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Das Pumpspeicherwerk Nant de Drance im Unterwallis: Kandidat für Subventionen © Nant de Drance

Stromlobby setzt ihre Interessen knallhart durch

Kurt Marti /  Die Energiekommission des Ständerats will die Stromkonzerne belohnen, ohne Rechenschaft von den Verantwortlichen zu verlangen.

Die ständerätliche Energiekommission Urek hat letzte Woche beschlossen, dass sie nur «Wasserkraftwerke in finanzieller Notlage» subventionieren will. Die überrissene Forderungen der Strombranche nach einer weitgehenden Subventionierung der bestehenden Wasserkraftwerke mit drei Milliarden Franken wies sie zurück. Damit verbannte selbst die stromfreundliche Energiekommission die generelle Behauptung der Strombranche von der unrentablen Wasserkraft ins Reich der Märchen. Die meisten Wasserkraftwerke produzieren nämlich zu tiefen Kosten und können zudem die Produktionskosten auf die gefangenen Kunden überwälzen.

Folglich lautet die zentrale Frage: Welche Wasserkraftwerke sind überhaupt finanziell gefährdet? Die Antwort gibt eine aktuelle ETH-Studie im Auftrag des Bundesamtes für Energie BFE: Gefährdet ist vor allem die Rentabilität der Pumpspeicherwerke, insbesondere der beiden neuen Pumpspeicherwerke Linth-Limmern im Kanton Glarus und Nant de Drance im Unterwallis, die ihren Betrieb Ende 2015 beziehungsweise ab 2017 aufnehmen. Insgesamt kosten die beiden Luftschlösser der Stromwirtschaft über vier Milliarden Franken.

Pumpspeicher-AKW-System ist kläglich untergegangen

Die Energiekommission des Ständerats schwieg sich letzte Woche darüber aus, was sie genau unter den notleidenden Wasserkraftwerken versteht. Bevor sie die Katze aus dem Sack lässt, will sich die Kommission noch absichern. Wie Recherchen von Infosperber ergaben, wurde auf Drängen der Strombranche die finanzielle Notlage der Pumpspeicherwerke und deren zukünftige Subventionierung in der Energiekommission diskutiert.

Das Geschäftsmodell der Pumpspeicherwerke ist eng mit dem Betrieb der Atomkraftwerke verquickt. Das einst lukrative Pumpspeicher-AKW-System ist im Strudel des europäischen Strommarkts kläglich untergegangen. Mit dem Bau der Pumpspeicherwerke sollte die Rentabilität der Atomkraftwerke aufgebessert werden, indem mit dem überschüssigen Atomstrom in der Nacht das Wasser in die Stauseen hochgepumpt und zu Spitzenzeiten über Mittag hochprofitabel Strom produziert wurde. Inzwischen liefern zur Mittagszeit die Solarkraftwerke in Europa Stromüberschüsse und sorgen zusammen mit der Stromschwemme aus Gas- und Kohlekraftwerken für einen erheblichen Preiszerfall.

Strom- und Kantonslobby in der Kommission

Keine Freude am Absturz des milliardenteuren Pumpspeicher-AKW-Systems haben die Kantone, denen die Stromkonzerne Alpiq und Axpo und folglich die Wasserkraftwerke sowie die Atomkraftwerke gehören. Zusätzlich verschärft wird die bedrohliche Lage durch die Milliardenverluste der Alpiq und der Axpo, insbesondere durch Fehlinvestitionen im Ausland. Rund sieben Milliarden Franken mussten die beiden Schweizer Stromriesen in den letzten vier Jahren insgesamt abschreiben.

Den Aktionärs-Kantonen drohen empfindliche finanzielle Konsequenzen. Insgesamt sind 16 Kantone über ihre Aktienbeteiligungen bei den Stromkonzernen an den beiden Pumpspeicherwerken Nant de Drance und Linth-Limmern beteiligt, nämlich Zürich, Aargau, beide Appenzell, St. Gallen, Thurgau, Schaffhausen, Glarus, Zug, Wallis, Waadt, Genf, Freiburg, Bern, Neuenburg und Basel-Stadt. Über die SBB-Beteiligung am Pumpspeicherwerk Nant de Drance ist auch der Bund dabei.

Das erklärt die politische Durchschlagskraft und Effizienz des Subventions-Lobbyings in der ständerätlichen Energiekommission: 9 der 13 Urek-Mitglieder stammen aus den 16 betroffenen Kantonen. Von den restlichen vier sitzen drei in den Verwaltungsräten der Stromkonzerne. Insgesamt 6 der 13 Mitglieder haben ein Verwaltungsrats-Mandat eines Stromkonzerns. Die eifrigen Kantons- und Stromlobbyisten versuchen logischerweise den finanziellen Schaden für ihre Kantone in Grenzen zu halten. Notfalls mit Subventionen, orchestriert vom Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE, vom Schweizerischen Wasserwirtschaftsverband SWV und von der Aktion für vernünftige Energiepolitik Schweiz AVES.

Strombarone geniessen Immunität

Die Nothilfe für die Wasserkraft ist nichts anderes als eine Nothilfe für die Stromkonzerne Alpiq und Axpo und bezweckt indirekt die Reduktion des finanziellen Risikos für die betroffenen Kantone. Jetzt sollen die Stromkundinnen und Stromkunden für die Fehlinvestitionen der Stromkonzerne blechen, ohne dass die Verantwortlichen des Milliardendebakels zur Rechenschaft gezogen werden, allen voran die üppig honorierten Strom-Manager und Verwaltungsräte.

Infosperber hat bereits im April eine unabhängige Untersuchung gefordert (Milliardenpleite der Stromer endlich untersuchen). Die Forderung verpuffte ins Leere. Die Strombarone geniessen politische Immunität. Ihre Interessen liegen den National- und Ständeräten offenbar näher als die Interessen der Stromkundinnen und Stromkunden. Auch die Schweizer Medien stehen schweigend Spalier.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Kurt Marti war früher Geschäftsleiter, Redaktor und Beirat der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES)

Zum Infosperber-Dossier:

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3 Meinungen

  • am 5.06.2015 um 11:52 Uhr
    Permalink

    "Die Strombarone geniessen politische Immunität."

    Wann endlich kommen zu diesem Thema die internen Machenschaften ans Tageslicht? Es ist ungeheuerlich, mit welcher Ignoranz sich die Politik hier aus der Affäre zu ziehen versucht.

  • am 5.06.2015 um 15:07 Uhr
    Permalink

    Wenn es Speicher braucht, dann wird der Markt diese Speicher wirtschaftlich machen. Dass Pumpsepicher je wirtschaftlich werden, ist nicht komplett ausgeschlossen, aber noch weniger ist es sicher. Niemand kann es vorhersagen. Neu zu bauende Pumpspeicher jetzt zu subventionieren ist jedenfalls grober Unfug. Schon gebaute Anlagen zu subventionieren ist ein Skandal. Nur in einem kaputten politischen System kommt so etwas überhaupt in Frage, besser gesagt in einem korrupten politischen System, wie unseren.

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