Ferien in der Schweiz: Hoch subventionierter Patriotismus
Jetzt sind sie da, die Ferien in der Schweiz. Über Wochen warben Hotels, Regionen und Schweiz Tourismus auf allen Kanälen um einheimische Gäste. Dabei fragt sich: Ist in einer Zeit, da Auslandsreisen nur bedingt und erschwert möglich sind, Werbung für Ferien in der Schweiz überhaupt noch nötig? Ja, fand zumindest das Parlament. Es hat gegen den Willen des Bundesrates 40 Millionen Franken als Corona-Hilfsprogramm für den einheimischen Tourismus locker gemacht. 20 Millionen davon flossen in die verschiedenen Ferienregionen, die andere Hälfte an Schweiz Tourismus.
Kein Geld hingegen erhielt die andere Seite der Reiseindustrie, die Reisebüros, obwohl sie viel tiefer in der Krise stecken. Einer der Grossen, Hotelplan, hat soeben 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen; weitere Entlassungen dürften folgen. Zudem warten die Reisebüros auf Geld der Swiss, welches die nationale Fluggesellschaft in deutschem Besitz über die Vermittler an die Kundinnen und Kunden für nicht durchgeführte Flüge zurückerstatten muss. Doch die Swiss, welcher der Bundesrat und das Parlament ebenfalls eine massive Subvention zusicherten, zahlt erst mit Verzug. Die Reisebüros als Mittler müssen ihre Kundschaft hinhalten oder geraten in Liquiditätsengpässe. Ein entsprechender Vorstoss von FDP-Nationalrätin Christa Markwalder von Anfang Mai wurde noch nicht behandelt.
Er anerkenne zwar, dass die Reisebürobranche «nur» an die 10’000 Arbeitsplätze umfasse, räumte André Lüthi, Chef des Reiseanbieters Globetrotter, gegenüber der Samstagsrundschau von SRF ein. Trotzdem sei diese Branche für die Schweiz wichtig. Laut Bundesamt für Statistik führten 2018 67 Prozent der Reisen mit Übernachtungen ins Ausland. Viele dieser Reisen werden von Reisbüros organisiert.
Viele Arbeitsplätze, aber vor allem Saisonniers
Schweizer Tourismusbetriebe geben über 230’000 Menschen Arbeit; das entspricht einem Anteil von rund fünf Prozent an allen inländischen Arbeitsplätzen. Annähernd die Hälfte der im Tourismus arbeitenden Personen aber sind oft nur saisonal angestellte Ausländer. Gemäss Tourismusverband sind Kurzaufenthalter essenziell für die Branche.
Wichtig ist der Tourismus vor allem für die Berg- und Randregionen. Während er schweizweit nur gerade 2,9 Prozent zur gesamten wirtschaftlichen Wertschöpfung beiträgt, erbringt er im Wallis über 14 Prozent, im Kanton Graubünden gar 30 Prozent.
Unter dem Radar
Während die regionalen Corona-Millionen als Mittel zur Arbeitserhaltung und Wirtschaftsförderung in Randgebieten also durchaus begründbar sind, lassen sich die zusätzlichen Bundesgelder für Schweiz Tourismus kaum erklären. Die bundeseigene Marketingagentur fliegt im Normalfall unter dem Radar der Politik und des öffentlichen Interesses. Es gibt sie bereits seit 1955, ihre Aufgaben sind im Bundesgesetz über Schweiz Tourismus geregelt.
Der Auftrag lautet, die Schweiz als Reise- und Tourismusland im Ausland zu fördern. Schweiz Tourismus liefert Datenmaterial für Schweizer Tourismusanbieter und organisiert weltweite Kampagnen. Dafür gibt es jährlich Bundesgelder in der Höhe von 56 Millionen Franken. Die zusätzlichen 20 Millionen Covid-Kredit kamen nun noch obendrauf.
Individualtouristen in Seitentäler bringen
Der Anteil der ausländischen Gäste in Schweizer Hotelbetten beträgt in Normalzeiten rund 55 Prozent oder rund 21 Millionen aller 38 Millionen Logiernächte in Schweizer Hotels (Stand 2019). Die drei wichtigsten Auslandsmärkte der Schweiz waren Deutschland (fast vier Millionen Logiernächte), Nordamerika (2,4 Mio.) und Greater China (1,8 Mio). Mit Abstand die stärkste Gästegruppe bleiben aber die einheimischen Gäste mit fast 18 Millionen Logiernächten in Hotels.
Für die kommenden Jahre sind gemäss Schweiz Tourismus folgende Marketingaktivitäten geplant: Neben der «umfassenden Bearbeitung des Heimmarkts» gibt es für 2020 / 2021 das Programm «Win back Europe»: Dafür werden pro Jahr 2,35 Millionen Franken investiert. Schweiz Tourismus allein finanziert 70 Prozent dieses Budgets, 20 Prozent kommen von den touristischen Partnern und 10 Prozent steuern Wirtschaftspartner bei. Ziel ist es, «neue Gäste in weniger bekannte Bergregionen und abgelegene Seitentäler zu locken.»
Ferien wichtiger als Medien
So wird Schweiz Tourismus weiterhin im Ausland für die Schweiz werben; ebenso wie die Türkei, Dubai oder das Tirol in der Schweiz um Gäste für ihre Destinationen buhlen. Etwas Gutes hat diese Werbeschlacht: Zeitungsverlage, denen die Anzeigeneinnahmen wegbrechen, können wenigstens noch Ferienwerbung schalten. So unterstützen die Bundesmillionen auch die Medien, die als vierte Gewalt im Staat ungleich wichtiger wären, als Ferien und andere Freizeitaktivitäten.
Schweizer Medien erhalten zwar ebenfalls Bundessubventionen, aber weniger patriotisch motivierten Zuspruch. So haben fast alle Bundesräte dafür geworben, Ferien in der Schweiz zu machen und 204 National- und Ständerätinnen und -räte haben einen Ferienaufruf von Hotellerie-Suisse unterschrieben. Keine und keiner von ihnen hat aber einen Aufruf gemacht, ein Print- oder Online-Abo einer Zeitung abzuschliessen. Patriotismus im Jahr 2020 heisst offenbar einfach: Ferien machen. In der Schweiz.
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Ferien machen in der Schweiz können sich sowieso nur die oberen Zehntausend und der obere Mittelstand leisten, für alle anderen ist es schlicht zu teuer. Ein Platz auf einem Camping kostet in der Schweiz mehr als eine Ferienwohnung in Ungarn oder in Kroatien. Ich meinerseits verbringe meine Sommerferien in der Ukraine, da reicht meine AHV noch für einen angenehmen Aufenthalt, in der Schweiz würde das Geld, das ich hier im Monat ausgebe, nicht mal für eine Woche reichen.
Hier wird eingangs von 40 Mio. CHF ‹Corona-Hilfsprogramm› gesprochen. 20 Mio. davon seien an Schweiz Tourismus geflossen. Unter ‹Schweiz Tourismus› später wird dies aber als 20 Mio. ‹Covid-Kredit obendrauf› bezeichnet, zu den 56 Mio. Bundesgelder jedes Jahr.
Wenn es sich aber nur um Kredite handelt, müssten sie ja wieder zurückgezahlt werden. Bei Schweiz Tourismus ggf. mit den zukünftigen jährlichen Zuschüssen verrechnet werden.
Das wäre nur eine zeitliche Vorverlagerung. Ob ‹jetzt mehr werben› Sinn macht hier, kann ich nicht beurteilen. Die typischen Schweizurlauber werden eher die mit etwas Geld sein, zumindest bei den Deutschen, die aber ggf. ohnehin kommen und ggf. insb. im Winter.
Die Masse der Chinesischen Touristen kann sich heute (= gestern) wohl schon oft keine Extras wie Restaurant leisten.
Aber wenn Kredite, dann müssten sie (erst) abgerufen werden (Entscheidung beim Betrieb) und Subventionscharakter hat das nur minimal, wenn sie zurückbezahlt werden. Wenn.
Dann ist zwar die Hintergrundinfo interessant, Merci. Aber die Ueberschrift, der Tenor der Argumentation macht keinen Sinn.
Im Verhältnis zu den Uebernachtungszahlen nehmen sich 56 Mio. p.a. Werbezuschuss an ‹Schweiz Tourismus› als moderat aus. Das bringt ja nicht nur Umsätze, Arbeitsplätze, Steuern etc. sondern auch Reputation für die Schweiz.
Und wenn die 40 Mio. Kredite sind, stellen sie keine Subvention im eigentlichen Sinne dar, nur ein etwaiger Zinsvorteil oder Bürgschaftsanteil.
Die Ferne lockt ! Also, nichts wie los jetzt, nichts wie weg ! – Nicht ins Tessin, nicht ins Engadin, nicht ins Appenzellerland, nicht ins Wallis ! Nicht in die Berge, nicht auf die Alp ! – Ans Meer stattdessen, nach «Bella Italia», ins Land wo die Zitronen blühn ! Nach Sizilien, nach Kalabrien oder nach Sardinien ! Sehnsuchtsorte sind Palermo, Tropea oder Cefalù ! Und ganz sicher nicht Zermatt, Brülisau, Gstaad oder St.Moritz ! Vier Monate festgenagelt zu sein in der Schweiz war mehr als genug. Jetzt auch noch Ferien zu machen zu Hause in der Schweiz, um einer im Sinne von «Political Correctness» quasi verordneten vorgeblich patriotischen Bürgerpflicht zu folgen ? Nein, danke ! Käi Luscht !
Schweizer-Patrioten sind nun plötzlich gefragt bei Schweiz Tourismus. Aber etwa die noch kurz vor Corona fertiggebaute Bahn Grindelwald-Eigergletscher wurde nicht für uns Patrioten erstellt. Sie ist nur nötig für den Massentransport bei Kontingentierung für Schweizergäste. Erhalt und Existenzsicherung der altehrwürdigen Jungfraubahnen waren kein Thema. Vielleicht könnte man ja den Plunder mit den Subventionsgeldern des Bundes wieder abreissen. Ein Itramenwald ohne Seilbahnmasten, was meint wohl Herr Kessler dazu?
Anstatt irgendwohin zu reisen, kann man auch einfach in der Gegend seines Hauses ein bisschen spazieren gehen und dafür sich weiterbilden. So empfehle ich allen, die es noch nicht getan haben, diesen Sommer Esperanto zu lernen. – Elkorajn salutoj kaj bonan someron!
Meine Erfahrungen mit Ferien in der Schweiz! Im März 2 Anfragen, Mail, für einen Aufenthalt mit 4 Übernachtungen im Monat August. Anfrage an 5* Hotel Tessin, nach 24 Stunden Mail bekommen mit Danke für die Anfrage und Zimmerpreisliste per PDf, Preise gültig bis 20. April 2020. 5* Hotel im Berner Oberland. 14 Tage nichts gehört! Verhalten der Direktionen logisch, da die SteuerzahlerInnen das Gewerbe schon mitfinanzieren dürfen ist anständige Behandlung nicht nötig!
Heute profitieren die Erbauer u. Finanziers von Tourismus-Immobilien hauptsächlich vom Tourismus.
Menschen die da hart arbeiten müssen, profitieren am wenigsten, aber in der Not muss selbst der Teufel Fliegen fressen, sagt der Volksmund.
Die Chin. Touristen, die in die Schweiz kommen können, haben genug Geld, aber der Wettbewerb auch für dieses Segment ist hart.