Kommentar
Schweiz: Gärtnereien und Baumärkte sollten offen bleiben
Laden offen, Gestelle «eingeschwärzt»: «Landi» bei Bern (Foto: N. Ramseyer)
Der Mann stand leicht verärgert vor einem breiten Gestell, das mit einer schwarzen Plastikfolie abgedeckt war. Daran ein Zettel mit der Aufschrift: «Reduziertes Sortiment, Waren im abgesperrten Bereich dürfen wir nicht verkaufen». Er sei Schulhausabwart, sagte er dann. «Da hätte ich jetzt Zeit und Platz, um einiges zu reparieren – und nun bekomme ich hier kein Material, obwohl es ja da wäre.» Das war am Donnerstag, 19. März, in einer «Landi» bei Bern. «Noch schlimmer ist das mit den Pflanzen», pflichtet ihm eine Frau mittleren Alters bei: «Salat- und andere Setzlinge sollten wir doch kaufen können!» Jetzt wäre die Zeit, um anzupflanzen, sagte sie. Und viele Leute hätten jetzt auch viel Zeit. Sie fragte: «Wollen die all die Pflänzlein jetzt einfach verrotten lassen und entsorgen?»
Pflanzenverkauf zur besten Jahreszeit verboten: Plakat vor der zugesperrten Gartenabteilung in einer «Landi». (Foto: N. Ramseyer)
Das wollen «die» schon nicht. Sie haben jedoch zur Einschränkung der direkten Kontakte zwischen den Menschen alle Läden schliessen lassen – mit Ausnahme der «lebensnotwendigen», der Lebensmittelgeschäfte, der Apotheken, Drogerien und der Tankstellen. Auch Kioske haben in Bern noch offen. Und es gibt Kurioses: Brillenläden etwa bleiben offen. Tabak- und Alkoholika-Geschäfte desgleichen. Geschäfte, die neben Lebensmitteln auch «Hardware» anbieten könnten, müssen diese hingegen wegsperren.
Wann denn renovieren, wenn nicht jetzt?
Das ist eigenartig: Wenn die Leute ja ohnehin in den Laden kommen, wieso sollen sie denn nicht gleich noch ein Werkzeug oder Baumaterial und Blumendünger oder eben Gemüsesetzlinge kaufen dürfen. Bei richtig eingehaltenem Abstand zwischen der Kundschaft und dem Personal ist ja der Kauf einer Bohrmaschine kaum gefährlicher als der Kauf einer Kiste Bier oder eines Brotes.
Ohnehin wäre eine Ausnahme für alle Baumärkte (Obi, Bauhaus, Hornbach usw.) jetzt angezeigt: Jene Leute, die daheim bleiben müssen oder wollen, könnten sich so mit Renovationen (Zimmer mit Dispersion neu rollen) oder Reparaturen beschäftigen. Auch Gärtnereien sollten eine Ausnahmebewilligung erhalten: Jetzt ist ihre Hauptsaison, in der sie 80 Prozent der Pflanzen verkaufen. Die Setzlinge vergammeln zu lassen ist unökologisch und auch unethisch. Dass die Verantwortlichen in Bern dies bei ihren Ausnahmeregelungen nicht berücksichtigt haben, zeigt wohl, dass sie eben selber kaum je etwas in Haus und Garten selber machen (müssen). Aber für Korrekturen an den Massnahmen ist es ja noch nicht zu spät.
Kleiner Nachtrag der Redaktion: Die Gärtnerei Zulauf in Schinznach-Dorf (AG) hat einen regelkonformen Setzlingsverkauf eingerichtet, siehe dazu hier.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine.
kantonal anerkannte Naturheilpraktiker und Homöopathen müssen ihre Praxis schliessen. Wäre nicht gerade jetzt ihre Unterstützung nötig, um das Immunsystem der Patienten zu stützen, Erkrankungen gut zu begleiten und damit Komplikationen und Spitaleinweisungen zu vermeiden? Wie muss man sich das vorstellen? Wo bleiben denn die Vorschläge der Schulmedizin, des BAG, des Bundesrates, wie ein manifest Erkrankter die – im Normalfall banale Krankheit – möglichst gut durchmacht? Wer weist darauf hin, dass Fieber eine grossartige Leistung des Immunsystems der Säugetiere ist, also eine Leistung der Evolution, welche den Erkrankten hilft, schneller und komplikationsloser gesund zu werden, wer weist darauf hin ausser der Alternativmedizin?
Sehr gut und wichtig, danke. Könnt Ihr resp. können wir (Leser) nicht rasch eine Petition dazu auflegen. Ist dringend. Neben den vergammelten Pflanzen fällt dann nämlich auch ein wichtiger Teil Eigenversorgung weg und zudem ist Gartenarbeit das beste Mittel gegen Grippeansteckung! Wer ergreift die Initiative oder weiss wie man so was anpackt?
Ich darf auf die Rigi spazieren, aber nicht Golfen, ich darf Joggen, aber nicht Tennisspielen. Mann müsste nur das Klubhaus schliessen.
Ich bin auch in der Landi Küssnacht angerannt…
Migros und Coop verkaufen Kleider und Pfannen…
Das ganze ist nicht durchdacht….
In Corona-Zeiten mutet es «eigenartig» an, wenn auf einer Journalistenplattform der Ruf laut wird, es müssten mehr Läden geöffnet werden. Offenbar haben immer noch nicht alle den Ernst der Lage erkannt. Anonyme Einzelstimmen, die sich über Entscheide von «denen da oben» aufregen, (er)finden sich schnell. Jetzt wäre Solidarität angesagt, das müssten auch Heimwerker und Hobbygärtnerinnen einsehe. Sonst braucht es bald drastischere Massnahmen, um die Verbreitung des Virus zu stoppen.
Ein sehr wichtiges Anliegen! – Danke.
Die eigene Nahrungsmittelproduktion im Garten ist doch auch ein Teil der Versorgung!
Die Gärtnereien müssten sonst ja die Setzlinge und Sämereien kompostieren, was ein grosser Ressourcenverschleiss wäre.
Wo müsste man diese Forderung deponieren? – Das ist aktuell für viele Menschen hier auf dem Land ein wichtiges Thema.
Auch die Produkte für Flick- und Renovationsarbeiten wären jetzt wichtig.
Man kann doch diese Einkäufe auch mit dem nötigen Abstand organisieren.
Wäre doch unloyale Konkurrenz… etwa so argumentierte der Gewerbeverband.
Wenn der gesunde Menscheverstand in der Quarantaine landet, bleibt kaum Hoffnung, diesen Sommer heil überstehen zu können. V.a. da zu erwarten ist, dass die Abflachung der Infektionskurve, diese auf ein paar weitere Monate verlängern dürfte.
Was die fehlende Sonne für die Alten im Kanton Uri betrifft, kann man diese ja vielleicht durch Vitaminpräparate ergänzen. Aber diese müssen ja auch erst einmal gekauft werden.
Da finde ich den Hundeausleihdienst, welcher offenbar in Frankreich Furore macht, doch schon ein schönes Anzeichen von umstandsbedingter Kreativität. Wenigstens der Hund soll dabei nicht gebüsst werden…
Ist leider keine gute Idee. Wenn das Schliessungsgebot aufgeweicht wird, bis alle individuellen Wünsche befriedigt sind, verfehlt es die angestrebte Wirkung. Das Gebot der Stunde sind Hauslieferungen. Innovative Geschäfte haben damit bereits begonnen. Man könnte unter Nachbarn oder in einem Quartier sogar Sammelbestellungen aufnehmen und die Ware koordiniert anliefern lassen. Das wäre auch ökologisch sinnvoll. Die Pflanzsaison hat noch nicht begonnen, noch ist es Zeit, sich zu organisieren.
Lieber Herr Ramseyer,
Hier noch kurz etwas aus meinem Dorf, was zu Ihrem letzten Artikel passt. In unserer Dorfgärtnerei blüht und wächst alles zum Frühlingsbeginn herrlich. Jetzt steht nicht mehr der Gärtner dort, dafür ein Kässeli mit der Preisliste, eine sinnvolle, pragmatische Lösung von der Basis her. Dann hat mir gestern Nachmittag der Nachbar geläutet und gesagt:"’Ariet, in der Landi haben sie die Abdeckung weggenommen, man kann jetzt wieder alles für den Garten kaufen, soll ich Dir etwas holen? Aber die Verkäuferin sagt, sie wisse nicht, wie lange das jetzt wieder erlaubt sei. Im Kanton St. Gallen (mit dem Auto 10 Minuten von hier) sei alles ausser Lebensmitteln im Migros und Coop zugedeckt.» Herr Ramseyer, Sie haben recht, man sollte die Garten- und Do it yourself-Sachen posten können, damit man diese viele Zeit, bei der man ans Haus gebunden ist, sinnvoll nutzen kann auch gerade wenn man Kinder hat oder älter ist. Mit freundlichen Grüssen Ariet Güttinger
Genau: Ein absoluter Schwachsinn! Gerade jetzt könnte man diverse Sachen reparieren. Das ist ein no-go der Behörden, ein krasser Einschnitt in die persönlichen Rechte des Bürgers. Ein Schelm ist wer Böses denkt: Aber könnte dieses Vorgehen nicht eine Hauptprobe für noch viel grössere zukünftige Einschnitte sein…?!