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VSE-Präsident Rohrbach forderte bereits 2012 eine «angemessene Entschädigung» © pd europa forum luzern

Rekordgewinne: Die faulen Ausreden der Stromlobby

Kurt Marti /  Die Stellungnahme des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) zum neusten Milliardengewinn ist nicht stichhaltig.

Vor zwei Wochen publizierte das Bundesamt für Energie (BFE) die neuste Strom-Statistik für das Jahr 2013. Darin präsentiert sich die angeblich notleidende Stromwirtschaft mit prächtigen Gewinnen und Reserven:

  • Mit rund 2,5 Milliarden Franken verzeichnete die Strombranche den zweithöchsten Gewinn ihrer Geschichte.
  • Der verteilbare Gewinn war mit 6,2 Milliarden Franken noch nie so hoch.
  • Trotz der Krise konnte die Stromwirtschaft von 2009 – 2013 ihre Reserven von 14,5 Milliarden auf 20,8 Milliarden Franken erhöhen, das heisst um 43,5 Prozent.

Auf Anfrage von Infosperber wollte der Stromverband VSE die Zahlen «nicht kommentieren, da wir keine Detailkenntnisse haben». Trotzdem versuchte der VSE in seiner Stellungnahme die Strom-Statistik des Bundes, die auf den Zahlen der Stromwirtschaft basiert, zu relativieren. Die Zahlen seien «nicht direkt mit denen aus den Vorjahren vergleichbar, da die Zahl der erfassten Unternehmen markant zugenommen» habe. Zudem würden die Zahlen «aus dem Jahr 2013 und aus dem hydrologischen Jahr 1. Oktober 2012 – 30. September 2013» stammen. Damals sei «der Strompreis in Euro markant höher» gewesen und zusätzlich sei «der Euro inzwischen um 15% eingebrochen».

Laut dem VSE fällt also der Gewinn so hoch aus,

  • weil markant mehr Unternehmen und folglich mehr Stromproduktion erfasst wurden sowie
  • weil vor zwei Jahren die Rahmenbedingungen markant besser waren und folglich die Krise nicht akut war.

Beide Erklärungen sind nicht stichhaltig:

  • Der Gesamtgewinn der Strombranche erhöhte sich im Jahr 2013 gegenüber dem Vorjahr von rund 1,4 auf 2,5 Milliarden Franken, also um 1,1 Milliarden Franken, was einer Erhöhung von 78 Prozent entspricht. Aus den Strom-Statistiken von 2012 und 2013 geht jedoch hervor, dass der Anteil der Stromproduktion der erfassten Unternehmen bei 90 Prozent stagnierte, obwohl deren Zahl von 234 auf 313 anstieg.
    Folgerung: Weil die erfasste Stromproduktion der Jahre 2012 und 2013 nicht anstieg, ist der horrende Gewinnzuwachs von 1,1 Milliarden nicht durch die neu erfassten Betriebe zu erklären, wie der VSE suggeriert.
  • Pikanterweise fällt der Spitzengewinn von 2,5 Milliarden Franken ausgerechnet in die Zeit, als das Gejammer der Strombranche einen ersten Höhepunkt erreichte: Infosperber berichtete im Juni 2012 über die Subventionswünsche des Stromkonzerns Alpiq und im September 2012 forderte VSE-Präsident Kurt Rohrbach gegenüber mehreren Printmedien: Entweder gelinge es, eine «angemessene Entschädigung» zu vereinbaren, oder «es müssen auch bei der Pumpspeicherung andere Finanzierungs- und Unterstützungsmodelle ins Auge gefasst werden.» Insbesondere die Voraussetzungen für das Pumpspeicherkraftwerk auf der Grimsel hätten sich «verschlechtert». Am Stromkongress vom Januar 2013 ging das Wehklagen der Stromlobby weiter, unterstützt von der Tagesschau des Schweizer Fernsehens.
    Folgerung: Die damaligen Verlautbarungen der Stromlobby zeigen klar, dass die Strombranche schon 2012/13 im akuten Krisenmodus rotierte, obwohl laut der Stellungnahme des VSE die Rahmenbedingungen damals «markant» besser waren und obwohl die Strombranche zu dieser Zeit einen Rekordgewinn von 2,5 Milliarden Franken einfuhr.

Die Antworten des VSE entpuppen sich als faule Ausreden. Die brennende Frage steht nach wie vor im Raum, wieso die Strombranche in den angeblichen Krisenjahren Milliardengewinne erzielte sowie Milliardenreserven anhäufte und gleichzeitig Milliardensubventionen forderte.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Kurt Marti war früher Geschäftsleiter, Redaktor und Beirat der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES)

Zum Infosperber-Dossier:

Stromleitungd

Die Politik der Stromkonzerne

Elektrizitätsgesellschaften verdienen am Verkaufen von möglichst viel Strom. Es braucht endlich andere Anreize.

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Eine Meinung zu

  • am 22.07.2015 um 13:48 Uhr
    Permalink

    Das Lobbying ist tatsaechlich das Krebs der Demokratie. Solange die Vertreter des Volkes auf Verwaltungsraete sitzen und auf kreative Weisen gelockt werden, die Interesse der verschiedenen Industrien Sektoren zu decken ist Demokratie eine Farce. Das haben wir in den USA mit dem beruehmten Citizen United Entscheid von 2011 gesehen. In 2012 fliess mehr Geld in die Praesidenten Wahlen Kampagnen als was Titanic und Avatar zusammen kosteten und einkassierten, 7 Milliarden.

    In der CH ist es verhaeltnismaessig kaum weniger, wie Artikeln im Corriere Del Ticino zeigten. Nun ist die Frage: reicht es eigentlich solche inakzeptable Fakten blosszustellen und diskutieren, solche Betrueger unserer Demokratie bloss zu stellen, oder nicht?

    Es reicht nicht. Was noetig ist ist eine globale Kampagne um Geld aus der Politik zu schaffen. Eine CH Kampagne ist nicht genug. Eine US Kampagne (28th Amendment) ist auch nicht genug, und sogenannten AktivistInnen sind vorzueglich getrennt, abgelenkt, oder stehen in Streit Debatten um das Vorgehen…
    Wie MalcomX damals ueber die Auferstehung des Civil Rights Movements, zuerst muss man die Menschen Aufmerksamkeit gewinnen… Dann kann die Action und die Debatten beginnen.

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