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FDP-Nationalrat Ruedi Noser im Parlament © rn

Stromsparen: Dem Bundesrat die Leviten gelesen

Hanspeter Guggenbühl /  Setzt der Bundesrat um, was der Nationalrat von ihm will, kann die Schweiz den Strom von zwei Atommeilern locker einsparen.

Am Donnerstag hat der Nationalrat mehr als ein Dutzend Motionen und Postulate mit Massnahmen am den Bundesrat überwiesen, um die Abkehr von der Atomenergie zu vollziehen.

Kampf den Stromfressern

Die wirkungsvollste Forderung stammt nicht aus der grünen sondern der freisinnigen Küche: FDP-Mann Ruedi Noser beauftragt den Bundesrat per Motion, die «Effizienzstandards» für alle elektrischen Geräte und Anlagen bis 1. Januar 2012 in der Energieverordnung soweit zu verschärfen, dass sie dem «Stand der besten verfügbaren Technik» entsprechen. Dabei sollen «alle stromrelevanten Bereiche» erfasst werden – vom Haushaltgerät über die Wärmepumpe bis zur Strassenbeleuchtung. Der Nationalrat überwies diesen Vorstoss mit 120 gegen 50 Stimmen; dies gegen den Willen des Bundesrates, der bisher nur large Verbrauchsnormen für eine begrenzte Zahl von Geräten und Glühlampen vorschreibt und damit das Effizienzpotenzial bei weitem nicht ausschöpft. Neben Grünen, Linken und der CVP unterstützten auch die meisten Freisinnigen diese Motion ihres oft abtrünnigen Mitglides.
So leicht liesse sich die Stromproduktion von zwei AKWs einsparen
Wird Nosers Forderung buchstabengetreu umgesetzt, müsste die Schweiz den zulässigen Stromverbrauch von neuen Geräten und Anlagen ab 2012 massiv herabsetzen. Und das schenkt ein: Innerhalb von zehn bis fünfzehn Jahren liesse sich damit der jährliche Schweizer Stromverbrauch gemäss Berechnungen der Umweltorganisationen um sechs, laut Noser sogar um sieben Milliarden Kilowattstunden (kWh) senken. Diese Einsparung entspricht einem Anteil von rund zehn Prozent am heutigen Schweizer Stromverbrauch und ist grösser als die Jahres-Produktion der beiden alten AKW Mühleberg und Beznau I.
Bei Motionen handelt es sich um Aufträge an den Bundesrat; sie müssen von beiden Parlamentskammern unterstützt werden. Setzt der Bundesrat eine Motion mittels Gesetz oder Gesetzesrevision um, kommt das Geschäft später wieder vor das Parlament und allenfalls vors Volk. Bei diesem Prozedere kann vieles verwässert oder rückgängig gemacht werden. Beispiel: Der Widerstand gegen Nosers Forderung, nur noch Geräte und Anlagen mit bester Technik zuzulassen, wird wachsen, wenn es sich erweist, dass damit viele Stromfresser in der Schweiz nicht mehr zugelassen werden können.

Schranken beseitigen

Die Beschlüsse des Nationalrats signalisieren der Regierung, welche Massnahmen zur Umsetzung des Atomausstiegs sich politisch durchsetzen lassen und welche nicht. Der heutige Abschluss des Abstimmungs-Marathons markiert – neben den Vorschriften zur Senkung des Stromverbrauchs – folgende Tendenzen:

– Die Schranken gegen die Stromproduktion aus erneuerbarer Energie sollen fallen – was aus Sicht des Naturschutzes problematisch ist. So beschloss der Nationalrat unter anderem: Das «Ausbauziel» für die schon stark genutzte Schweizer Wasserkraft soll von zwei auf fünf Milliarden kWh Jahresproduktion erhöht werden. Die Verfahren zur Bewilligung von neuen Anlagen und Stromleitungen sind zu beschleunigen; in diese Richtung zielt auch die Aufhebung des Verbandsbeschwerde-Rechts. Der «Deckel» (Plafond) der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV), mit dem Strom aus Biomasse, Wind-, Wasser- und Solarkraft quersubventioniert wird, muss vollständig beseitigt werden, damit alle Projekte, die heute auf der Warteliste stehen, in den Genuss der KEV kommen. Nach der Motion von Brigitte Häberli (CVP) überwies der Rat gestern eine entsprechende Motion des grünliberalen Martin Bäumle.

Für Tarifanreize, gegen Abgaben

– Energietarife müssen zum Sparen anreizen. Konkret: Die heute degressiven sind durch progressive Stromtarife zu ersetzen, und die verbrauchsfördernden Mengenrabatte für Haushalte mit Elektroboilern oder Elektroheizungen abzuschaffen. Zwei entsprechende Vorstösse der BDP fanden im Nationalrat eine deutliche Mehrheit. Ausserdem will der Nationalrat bis 2025 alle Elektro- durch andere Heizungen ersetzen.

– Marktwirtschaftliche Instrumente wie Lenkungsabgaben und neue Förderabgaben haben weiterhin einen schweren Stand. So versenkte der Nationalrat die Motion der SP, die den Strom mit einer Lenkungsabgabe verteuern und den Ertrag mittels Verbilligung der Krankenkassenprämien an die Bevölkerung zurück erstatten will, mit 118 gegen 65 Stimmen. Ebenfalls chancenlos blieben die Forderungen von BDP und SP, den Atomstrom mit einer Abgabe von einem Rappen/kWh zu belasten, um mit dem Ertrag die Forschung zu fördern respektive einen Stromeffizienz-Fonds zu äufnen.

Damit sie wirken, müssen die nationalrätlichen Motionen auch im Ständerat eine Mehrheit finden; dieser wird voraussichtlich im Herbst darüber entscheiden. Basierend auf den parlamentarischen Aufträgen wird der Bundesrat gegen Ende 2012 ein Vorlage in die Vernehmlassung schicken. Was zeigt: Der Weg in die atomfreie Zukunft ist in der Schweiz noch lang und mit vielen Stolpersteinen gepflastert.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

SolaranlageBauernhof-1

Energiepolitik ohne neue Atomkraftwerke

Erstes, zweites und drittes Gebot: Der Stromverbrauch darf nicht weiter zunehmen.

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2 Meinungen

  • am 13.06.2011 um 11:48 Uhr
    Permalink

    Vor 4 Jahren habe ich mit BR Leuenberger wegen dem Standby Verbrauch der Settop Boxen (digitales Fernsehen) korrespondiert. Damals wimmelte er mich ab. Seit 1.1.2011 gibt es eine Richtlinie, die diesen Verbrauch auf unter 2 W senken will. Tatsache ist, meine Settopbox von Cablecom frisst immer noch etwa 25W! Das Gerät von CISCO könnte es mit weniger als 1 W machen aber Cablecom lässt sich Jahre Zeit für die Programmänderung! Ist ja egal wir Kunden bezahlen den Strom. Kann mir jemand sagen wie es bei der Box der Swisscom ist? (PS: Da ich automatische Aufzeichnungen programmiert habe, muss das Gerät für die Uhr im Standby bleiben)

  • am 19.06.2011 um 13:43 Uhr
    Permalink

    Seit wenigen Tagen «frisst» meine Settop Box weniger als 1W im Standby.
    Nur durch Nachfragen bei Cablecom habe ich von der neuen Firmware erfahren. Diese wurde erst vor kurzem herunter geladen. In den Einstellungen muss man die Energieinstellungen auf niedrig einstellen, sonst ist die neue Software wirkungslos.
    Warum macht Cablecom diese nicht publik? Warum stellt das Update die Einstellungen nicht schon auf niedrig?

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