Sperberauge
Pfarrer liest Freysinger die Leviten
Letzte Weihnachten stand in der Kirche der Unterwalliser Pfarrei von Val de Bagnes ein Zelt mit einer Flüchtlingsfamilie statt der traditionellen Krippe. Für diese tagesaktuelle «Krippe» erhielt José Mittaz, der zuständige Pfarrer und Chorherr vom Grossen St. Bernhard, einen zünftigen Rüffel von SVP-Staatsrat Oskar Freysinger, der im «Le Matin» behauptete, damit werde das Christkind in «Geiselhaft» genommen. Auf diese «schändliche Weise» werde Weihnachten «entheiligt». Weihnachten dürfe nicht «politisch instrumentalisiert» werden.
Eine gepfefferte Antwort auf Freysingers SVP-Sicht der «christlichen» Werte gab der Pfarrer Daniel Salzgeber, der ebenfalls Chorherr vom Grossen St. Bernhard ist, in einer Kolumne im «Walliser Boten» vom 28. Januar. Wer «sich gern immer wieder als Verteidiger des christlichen Abendlandes» stilisiere, der sollte «eigentlich wissen, dass die Familie in der Weihnachtskrippe durchaus das Los der Flüchtlinge hautnah erfahren» habe, massregelt er Freysinger.
«Überrascht, ja bisweilen schockiert»
Wie Salzgeber in seiner Kolumne fortfährt, ist er «immer wieder überrascht, ja bisweilen schockiert, von der Vorstellung einiger, was ‚christlich‘ sein soll. Der Einsatz für Arme, die aus anderen Ländern kommen und eine andere Hautfarbe haben, andere Lebensart, anderes Zeitgefühl, all das und mehr hat nach deren Überzeugung mit dem Christentum in unserem Land nichts zu tun».
Die «selbsternannten Verteidiger des christlichen Abendlandes» würden «kaum einmal…auf Jesus und seine Botschaft» schauen. «Das, was uns die Evangelien berichten, spielt ihnen offensichtlich keine Rolle.» Gerechtigkeit im Land messe sich immer daran, «wie es den Schwächsten in der Gesellschaft» gehe.
Salzgebers mutige Intervention kontrastiert mit dem Schweigen der meisten VertreterInnen der C-Parteien über die Instrumentalisierung der «christlichen Werte» durch die SVP.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Für einmal auch eine gute Nachricht aus dem Wallis!
Danke.
Dass man sich besonders für Leute einsetzen muss, die aus anderen Ländern kommen oder eine andere Hautfarbe haben – davon sagt das Neue Testament nichts. Für Jesus waren Herkunft und Hautfarbe noch nicht so wesentlich wie für diese patentchristlichen Domherren im Wallis. Was hat sich da eigentlich verschoben?