Jugendliche zum Klima II: Bewegung weckt Hoffnung
Red./hpg. Die freitäglichen Streiks sorgen dafür, dass sich die Medien wieder vermehrt mit dem Thema Klimawandel beschäftigen. Dabei kommen vor allem Journalisten (wie der Schreibende) oder Leserbrief-Verfasserinnen zu Wort. Was aber denken und wie handeln Klimastreikende selber, die mit Slogans wie «Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut», und mit der Forderung «Null CO2-Emissionen ab 2030» auf die Strasse gehen?
Am Samstag, 6. April finden in der Schweiz weitere Klimademonstrationen statt, zu denen neben Schülerinnen und Studenten ausdrücklich auch Eltern eingeladen sind. Im Vorfeld dazu veröffentlichen wir die Gedanken von drei Jugendlichen, die Teil des «Kollektivs Klimastreik Ostschweiz» sind. Im ersten Teil äusserte sich Moritz Rohner. Im heutigen zweiten Teil folgt die Stellungnahme von Anna Miotto; sie ist 17jährig und besucht die Kantonsschule in Wil (SG):
«An einem Dienstag vor den Weihnachtsferien kam ich zum ersten Mal mit der damals noch kaum existierenden Schweizer Klimastreikbewegung in Kontakt. Am Freitag derselben Woche nahmen ich und etwa 300 andere Schülerinnen und Schüler bereits am ersten Streik der Ostschweiz teil. Die Bewegung war zu diesem Zeitpunkt ohne jegliche Struktur relativ unübersichtlich, darum wurde noch in den Weihnachtsferien, einen Tag vor Jahresende, zu einem ersten nationalen Koordinationstreffen in Bern eingeladen.
Ich war recht beeindruckt, als ich sah, wie viele junge Menschen von überall in der Schweiz nach Bern gereist waren, um diesem Treffen beizuwohnen. Am ersten Freitag nach den Ferien organisierten wir unseren zweiten Streik, bei dem etwa 300 bis 400 Menschen teilnahmen. Eine Woche später dann den dritten Streik mit ähnlich vielen Menschen.
In kurzer Zeit viel erreicht
In dieser verhältnismässig kurzen Zeit, vom ersten bis zum dritten Streik, passierte unglaublich viel. Die Bewegung wurde immer stärker und präsenter. Bei der zweiten nationalen Demo am 2. Februar waren wir über 65’000 Menschen auf den Strassen der ganzen Schweiz. In St. Gallen nahmen zu unserer Freude 2000 Menschen jeden Alters teil. Wir waren viele und wir waren verdammt laut!
Was ich damit sagen will: Wir haben bereits viel erreicht. Gut, vielleicht nicht auf politischer Ebene, dieses Publikum ist mit der bürgerlichen Mehrheit aus SVP und FDP im Parlament auch recht schwer für Anliegen der Klimapolitik zu gewinnen (obwohl Frau Gössi seit neustem behauptet, mit der FDP einen grüneren Zug fahren zu wollen…).
Was wir aber definitiv erreicht haben, ist, dass über uns gesprochen wird. Wir sind nahezu immer und überall präsent. Wir bringen immer mehr Menschen dazu, sich einzusetzen und unseren Kritikerinnen und Kritikern rücken wir immer mehr auf die Pelle.
Hoffnung, dass die Zeit noch reicht
Auch in meinem näheren Umfeld sind bereits Veränderungen sichtbar, meine Mutter hat sich zum Beispiel wieder Müllsäcke für Plastik gekauft. Oft werde ich auch direkt auf mein Engagement angesprochen, auch von fremden Menschen im Zug, wenn diese die Klimastreik-Sticker auf meinem Cellokasten sehen. Dies sind meist recht amüsante Gespräche, denn entweder sind die Menschen begeistert und haben oft irgendwie den Drang, mir mitteilen zu müssen, was sie denn alles für den Umweltschutz tun, oder sie versuchen mich mit irgendeinem ausgelutschten Scheinargument auf die andere Seite zu ziehen, was ihnen natürlich regelmässig misslingt.
Trotzdem habe ich Angst, sogar grosse Angst vor der Zukunft. Aber durch die Bewegung habe ich nun auch wieder Hoffnung. Hoffnung, dass wir es gemeinsam schaffen können, den Klimawandel zu stoppen. Hoffnung auf die grüne Wende, Hoffnung darauf, dass die Zeit gerade noch reicht. Diese Hoffnung hilft mir, die bedrückende Angst ab und an ein wenig zu vergessen.
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine. *Dieser Beitrag erschien zuerst im Märzheft des Ostschweizer Kulturmagazins Saiten und auf saiten.ch.