Geht die Eidgenossenschaft erneut mit Rheinmetall ins Bett?
1998 wurden die Produktions- und Unterhaltsbetriebe der Schweizer Armee in die RUAG (Rüstungs-Unternehmen AG) zusammengelegt und dem Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS unterstellt. Zwischenzeitlich hat sich die RUAG zu einem internationalen Technologie-Konzern entwickelt. Aber jetzt soll der internationale Teil der RUAG, darunter auch die Munitionsproduktion, verkauft werden, so der Beschluss des Bundesrates. Verkaufen aber an wen?
Zur Diskussion als Käufer steht nicht zuletzt der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall, der an sechs Orten in der Schweiz bereits aktiv ist – in Zürich, Ittigen-Bern, Lohn-Ammannsegg, Wimmis, Altdorf und Studen – und in verschiedenen Betrieben schon jetzt mit der RUAG kooperiert, so etwa speziell in der Produktion von Treibladungsmitteln in Wimmis.
Doch was weiss man in der Öffentlichkeit über diesen Rüstungskonzern? Kann es sich die Schweiz als neutrales Land politisch und moralisch leisten, den Konzern Rheinmetall, der mit der Vernichtung von Menschenleben viel Geld verdient, noch weiter zu stärken?
2018 konnte man auf dem deutschen Sender ARD einen Film über Rheinmetall ansehen, sehr informativ und interessant, er dauert 43 Minuten, zum Anschauen hier anklicken. Ob man ob dieser Welt anschliessend noch schlafen kann?
Der Zufall will es, dass die deutsche Online-Zeitung «NachDenkSeiten» gerade in den letzten Tagen einen sehr ausführlichen Bericht über den Rüstungskonzern Rheinmetall publiziert hat. Ein paar Stellen daraus seien hier wörtlich zitiert:
«Rheinmetall Landsysteme und Rheinmetall Waffe Munition sind am Standort Unterlüß untergebracht. Rheinmetall Landsysteme stellt Panzer her, Rheinmetall Waffe Munition fabriziert Kanonen, Bomben und Munition. In Unterlüß betreibt Rheinmetall auf 50 km² zudem den größten privaten Schießübungsplatz in ganz Europa. Das Gelände wurde bereits 1899 gepachtet. Rheinmetall und der Standort Unterlüß haben eine lange Tradition in der Herstellung von Kriegswaffen aller Art. Und auch ihre Beziehungen zur jeweiligen deutschen Regierung waren stets besonders eng. Im Ersten Weltkrieg produzierte Rheinmetall Waffen für den Kaiser, im Zweiten Weltkrieg dann für den Führer. Der wiederum gab sich persönlich die Ehre und stattete Unterlüß einen Besuch ab. Zu dieser Zeit wurden die Bomben für die Wehrmacht gerade von Kriegsgefangenen und Häftlingen aus den Konzentrationslagern hergestellt. Zum Abwurf auf ihre Heimat.
Zwischen 1945 und 1955 gab es eine Zwangspause für Rheinmetall. Nach der Gründung der Bundesrepublik, der Aufnahme in die Nato 1955 und dem Aufbau der neuen Bundeswehr kam Rheinmetall erneut ins Geschäft. In den 1960er Jahren belieferte die Firma die Bundeswehr bereits wieder mit Kanonen, Panzern und Munition.
Und auch die alten Beziehungen wurden wieder reaktiviert. Man kannte sich ja noch aus alten Zeiten, als der Führer noch lebte. Viele Altnazis waren inzwischen wieder zu Amt und Ehren in der Verwaltung der jungen Bundesrepublik gekommen. Deutschland durfte jetzt wieder eine Armee haben und Waffen bestellen und man bestellte vorzugsweise bei den alten Freunden. Die Kungelei zwischen Rheinmetall, der Bundeswehr und der Bundesregierung hält bis heute an.»
Eine andere Stelle wörtlich:
«Rheinmetall ist der größte Waffen- und Munitionshersteller in der BRD, der Branchenprimus, und verkauft seine Produkte weltweit, auch in Krisengebiete und an kriegsführende Länder. Aber das ist doch verboten, oder etwa nicht?
Für Exportgenehmigungen ist der Bundessicherheitsrat zuständig. Der entscheidet in geheimer Sitzung nach dem Kriegswaffengesetz. Wenn exportierte Rüstungsgüter zu friedensstörenden Aktionen oder zu Angriffskriegen verwendet werden könnten, ist ihre Ausfuhr verboten. Lieferungen von Kriegswaffen in Länder, die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind oder wo eine solche droht, dürfen nicht genehmigt werden. Ob die Einschränkungen zutreffen, liegt im Ermessen des Bundessicherheitsrates.
Um die tödlichen Produkte im Zweifelsfall trotzdem weltweit zu verkaufen, muss Rheinmetall die Bestimmungen gegebenenfalls umgehen. Und das gelingt vortrefflich: Rheinmetall verlagert einfach die Produktion in Länder mit weniger strengen Regeln und wickelt seine Geschäfte über das Ausland ab. Rüstungsgüter, die in anderen Ländern produziert werden, unterliegen nicht der deutschen Rüstungsexport-Kontrolle.»
Und noch eine Stelle:
«Die Kungelei mit der Rüstungsindustrie ist offensichtlich: von der Politik in die Wirtschaft. Dirk Niebel, ehemaliger Entwicklungsminister, ist jetzt Leiter für Internationale Strategieentwicklung und Regierungsbeziehungen und Cheflobbyist bei Rheinmetall. Franz-Josef Jung, ehemaliger Verteidigungsminister, ist dort Aufsichtsratsmitglied.»
Der Artikel über den Rüstungskonzern Rheinmetall ist geschrieben von Marco Wenzel. Zum Original auf den NachDenkSeiten hier anklicken.
Am 9. Juni ist im Ständerat eine Motion von Werner Salzmann (SVP) traktandiert, der die Munitionssparte von RUAG International, die RUAG Ammotec, von einem Verkauf an einen ausländischen Konzern ausnehmen möchte. Seine Begründung: Die Schweiz braucht für den Kriegsfall eine eigene Munitionsproduktion. Da die RUAG und Rheinmetall bereits ein Joint Venture für die Nitrochemie in Wimmis (ehemalige Pulverfabrik Wimmis) eingegangen sind, geht man davon aus, dass Rheinmetall nun auch am Kauf der Ammotec interessiert ist.
Es wäre kein Luxus, der eine oder andere Parlamentarier, die eine oder andere Parlamentarierin würden sich über die Firma Rheinmetall vorher noch ein bisschen genauer ins Bild setzen. Der neue Trend in der Rüstungsindustrie ist bekanntlich eine weitere «Entmenschlichung» des Krieges: Auf der Seite des «Feindes» ist wie bisher das Ziel die Vernichtung von Menschen, auf der eigenen Seite ist neu das Ziel, möglichst viel schiessen zu können mit Maschinen ohne menschliche Besatzung, mit «Unmanned Ground Vehicle» UGVs und mit «Unmanned Air Vehicle» UAVs, also mit Drohnen. Im Bereich der UGV ist speziell auch Rheinmetall ganz vorne mit drin, auch wenn ihre eigenen Werbe-Videos diese UGVs nur als Transport- oder Aufklärungsfahrzeuge zeigen. Die Schiessmodelle zu zeigen, wäre psychologisch vielleicht zu schockierend. Oder vielleicht doch nicht? Wer sucht, der findet: In Südafrika zeigte Rheinmetall 2019 den «Mission Master» scharf im Schuss, Dauer des Videos 1 Minute 42 Sekunden: hier anklicken.
Die Frage sei wiederholt: Kann es sich die neutrale Schweiz politisch und moralisch leisten, einen Teil des noch staatseigenen Technologie-Konzerns RUAG an den deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall zu verkaufen und diesen damit noch zusätzlich zu stärken?
Das Risiko von Aggressoren wird stetig, trefflich minimiert —
im Hinterstübchen sitzt der Krieger-
genüsslich seine Cola schlürft er –
und nur das Volk wird dezimiert.
Wolf Gerlach, Ingenieur
Woher kommt die blödsinnige Idee dass es in der Schweiz einen Krieg gibt? Und wenn dann ist sowieso alles kaputt weil in Europa Krieg herrscht. Wie lange geht es noch bis auch dem letzten das klar wird ?