ausländer – falls ihr Ursprungsland sie aufnimmt.

  • «In Moscheen ist in einer der Landessprachen zu predigen.»
  • Entgegnung: Wenn es der SVP damit ernst ist, müsste sie eine staatliche Ausbildung von Imamen befürworten. Zudem müsste die Forderung für alle Religionen gelten. So dürften etwa die Piusbrüder, denen die SVP beispielsweise im Wallis nahesteht, die Messen nicht mehr in Latein abhalten.

  • «Moscheen und andere islamische Institutionen, welche den radikalen Islam verbreiten, sind sofort zu schliessen, respektive zu verbieten.»
  • Entgegnung: Viele der Gelder, mit denen die Radikalisierung von Muslimen gefördert wird, stammen aus Saudi-Arabien. Konsequenterweise müsste sich die SVP politisch gegen Saudi-Arabien einsetzen. Trotzdem scheint sie kein Problem damit zu haben, dass Regimes, die den Islam politisch missbrauchen, mit Schweizer Waffen beliefert werden. Als Beispiel: Der inzwischen verstorbene SVP-Nationalrat Bruno Zuppiger vertrat 2006 die «Bauer Associates Limited», die Schweizer Panzerfaust-Granaten im Wert von 100 Millionen Franken in die Vereinigten Arabischen Emirate verkaufen wollte.

    Im Jahr 2014 beschloss der Nationalrat, die Waffenexporte in Länder, in denen «Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzt werden», zu lockern. Die SVP sprach sich klar dafür aus. Davon profitiert: Saudi-Arabien.

  • «Die Strafrechtsnormen bezüglich Aufruf zu Hass und Gewalt sind gegenüber radikalen Muslimen konsequent durchzusetzen.»
  • Entgegnung: Sie müssen konsequenter durchgesetzt werden, allerdings nicht nur gegenüber radikalen Muslimen, sondern gegenüber allen in der Schweiz lebenden Menschen.

    Bezüglich Aufrufen zu Hass ist die SVP kein unbeschriebenes Blatt: Bereits in der Vergangenheit sind einige ihrer Mitglieder für derartige Vergehen verurteilt worden. So zum Beispiel SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor, der aufgrund eines Tweets wegen Rassendiskriminierung verurteilt worden war. Ex-SVP-Generalsekretär Martin Baltisser und seine Stellvertreterin Silvia Bär wurden aufgrund des Messerstecher-Inserats wegen Rassendiskriminierung verurteilt. Der Kristallnacht-Twitterer: verurteilt wegen Rassendiskriminierung. Die Liste ist noch länger.

    Will die SVP ihre Forderung konsequent umsetzen, müsste sie zudem aufhören, die Rassismus-Strafnorm zu torpedieren. Wiederholt versuchte die Partei, diese ersatzlos zu streichen. Auch die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus stand bereits mehrmals am SVP-Pranger. Im Klartext bedeutet das Vorgehen der SVP: Muslime sollen bezüglich Aufrufen zu Hass und Gewalt bestraft werden, die Anderen nicht.

  • «In den Kantonen sind die Polizeikorps zu stärken, gezielt auszubilden und aktiv für die Überwachung einzusetzen.»
  • Entgegnung: Seit September 2017 gilt in der Schweiz das neue Nachrichtendienstgesetz. Die Überwachungsmöglichkeiten des Nachrichtendienst des Bundes (NDB) wurden massiv ausgebaut. Dies vor allem im Hinblick auf die Terrorbekämpfung. Zudem laufen in der Schweiz drei Projekte zur Bekämpfung des Terrors. Unter anderem sollen auch Polizei und Justiz mehr Handlungsspielraum erhalten.

    Ausserdem zeigen viele internationale Beispiele, dass Islamismus nicht nur mit repressiven Massnahmen bekämpft werden kann. Die SVP unterschlägt das, in ihrem Forderungskatalog fehlen Forderungen zu «weichen Massnahmen» wie etwa zur Prävention und Aufklärung völlig.

  • «Sämtliche Jihad-Reisende, die in die Schweiz zurückkehren oder bereits zurückgekehrt sind, müssen sofort in Sicherheitshaft genommen werden.»
  • Entgegnung: Ein kurzsichtiger Ansatz. Treffend zusammengefasst von der ETH Zürich: «Die Kriminalisierung von Dschihad-Rückkehrern erscheint auf den ersten Blick konsequent, nachvollziehbar und erfolgversprechend. Es hat sich aber gezeigt, dass es oft schwierig ist, im Konfliktgebiet begangene Straftaten in einer Qualität nachzuweisen, die den Standards der Strafprozessordnung genügen. Auch wenn sich ein Rückkehrer nachweislich strafbar gemacht hat, lässt sich die potenzielle Gefahr durch Untersuchungs- und Gefängnishaft zwar kurz- bis mittelfristig bannen, langfristig aber nicht unbedingt aus der Welt schaffen. Unter Umständen verschlimmert sich das Problem sogar, etwa, wenn bereits radikalisierte Individuen in der Haft militanter werden und/oder andere Mithäftlinge radikalisieren.» Im Übrigen hat die Bundesanwaltschaft in der Vergangenheit mehrere Dschihad-Rückkehrer verhaftet.

  • «Der Nachrichtendienst hat alle potentiell radikalen Muslime aktiv zu beobachten.»
  • Entgegnung: Die Kompetenzen des Nachrichtendienstes wurden bereits massiv ausgebaut. Nun gilt es, die neuen Möglichkeiten einzusetzen und dann die Resultate auszuwerten. Im Übrigen zeigen internationale Beispiele, dass mit schärferen Gesetzen und einem Ausbau des Sicherheitsapparats nicht automatisch auch die Erfolgsquote bei der Terrorbekämpfung steigt.

  • «Jegliche finanzielle Förderung des Islams in der Schweiz durch muslimische Staaten, andere Regierungen, ausländische Organisationen oder ausländische Einzelpersonen ist konsequent zu unterbinden.»
  • Entgegnung: Islam? Will die SVP auch die finanzielle Unterstützung aus der Schweiz für christliche Missionen und Hilfswerke verbieten? Die SVP setzt den Islam mit dem radikalen Islamismus gleich. Aber: Die Finanzströme müssen transparent gemacht werden – nicht nur beim «Islam», sondern bei allen Glaubensrichtungen. Die Öffentlichkeit muss wissen, wer wen finanziert – und warum. Das gilt auch für Parteien. Geht es um Parteispenden und Wahlkampffinanzierung bleibt die SVP wortkarg. Dieser Widerspruch folgt der Logik von «Wasser predigen und Wein trinken.»

  • «Das Datenschutzgesetz ist wo notwendig anzupassen.»
  • Entgegnung: Die Kompetenzen des Nachrichtendienstes wurden bereits massiv ausgebaut, der Datenschutz entsprechend aufgeweicht. Ein Überwachungsstaat führt nicht automatisch zu mehr Sicherheit. Der SVP ist die individuelle Freiheit offensichtlich nicht allzu viel wert.

  • «Der Asylmissbrauch muss gestoppt und Asylmissbraucher des Landes verwiesen werden.»
  • Entgegnung: Welche Tatbestände müssten erfüllt sein? Fakten? In einer freien Gesellschaft ist Missbrauch nie ganz zu vermeiden. Klare Fälle werden schon heute des Landes verwiesen. Die SVP tut so, als ob sie allein wäre im Bekämpfen von Missbrauch. Übrigens ist die aktuelle Asylstatistik rückläufig.

Als Wahlkampf-Thema nicht geeignet

Die SVP-Forderungen sind wohlfeil und billig. Viele der Forderungen wurden bereits umgesetzt oder sind nicht zweckmässig. Die SVP schwimmt auf der Anti-Islam-Welle und befeuert diese zusätzlich.

Mit den überzogenen, einseitigen und realitätsfremden Forderungen züchtet die SVP die Radikalisierung. Das hat System, denn so verstärkt sie die Probleme, von denen sie so gut lebt, gleich selbst.

Die anderen Parteien sind gefragt: Sie müssen aufwachen und dürfen das Thema Islamismus nicht der SVP überlassen. Griffige Lösungen sind gefragt. Kein populistisches Wahlkampf-Gebrabbel, das den Wählerinnen und Wählern das Gefühl geben soll, die SVP kämpfe an vorderster Front gegen Terroristen und Terroristen-Anschläge.


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Parteien und Politiker drängen in die Öffentlichkeit. Aber sie tun nicht immer, was sie sagen und versprechen.

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14 Meinungen

  • billo
    am 13.11.2017 um 13:01 Uhr
    Permalink

    Es hilft wenig, darzulegen, dass die Parolen von Rechtsaussen kein Problem lösen – aber diesen Rechten das Thema für deren Parolen zu überlassen. Die Linke hat es überall in Europa verpasst, überzeugende Antworten zu entwickeln für Probleme, die viele Menschen beschäftigen:
    – z.B. Arbeitslosigkeit: «Vollbeschäftigung» ist längst keine glaubwürdige Antwort mehr; die individuelle Existenzgrundlage muss endlich losgelöst davon gesichert werden, ob Unternehmer Arbeit für eine Person haben.
    – z.B. Terrorismus: Das «Toleranz»-Argument gegenüber Religionen macht Ängste nicht kleiner; es braucht klare Regeln fürs Zusammenleben und deren unnachgiebige Durchsetzung.
    – z.B. Krieg: Die europäische Sozialdemokratie machte vor einem Jahrhundert einen bis heute nicht wirklich korrigierten Kotau vor der kriegslüsternen Rechten; es fehlt bis heute ein klare Absage an jegliche Kriegsführung.
    – z.B. Klimawandel: Es fehlt eine überzeugende Vision zum Ausstieg aus der Vergiftung unserer Lebenswelt; gefragt sind eine grundsätzliche Beweislastumkehr (Verfahren werden erst zugelassen, wenn deren Unbedenklichkeit feststeht) und eine radikale Neuorientierung von Forschung und Entwicklung.

  • am 13.11.2017 um 13:26 Uhr
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    Zum einen ist «Wer den Wind säht» von Michael Lüders, eine empfehlenswerte Lektüre.

    Zum anderen, Grundlage des Erfolges der AfD, war die Fokussierung der deutschen Medien auf die Flüchtlingsthematik. Morgens, Mittags und Abends Flüchtlinge.

    Damit sind allen anderen Probleme unter den Teppich gekehrt worden.
    Ich fragte in Foren welche Konzepte die AfD bei folgenden Themen hat
    1. Stark zunehmende Massenverarmung
    2. Stark zunehmende Kinderarmut
    3. Stark zunehmende Anzahl prekäre Jobs
    4. kollabierende Sozialsysteme
    5. Enteignung der Sparer
    6. Massenflucht aus Deutschland raus ( 1.5 Millionen Personen 2013/ 14 ), Tendenz stetig zunehmend
    6. sehr schlechtes Bildungssystem
    7. Schürung von Konflikten die Massenflüchtlingsströme erzeugen
    9. Beteiligung an Embargos die >>100.000 tote Kinder verursachen
    10. Sanktionen die der EU stark schaden
    11. wirtschaftsfeindliches neoliberales System
    12. Plutokratie
    13. grottenschlechte Massenmedien die sich sehr offensichtlich widersprechen
    14. staatlich organisiertes Verbrechen z.B. GEZ Gebühren für Personen die kein TV und Radio besitzen
    15. Waffenlieferungen an Extremisten Regime wie Saudi Arabien und Katar
    16. Klimawandel
    17. Keinerlei Konzept für die Integration von Flüchtlingen die nach D eingewandert sind
    18. ca. 3.000 Milliarden Euro fauler Kredite in der EU, für die hauptsächlich der deutsche Steuerzahler bürgt

    Da die bevölkerung bei diesen Themen, keine Antwort von den etablierten Parteien bekam, wählte viele die AfD.

  • am 13.11.2017 um 14:01 Uhr
    Permalink

    @Dieter Gabriel: Danke für den Hinweis auf Michael Lüders.

    Meine Empfehlung zu Islamophoben wäre:

    Islamfeindlichkeit: Wenn die Grenzen der Kritik verschwimmen
    von Thorsten Gerald Schneiders (Editor)

    Zwar schon aus dem Jahr 2010 aber es gibt nichts neues unter der Sonne.
    Schon der Jubilar des Jahres, Luther war ein Meister des Juden- UND Muslimhasses (und ein Bauernfeind).
    Mit Antisemitismus kann man als Politiker gottseidank heute nicht mehr punkten!
    Bauern kann die SVP auch nicht als mordende Horden vorführen. Bleiben noch die Muslime.

    Das nach 500 Jahren Fortschritt. Traurig.

    MfG
    Werner T. Meyer

  • am 13.11.2017 um 14:25 Uhr
    Permalink

    Herr Meyer, siehe auch «Nie mehr Krieg"
    https://www.youtube.com/watch?v=RkKVukI01sc

    Für dieses Lied gab es massive Kritik von den deutsche Massenmedien.
    Der Miesmacher schadet der Rüstungsindustrie, die zu den exportstärksten der Welt zählt.

    Warum werden immer wieder Minderheiten gesucht, die angegriffen werden ?
    zig Beispiele belegten die System Theorie, äussere Feinde schweißen eine Gruppe zusammen. Das funktioniert in eine kleinen Gruppe bei der Arbeit, Klicke in einem Dorf oder Kleinstadt genauso wie in einem komplette Land.
    Der äussere Feind ist dann eine Minderheit, die sich weniger wehren kann oder ein Diktator wie Trump, Putin, Kim Jung Un oder Erdogan.
    Letzterer war lange unser Freund.
    Seit dem SOZ 2011/ 2012 ( Shanghai Organisation für zusammenarbeit )aber nicht mehr.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Shanghaier_Organisation_f%C3%BCr_Zusammenarbeit

    "Die Türkei stellte im Oktober 2011 einen offiziellen Antrag auf eine Dialogpartnerschaft, welcher am 7. Juni 2012 angenommen wurde.[19] Damit ist die Türkei das erste Land, das eine Dialogpartnerschaft mit der SOZ unterhält und gleichzeitig Mitglied der NATO ist. Im Westen wurde dieser Schritt kritisch aufgenommen, vor allem in Hinblick auf die Beitrittsverhandlungen mit der EU. In einem Interview bemerkte der türkische Ministerpräsident Erdoğan: «Dann sagen wir der EU auf Wiedersehen""

  • am 13.11.2017 um 14:34 Uhr
    Permalink

    Es ist nicht hilfreich, stets den schwammigen Unbegriff „Islamismus“ zu verwenden, um damit die Muslime in „gut“ und „böse“ zu unterteilen und zu behaupten, man sei ja gar nicht gegen den Islam, sondern nur gegen „Islamismus“. Eine Trennung von Kirche und Staat ist im Islam eigentlich gar nicht möglich, da es im Islam keine den christlichen Kirchen ähnliche Institution gibt.
    Die Durchsetzung solcher Forderungen, wie Predigten in einer bestimmten Sprache zu halten, würd zu einem totalitären Staat führen, in dem nicht die Religion vom Staat getrennt, sondern von ihm bevormundet und unterdrückt wird. Wo es im Islam keine den christlichen Kirchen vergleichbare Institution gibt, wäre es durchaus angebracht, wenn der Staat eine Ausbildung von Vorbetern und Religionslehrern anbieten würde.
    Zudem wollen sich die genannten Politiker die Definitionshoheit über den „radikalen“ Islam vorbehalten. Die Muslime dürfen nicht zu Haß und Gewalt aufrufen, aber die nichtmuslimischen Islamhasser läßt man nahezu ungehindert in Haßtiraden über die Muslime herfallen und zu extremer Gewalt gegen sie aufrufen. Was wäre das für eine Gerechtigkeit?! Erst einmal alle derartigen Haßpredigten und Gewaltaufrufe gegen den Islam und dessen Anhänger im Internet und anderen sozialen Medien abstelle, dann kann man die umgekehrte Forderung an die Muslime stellen, wobei ein Großteil solcher Predigten und Aufrufe von Muslimen nicht einmal gegen Nichtmuslime, sondern gegen andere Muslime gerichtet ist.

  • am 13.11.2017 um 14:44 Uhr
    Permalink

    Herr Bubenheim, warum lässt man nichtmuslimische Islamhasser nahezu ungehindert Haßtiraden zu ?

    Die Frage beantwortete ich zuvor.
    Äussere Feinde schweißen, das bröckelnde System zusammen.
    Nur so kann von den tatsächlichen Problemen abgelenkt werden.
    18 Punkte nannte ich weiter oben. Die Liste kann beliebig weiter geführt werden.

  • am 13.11.2017 um 15:17 Uhr
    Permalink

    Gute Argumentation, doch Fakten gehen der SVP am A…. vorbei. Hauptsache die Volksseele wird aufgewühlt und man kann die echten Probleme verdrängen (Umwelt, Wirtschaftskriminalität, Umverteilung von unten nach oben etc.).
    So funktioniert Populismus und zwar weltweit.
    Gesucht: wirksames Gegenmittel!

  • am 13.11.2017 um 15:58 Uhr
    Permalink

    H. Sigrist, sehr gut erkannt.
    Bevor ein Projekt, das zwingend erforderlich ist, für ein Gegenmittel startet, muss die Prinzipien der neoliberalen Propaganda verstanden werden.

    Das erklärt der Top Spezialist für Wahrnehmungspsychologie Professor Rainer Mausfeld u.a. im Interview mit Ken Jebsen.

    https://www.youtube.com/watch?v=OwRNpeWj5Cs

  • am 13.11.2017 um 17:10 Uhr
    Permalink

    Jedem einigermassen vernünftig denkenden Mensch ist die Absurdität der SVP-Forderungen klar. Wahrscheinlich sogar der Parteileitung selber. Vielen Dank Herr Tscherrig für die saubere Auflistung und die plausiblen Entgegnungen.
    Ich fürchte aber sehr, dass sich die Islamismus-Strategie sehr wohl im Wahlkampf auszahlen könnte: Leider verfingen ja schon schwarze Schafe, Minarettverbot, Messerstecher-Plakate usw bei unglaublich vielen Stimmbürgern und verhalfen der SVP zu ihrer heutigen Grösse. Also heisst offenbar die Strategie: Weiter so! Daran wird sich kaum etwas ändern. Gefragt sind nun aber in erster Linie die anderen Parteien wie die schwächelnde SP, die GP, die GLP und falls es der inzwischen doch stark nach rechts schielenden CVP möglich ist -sie wäre im Kreise der humaner Denkenden hoch willkommen.

  • am 13.11.2017 um 20:53 Uhr
    Permalink

    Die Strategie zusammengefasst: Man helfe mit, durch Waffenlieferungen einen «Feind» aufzubauen (IS, Al-Qaida, z.B. über Saudi-Arabien), um danach mit Pauken und Trompeten gegen ihn «anzukämpfen». Ein beinahe geschlossener Kreislauf, in den sehr viel Geld von aussen einfliesst. Im gleichen Setting inbegriffen sind lukrativste Geschäfte der «Global Players». Solange die nationale und internationale Wählerbasis sich von den aufgekauften Medien für dumm verkaufen lässt, klingeln die Kassen. Die SVP-Eliten freut’s bestimmt …

  • am 14.11.2017 um 11:56 Uhr
    Permalink

    Es hat für die SVP nicht wirklich etwas mit Islam oder Islamismus zu tun. Das ist nur der vorgeschobene Köder, um Wählerstimmen einzufangen. Das allerdings wissen die meisten Wähler nicht oder wollen es nicht wissen, denn hinterher macht die SVP meist rein wirtschaftlich interessierte Politik. Und die dient hauptsächlich denen, die eh schon reich sind. Wir haben einge ganze Reihe kleiner Trümpchen hier.
    Trotz der markigen Sprüche ist in den letzten 25 Jahren kein einziger Ausländer weniger in die Schweiz gekommen.

  • am 14.11.2017 um 12:57 Uhr
    Permalink

    Man kann anderen Parteien nicht vorschreiben, welche Themen sie für den Wahlkampf nehmen. Man kann sich nur fragen, warum sie damit so viel Erfolg haben. Und man sollte sich auch fragen, ob man selbst eventuell etwas falsch macht (denn nur da kann man Verbesserungen umsetzen).

    Tobias Tscherrig hat die wirksamsten Mittel gegen islamistischen Terrorismus schon genannt:
    Keine Waffen an Saudi-Arabien und ähnliche Regimes, und vor allem weniger Erdöl kaufen!

    Wer solche Mittel vorschlägt, bestätigt damit implizit, dass es durchaus Probleme mit einigen Formen des Islams gibt. Es wäre besser, dies nicht nur zwischen den Zeilen, sondern auch ausdrücklich so zu sagen.

    Wenn die Linken krampfhaft bestreiten, dass es irgend ein Problem im Zusammenhang mit einem radikalen Islam geben könnte, spielen sie das Spiel der SVP genau gemäss deren Wunsch mit und verhelfen ihr dadurch zum Erfolg.

  • am 14.11.2017 um 20:05 Uhr
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    Das Pochen auf ethischen und moralischen Prinzipien ist ein denkbar schlechtes Mittel gegen die offensichtlichen Unverschämtheiten der SVP, denn es macht brav und bindet Kreativität. Dass die SVP eine alte Brühe aufwärmt, deutet eigentlich darauf hin, dass ihr die Ideen ausgehen … Der Moment wäre also günstig: Gerade jetzt könnten ein bisschen frischer Wind und eine gehörige Prise gesunde Aggression und Frechheit links-grün nicht schaden.

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