Glosse

Hehre Ziele – und was daraus geworden ist

Hanspeter Guggenbühl © bm

Hanspeter Guggenbühl /  Die Energiepolitik tönt gut, wenn man sie an ihren fernen Zielen misst. Und sie verschafft mir Arbeit.

Adolf Ogi hat mir Arbeit beschafft. Als Bundesrat startete er 1991 das Programm «Energie 2000». Dieses verlangte, der fossile Energieverbrauch müsse auf dem Stand von 1990 stabilisiert werden. Das erlaubte mir, neun Jahre lang Artikel zu schreiben, die zeigten, wie weit das hehre Ziel verfehlt wird, weil Ogi die notwendigen Mittel nicht ergreifen wollte.

Nachfolger Moritz Leuenberger setzte Ogis Arbeitsbeschaffungs-Programm fort. Er lancierte das Programm «EnergieSchweiz» mit dem Ziel, den Zuwachs des Stromverbrauchs zwischen 2000 und 2010 auf fünf Prozent zu begrenzen. Doch bis 2010 war der Verbrauch um 14,5 Prozent höher, weil Leuenberger zauderte, wirksame Stromspar-Vorschriften zu verordnen. Mit dem Honorar, das mir diese Misserfolgs-Berichterstattung bescherte, kaufte ich mir einen energieeffizienten Laptop.

Diese Woche wird Ogis und Leuenbergers Nachfolgerin Doris Leuthard die «Energiestrategie 2050» ausrufen. Diese setzt das Ziel, den in der Schweiz erzeugten Atomstrom einzusparen oder mit erneuerbarer Energie zu ersetzen. Mir selber wird die Meldung über den Nicht-Vollzug kaum noch Arbeit bringen. Denn ich fürchte, dass mein effizienter Laptop und ich den Geist schon vor dem Jahr 2050 aufgeben.

Doch Rettung vor drohender Arbeitslosigkeit naht: Eine bunte «Energieallianz» beschloss kürzlich eine «Stromeffizienz»-Initiative. Diese fordert, der Schweizer Stromverbrauch dürfe 2035 das Niveau des Jahres 2011 nicht überschreiten. Massnahmen, um dieses Ziel zu erreichen, verlangt diese Initiative ebenfalls nicht. In 23 Jahren werde ich an dieser Stelle exklusiv berichten, warum der Stromverbrauch nicht hielt, was das wohlfeile Effizienz-Ziel versprochen hat – sofern bis dann die Lichter noch leuchten.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

SolaranlageBauernhof-1

Energiepolitik ohne neue Atomkraftwerke

Erstes, zweites und drittes Gebot: Der Stromverbrauch darf nicht weiter zunehmen.

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3 Meinungen

  • am 27.09.2012 um 12:02 Uhr
    Permalink

    Wo ein Wille, da ein Weg. Es fehlt der Wille, also kein Weg:-(
    Es fehlt auch an Phantasie, wer kann und will sich schon ein AKW-GAU vorstellen?
    Wir hoffen… und hoffen…
    Ich hoffe, dass die «Alters-GAU» nicht kommen mögen, bevor wir die gefährlichen Monster endlich abschalten.
    Die Frage ist nicht abschalten ja oder nein. Die Frage ist, kommt der GAU oder die Stillegung zuerst.
    Also sofort abschalten, das eröffnet erst die Wege.

  • am 27.09.2012 um 14:37 Uhr
    Permalink

    Dazu wieder einmal ein Gedicht aus dem Büchlein Öko-Balance:

    Beste Wirkung

    Ja selbst die Umweltschutzverkünder
    Sind irgendwo auch kleine Sünder.
    Und jede Umweltsünd’ wird zum Problem,
    Wenn viele Menschen sie begeh’n.

    Drum lasst uns beste Wirkung denken.
    Sie heisst: Geburtenanzahl senken. *

    * Wenn nur schon die weltweit rund 80 Millionen ungewollten Schwangerschaften vermieden werden könnten, indem die Hilfsorganisationen ihre Projekte mit Familienplanung kombinieren würden, wäre schon viel erreicht.

    Der Gesamtenergieverbrauch ist:

    Pro-Kopf-Energieverbrauch mal Menschenzahl

    Viele gutgemeinte Ziele wären erreicht worden, wenn die Menschenzahl nicht gestiegen wäre.

    Nicht zuletzt auch wegen der Bevölkerungszunahme sind wir heute in der Schweiz auf vierfacher ökologischer Überlast. D.h. wir beziehen 4 mal mehr von der Natur, als sie nachliefern und verkraften kann. Ein ewiges Wachstum in einem begrenzten Lebensraum ist nicht möglich. Warum sehen das die Politiker nicht ein?

    1992 haben unsere Politiker in Rio an der UNO Konferenz versprochen, die Nachhaltigkeit anzustreben. Dieses Ziel wurde sogar in die Bundesverfassung aufgenommen. Damals hatte die Schweiz 3-fache Überlast. Heute sind wir auf 4-fach.
    Und trotzdem rufen immer noch über 95% der Politiker nach Wachstum.

    Die ECOPOP Initiative «Stop der Überbevölkerung zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen", die am 2. Nov. der Bundeskanzlei übergeben wird, könnte eine Trendwende einleiten, falls sich die Bevölkerung nicht von den Wirschaftsbossen, die viel Geld für die Gegenkampagne einsetzten werden, blenden lässt.

    Dazu nochmals ein Gedicht:

    Lebensraum

    Natur ist uns zu weit entrückt.
    Nur als Tourist sind wir entzückt.
    So kann das grosse Artensterben
    Für uns nicht mehr zum Anlass werden,
    And’rer Geschöpfe Leid zu fassen
    Und ihnen Lebensraum zu lassen. *1

    *1 Nach UNO hat sich das Artensterben, verursacht durch die
    die Menschheit, vertausendfacht.

  • am 1.10.2012 um 13:46 Uhr
    Permalink

    Hanspeter Guggenbühl trifft den Nagel auf den Kopf (wie immer). Ist ist allerhöchste Zeit, Massnahmen zu beschliessen statt Ziele dann mal weit weg zu definieren. Letzteres ist ganz einfach — einfach. Nur sooo schwierig wäre es auch nicht, endlich Preise für Umweltzerstörung einzuführen und anzuheben.

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