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Warmes Klima lässt Gletscher schmelzen: Je früher wir handeln, desto geringer wird das Problem. © C. Liebentriff

Jugendliche zum Klima III: Konkurrenz hilft auch ökologisch

Gian Lüchinger /  Wer ökologisch mit gutem Beispiel vorangeht, zieht andere mit. Das gilt sowohl privat als auch für Staaten.

Red./hpg. Die freitäglichen Streiks sorgen dafür, dass sich die Medien wieder stärker mit dem alten Thema Klimawandel beschäftigen. Dabei kommen vor allem Journalisten (wie der Schreibende) oder Leserbrief-Verfasserinnen zu Wort. Was aber denken und wie handeln Klimastreikende selber, die mit dem Slogan «Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut», und mit der Forderung «Null CO2-Emissionen ab 2030» auf die Strasse gehen?

Heute Samstag, 6. April, finden in der Schweiz weitere Klimademonstrationen statt, zu denen neben Schülerinnen und Studenten ausdrücklich auch Eltern eingeladen sind. Im Vorfeld dazu veröffentlichen wir die Gedanken von drei Jugendlichen, die Teil des «Kollektivs Klimastreik Ostschweiz» sind. Nach Moritz Rohner am Donnerstag und Anna Miotto gestern Freitag folgt heute die Stellungnahme von Gian Lüchinger; Lüchinger ist 15jährig und besucht die Kantonsschule am Burggraben in St. Gallen:*

«Mir ist unsere Zukunft und die Zukunft der Erde und ihrer Lebewesen sehr wichtig. Den meisten Menschen ist das Klima ebenfalls nicht egal und sie sagen «Wooow!» oder «Krass!», wenn sie Bilder der Eismassen vor 50 Jahren im Vergleich zu heute sehen. Zehn Minuten später leben sie jedoch ihr komfortables Leben weiter. Am Abend essen sie ein Rindskotelett aus Uruguay, zwei Wochen später gönnen sie sich schöne Ferien in der Karibik und geniessen ihr Leben.

Wenn man sie darauf anspricht, weshalb sie nichts für den Klimaschutz tun, schieben sie die Schuld gerne anderen zu. Zum Beispiel den Nachbarn, deren Autos noch viel mehr Benzin verbrauchen und die vier und nicht nur zwei Mal pro Jahr in die Ferien fliegen. Man argumentiert auch gerne damit, dass die Schweiz sowieso nur einen kleinen Teil der weltweiten Emissionen ausstösst und man selbst darum nur für einen winzigen Teil der Emissionen verantwortlich ist.

Es schmerzt zu handeln, und ich kann verstehen, dass es einen reizt, zum Beispiel häufig in die Ferien zu fliegen. Aber trotzdem finde ich es egoistisch und unfair, keine Rücksicht auf die Umwelt zu nehmen. Klar kann keine Person null Prozent CO2 ausstossen, denn um das zu erreichen, müsste man nackt herumlaufen und sich selbstversorgerisch ernähren. Aber je weniger desto besser!

Wer etwas Gutes tut, beeinflusst auch andere

Vor einer Weile wurde ich Vegetarier. Es ist nicht die Welt, aber es ist ein Anfang, um meinen eigenen CO2-Ausstoss zu senken, und es lässt sich leicht umsetzen. Jeder und jede kann auf Fleisch verzichten. Als ich das meiner Familie erzählte, beschloss mein Bruder, ebenfalls vegetarisch zu werden: Er wollte es schaffen, länger durchzuhalten als ich. Wäre ich nicht Vegetarier geworden, hätte er auch nicht angefangen, sich fleischlos zu ernähren. Das ist cool, denn wenn jemand etwas Gutes tut, ziehen andere mit und es gibt einen kleinen «Konkurrenzkampf». Ich glaube, dass uns das anspornen kann.

Das mit der Konkurrenz funktioniert im Kleinen wie im Grossen: Eine erwachsene Person erzählt ihren Freunden, dass sie und ihre Familie jetzt klimafreundlicher leben. Das heisst zum Beispiel, dass sie weniger Fleisch essen, nicht mehr fliegen und kein Auto mehr besitzen, doch trotzdem fehlen ihnen keine Nährstoffe, und sie sind immer noch mobil, da sie nun ein GA haben. Wenn die Person nun ihre Freunde fragt, was sie für das Klima tun, und die Freunde nicht gerade viel sagen können, fühlen diese sich möglicherweise schlecht, und sie beginnen ebenfalls weniger Fleisch zu essen und fahren ihre Kinder nicht mehr mit dem Auto ins Training. Das wäre super und dieses Beispiel zeigt, dass es eben auch nützlich sein kann, wenn ein bisschen Konkurrenzdenken herrscht. Denn möglicherweise zieht das Umfeld mit und das würde schliesslich doch einiges ausmachen.

Wenn die Schweiz voran geht, folgen andere Länder

Wenn die Schweiz es schaffen würde, immer weniger Emissionen auszustossen, würde vielleicht ein noch grösserer Konkurrenzkampf stattfinden. Andere Länder würden dann denken, dass sie das auch schaffen, wenn es die Schweiz schafft. Angespornt von der Schweiz, würde vielleicht auch Österreich versuchen, den Emissionsausstoss zu senken. Und dann Deutschland und dann Frankreich und so weiter…

Für alle, die Kinder haben, sind die Kinder etwas vom Wichtigsten und sie lieben sie über alles. Auch Ihr wünscht Euren Kindern nur das Beste. Ihr wollt, dass sie es gut haben. Aber Ihr hinterlasst uns Kindern eine Welt voller Probleme. Klar, wenn man 50 ist, kann man sich noch eine Klimaanlage ins Haus bauen und wird den Klimawandel nicht spüren, denn die nächsten 50 Jahre wird man voraussichtlich nicht überleben. Doch das ist sehr egoistisch. Und liebe Firmen, hört auf, nur ans Geld zu denken, sondern denkt an die Umwelt. Denn was nützt es unseren Urenkeln 2100, wenn sie ein Vermögen erben, das wir heute verdienen, und sie in der Schule eine gute Bildung geniessen können, wenn der Meeresspiegel fast zweieinhalb Meter gestiegen sein wird, was 500 Millionen Menschen in die Flucht treiben wird, und wenn etwa 60 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen unfruchtbar sein werden? Nein, das wollen wir nicht.

Je früher wir handeln, desto geringer wird das Problem

Wenn wir im Fach Geografie lernen, dass ein Achtel des Nordpols in den letzten 100 Jahren geschmolzen ist, reagiert die Klasse erstaunt darauf. Viele lernen diese Fakten einfach und wissen um die Katastrophe, aber gehen nicht darauf ein. Doch wir, die Klimastreikenden, wollen auch etwas dagegen unternehmen. Wir gehen an die Demos und machen auch im Privatleben etwas. Strengen doch auch Sie, liebe Eltern, sich bitte an, uns eine Zukunft mit möglichst wenigen Problemen zu hinterlassen.

Es ist nicht zu spät, wir können die Klimaerwärmung noch stoppen. Je früher wir etwas unternehmen, desto geringer wird das Problem, also fangen wir an. Versuchen wir ökologisch zu leben und weniger Emissionen auszustossen. Es ist klar, dass man nicht von heute auf morgen kein CO2 mehr ausstossen kann, aber man kann es in vielen kleinen Schritten verringern. Wir haben die Macht dazu. Danke.«


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. *Dieser Beitrag erschien zuerst im Märzheft des Ostschweizer Kulturmagazins Saiten und auf saiten.ch.

Zum Infosperber-Dossier:

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Die Klimapolitik kritisch hinterfragt

Die Menschen beschleunigen die Erwärmung der Erde. Doch kurzfristige Interessen verhindern griffige Massnahmen.

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3 Meinungen

  • am 6.04.2019 um 17:07 Uhr
    Permalink

    "Ökologisch mit gutem Beispiel vorangehen…» schnell gesagt, nicht so leicht getan. Ich fahre öV, fliege höchst selten und versuche umweltfreundlich einzukaufen, aber:
    Beim lesen des Beitrages des 17 jährigen Gian Lüchinger schiebt infosperber in der Mitte des Textes die Reklame von Coop ein. Ich komme soeben aus dem Coop, alles da, was wir nicht tun sollten! Erdbeeren aus Spanien, Rosenkohl und Kefen aus Nordafrika, jede Menge exotischer Früchte, alle eingeflogen und der Käse zweifach in Plastik verpackt, das Fleisch auch. Sie darf nicht anders, sagt die Verkäuferin!
    Lieber als eine Coop Reklame hätte ich bei infosperber eine Haltungserklärung von Coop zum Ökologieanliegen der Jungen gelesen.

  • am 8.04.2019 um 12:23 Uhr
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    Ich danke dem Hinweise und ich werde in Zukunft beim Aufruf von InfoSperber den AdBlocker ausschalten.
    Da immer noch die grosse Mehrheit der Bevölkerung keine Veranlassung sieht,
    dass es höchste Zeit ist, für die Erhaltung der Lebensgrundlagen viel mehr tun zu müssen, wird es Coop nur schaden, wenn die sich dem Anliegen mit Worten anschliessen.
    Wichtig ist, was Coop tun kann ohne sich zu schaden. Wenn die Geld bei InfoSperber lassen, ist das gut und zeigt auch eine Geisteshaltung. Wer «nicht» bei InfoSperber oder Medien mit ähnlicher Geisteshaltung wirbt, ist bei mir ab sofort fragwürdig.

    Die Jugendlichen denken für mich klar, nicht verschmutzt von bloss monetären Interessen. Gut ist auch, dass es bereits bei den Studiengängen eine verstärkte Nachfrage gibt, die mehr lebensdienlich sind. Ja und dafür wird das Einkommen geringer sein, als bei Banken und Grosskonzernen
    Allerdings sollten sie auch mehr für weitere Lösungen konkret eintreten, wie die sogenannte OERMA-Kultur und Bioreaktoren mit Mikroalgen.

  • am 8.04.2019 um 16:31 Uhr
    Permalink

    Lieber Gian Lüchinger, vielen Dank für deinen Artikel. Mögen viele junge und ältere Menschen ihn lesen und darüber nachdenken, was ihr eigener Beitrag sein könnte. Wer noch etwas Mühe hat, sein Essen umzustellen, möchte ich mit meiner eigenen Erfahrung Mut machen: Ich lebe seit 28 Jahren ohne Fleisch und ohne Fisch und bin mit 66 Jahren fit und gesund. Disziplin brauchte ich nur in den ersten paar Wochen und danach wurde die neue Art zu essen Normalität. Heute gibt es – im Gegensatz zu früher – so viele Alternativen, dass man nicht auf Genuss verzichten muss. Als ich 1980 nach Zürich kam, verkaufte ich mein Auto, das ich früher beruflich brauchte. Seither habe ich ein GA und komme überall hin. Es braucht «nur» einen Switch im eigenen Kopf, dann steht nicht Verzicht, sondern Freude am bewussteren Leben im Vordergrund. Möge dein Engagement anhalten und dazu wünsche ich dir viel Glück und zahlreiche Erfolge. Herzliche Grüsse Helena

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