Schweiz: Staatlich verordnete Internet-Zensur läuft an
Die Freiheit des Internets existiert auch in der Schweiz nur auf dem Papier. Auf Empfehlung des Bundesamtes für Polizei (Fedpol) und der Melde- und Analysestelle (Melani) sperren Provider Internetseiten: Pro Monat seien 3000 bis 4000 Domains betroffen, sagte Swisscom-Mediensprecher Josef Huber gegenüber Schweizer Medien.
Diese Sperrungen auf freiwilliger Basis kamen bis zum 1. Juli 2019 nur bei Websites mit eindeutig strafbaren Inhalten zum Einsatz – etwa bei Kinderpornographie oder bei Internetseiten, hinter denen betrügerische Absichten wie Datendiebstahl oder Ähnliches ausgemacht werden. Bei Internetaktivisten stehen aber selbst diese Sperren in der Kritik – trotz der guten Absicht, Menschen vor strafbaren und verwerflichen Inhalten zu schützen. Schlichtweg deshalb, weil die Sperren mit einfachsten Mitteln umgangen werden können und deshalb nichts bringen. Und weil sie die Grundsätze des freien Internets und der Netzneutralität tangieren.
Novum in Schweizer Geschichte
Mit der – überraschend deutlichen – Annahme des Geldspielgesetzes hat sich die Schweiz erstmals Internetsperren verordnet. Nicht etwa, um die Userinnen und User vor kriminellen Machenschaften oder verwerflichen Inhalten zu schützen, sondern um die einheimische Glücksspielbranche vor der ausländischen Konkurrenz zu schützen. Protektionismus auf Kosten der Freiheit des Internets, ein Novum in der Schweizer Geschichte.
Seit dem Inkrafttreten des «Bundesgesetzes über Geldspiele» dürfen Online-Glücksspiele nur noch von Casinos mit Sitz in der Schweiz angeboten werden, die Schweizer Recht einhalten, einen Beitrag an das Gemeinwohl leisten und Massnahmen gegen Spielsucht und Betrug ergreifen. Fernmeldedienstanbieter wie zum Beispiel «Swisscom», «Sunrise» oder «UPC» sind nun verpflichtet, nicht bewilligte Spielangebote zu sperren.
Zensur-Infrastruktur ist online
Internetnutzer, die auf gesperrte Inhalte zugreifen wollen, werden auf eine entsprechende Informationsseite weitergeleitet, die über die Sperrung informiert. Wie «steigerlegal.ch» schreibt, ist diese «Stoppseite» bereits online. Neben dem Hinweis auf die mangelnde Gewähr «für eine sichere, transparente und sozialverträgliche Spielabwicklung» stehen Verlinkungen auf die bewilligten Angebote, deren «Erträge ganz oder grösstenteils der Allgemeinheit zugutekommen».
Die Aufschlüsselung, welche Einnahmen für die Allgemeinheit bestimmt sind, ist darin nicht enthalten. Sie steht im Gesetzestext: So sollen die Einnahmen der Grossspiele – ausgenommen sind zum Beispiel Geschicklichkeitsspiele – und die Reingewinne eines bestimmten Teils der Kleinspiele vollumfänglich für gemeinnützige Zwecke verwendet werden.
Es sind die Spiele, die von den Abgaben ausgenommen wurden, welche die einheimischen Glücksspielanbieter interessieren. Hier können sie weiterhin Geld verdienen – Geld, das sie nun nicht mehr mit der ausländischen Konkurrenz teilen müssen.
Sperren könnten leicht umgangen werden
Die interkantonale Lotterie- und Wettkommission (Comlot) sowie die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) führen jeweils eine Sperrliste, auf denen die Glücksspielanbieter, bei denen in der Schweiz nicht mehr gespielt werden kann, aufgeführt sind. Anbieter, die hier aufgeführt werden, müssen von den Providern gesperrt werden.
Als die ESBK den Providern Anfang Juni erklären wollte, wie die Sperrungen technisch umgesetzt werden sollen, blamierte sie sich bis auf die Knochen. Die angefügte .pdf-Datei enthielt keine Erklärungen, es handelte sich um eine leere Testversion. Inzwischen ist klar, dass die Netzsperren DNS-basiert erfolgen sollen – und damit von so ziemlich allen Internetnutzerinnen und -nutzern entsprechend leicht umgangen werden können.
Zwar gibt es auch gute Gründe, die Online-Glücksspielbranche zu regulieren und mafiösen Strukturen Geld abzugraben. Mit löchrigen Netzsperren wird das aber kaum funktionieren. Die Gegner von Zensur im Internet befürchten aber, dass die nun eingeführten Netzsperren erst der Anfang sein könnten und schon bald auf andere Bereiche und Branchen ausgeweitet werden.
Aggressive Kampagne der Befürworter
Die einheimische Casino-Lobby setzte im Vorfeld der Abstimmung über das Geldspielgesetz auf eine grosse – und schliesslich erfolgreiche – Werbekampagne, die vor allem durch Alarmismus auffiel. Die Befürworter behaupteten unter anderem, bei Ablehnung des Gesetzes würden Spielplätze verlottern, in Fussballvereinen Bälle zur Mangelware und Tierhäuser in Zoos geschlossen. Schlichtweg deshalb, weil das Geld der Spielerinnen und Spieler in der Schweiz nicht an die einheimische Glücksspielbranche, sondern zu ausländischen Casinos abfliessen würde und für die Allgemeinheit unweigerlich verloren sei.
Neben den einheimischen Casinos und Glücksspielanbietern gab es weitere Interessengruppen, die die inländischen Casinos vor der Konkurrenz im Ausland schützen wollten. Die Glücksspielbranche gibt einen beträchtlichen Teil ihrer Einträge an sie ab. Rund 270 Millionen Franken fliessen in die AHV. Kantone, Sportvereine, Kulturinstitutionen und soziale Projekte erhalten rund 600 Millionen Franken. Damit hatten verschiedene mächtige Organisationen ein Interesse daran, ausländische Glücksspielanbieter auszusperren.
Ein Interesse, das sie im Parlament vertraten. Die Sozialdemokratische Fraktion beschrieb das in einer Anfrage an den Bundesrat mit den Worten: «Vor und während der langen Debatten im Parlament wurden Interessengruppen aktiv wie selten zuvor.»
Gegner: 500’000 Franken von ausländischen Casinos
Die Gegner der Gesetzesvorlage formierten sich zu drei Referendumskomitees. Eines davon, das «Komitee gegen Internet-Zensur und digitale Abschottung» (Jungfreisinnige, Junge GLP und Junge SVP), scheute nicht davor zurück, sich von ausländischen Glücksspielanbietern mit einer halben Million Franken finanziell unterstützen zu lassen. Ein problematisches Engagement – vor allem weil das Komitee auf seiner Internetpräsenz direkt auf die Angebote der ausländischen Glücksspielanbieter verlinkte und sich damit dem Vorwurf der unerlaubten Werbung ausgesetzt sah.
Die Comlot eröffnete ein Dossier und prüfte die strafrechtliche Relevanz. Da das Komitee die Verlinkungen nach Beanstandung aber rasch entfernte, sah die Comlot schliesslich von rechtlichen Schritten ab.
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Kontrapunkt: Plädoyer vom 11.5.2018 des Musikwissenschafters, Publizisten und Filmemachers Mathias Knauer zugunsten des Geldspielgesetzes:
Ein Fall von Dummheit des Gescheitseins
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Weitere Infosperber-Artikel zur Thematik:
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Weil man Verbote umgehen kann, brauchts keine Verbote. ???
Grossartige Logik, der jeder vertauensselige Schmalspur Fachidiot zustimmt.
Alles, aber auch alles muss freigestellt sein, wenn es jemand viel Geld und damit Macht und Geltung einbringen. Es ist höchste Zeit, dass diese Realität in unser Verfassung aufgenommen wird.
Russen haben haben ein schönes Wort dafür, Verbrecher im Gesetz.
Mit dem hundsgemeinen Populismus von -staatlicher Zensur- bezeichnen die Libertären u. Neocons alles, was ihrer subtilen Gewaltausübung u. ungerechtfertigten Bereicherung im Weg steht. Die wollen eh alles demokratische und liberale abschaffen, was ihrem Lager nicht nützt oder ihre Macht begrenzt.
Schon erstaunlich, was sich noch einige Menschen in staatliche demokratische Institutionen und Politiker ohne Vorteilsnahme trauen, im Sinne einer harmonisch funktionierenden Gesellschaft.
Die Freiheit des Internets existiert wirklich nur auf dem Papier. YouTube Filme im Zusammenhang mit der Terrorattacke auf Weihnachtsmarkt, 2016, in Berlin wurden plötzlich entfernt. Es erscheint dann die Meldung: «Dieses Video wurde entfernt, weil es gegen YouTube Richtlinien zur Belästigung und Mobbing verstösst».
In diesem Beitrag habe ich einen YouTube Film aufgenommen, der nach der Attacke in Berlin von aufmerksamen Leuten in Deutschland produziert wurde. In diesem Video wurde manches das uns in den Medien präsentiert wurde in Frage gestellt.
Ich kann mir vorstellen, dass in Zukunft noch mehr zensuriert wird, um unliebsame Informationen von der Öffentlichkeit von «Unbefugten» fernzuhalten.
Über die Terrorattacke vom 19. Dezember 2016 auf den Weihnachtsmarkt in Berlin müsste es der Justiz erlaubt werden, all die Seltsamkeiten dieser Attacke weiter zu untersuchen. Auch den Medien müsste gestattet werden die Öffentlichkeit über die Untersuchungen der «Unbefugten» zu informieren, wie sie in den YouTube Filmen präsentiert wurden, damit Sie Lügen von Fakten unterscheiden können, wie im Inserat «Fake News» des Verbandes Schweizer Medien geschrieben wird.
"Zensur» ist eine reisserischer Begriff und gemäss unserer Bundesverfassung Art.17 ist Zensur verboten. Mit der Annahme des Geldspielgesetzes vor zwei Jahren wurde weder dieser Verfassungsartikel ausgehebelt noch durch eine Hintertür «Zensur» eingeführt. Das Strafgesetz hingegen verbietet die Publikation strafbarer Inhalte – gedruckt oder elektronisch. Und ein Gericht wird feststellen, ob ein Verbot verfassungskonform ist.
Nennt man die Einschränkungen des Bundesgesetzes über Geldspiele aber protektionistisch, steht das auf einem ganz anderen Blatt und hat mit der Einschränkung unserer Grundrechte nichts zu tun.