Endlich: Mehr Transparenz bei Politikfinanzierung
Am 18. Juni hat das Parlament mit 139 Ja- zu 52 Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen dem indirekten Gegenvorschlag zur Transparenz-Initiative zugestimmt. Damit erhält die Schweiz nach vielen erfolglosen Versuchen, grossem Widerstand und einer langen Wartezeit endlich ein Gesetz, das Parteien verpflichtet, die Grossspenderinnen und Grossspender von Wahl- und Abstimmungskampagnen offenzulegen.
Die Plattform für eine transparente Politik «lobbywatch.ch» bezeichnet die Annahme des indirekten Gegenvorschlags denn auch als «Wunder» und als einen «wahrhaft historischen Entscheid.» Das Parlament habe die Zeichen der Zeit endlich erkannt. Zeichen, die schon lange da waren. Denn immerhin ist die Schweiz der einzige Mitgliedsstaat des Europarats, der auf nationaler Ebene über keine Regelungen zur Offenlegung der Parteien- und Wahlfinanzierung verfügt. Deshalb hagelte es auch Kritik aus dem Ausland. Etwa, als die Schweiz 2018 von der Staatsgruppe gegen Korruption (Greco) erneut die Note «ungenügend» erhielt.
Mit der Annahme des indirekten Gegenvorschlags dürfte der Schleier über der Politikfinanzierung in der Schweiz künftig – zumindest etwas – gehoben werden.
Der Weg war lang…
Am 10. Oktober 2017 reichte ein Komitee die sogenannte Transparenz-Initiative ein. Die Initiantinnen und Initianten (SP, Grüne, BDP, EVP, Piratenpartei, Transparency International Schweiz), forderten, dass politische Parteien ihre erhaltenen Spenden ab einem Betrag von 10’000 Franken offenlegen müssen. Eine weitere Forderung: Auch bei Wahl- und Abstimmungskampagnen, die über 100’000 Franken kosten, sollen die Beträge ab einem Schwellenwert von 10’000 Franken offengelegt werden.
Die Zielsetzungen des Komitees kamen bei der Bevölkerung an, die Transparenz-Initiative wurde mit insgesamt 109’000 gültigen Unterschriften eingereicht. Doch vor allem Politikerinnen und Politiker aus dem bürgerlichen Lager sprachen sich gegen die Initiative aus. Sie sahen unter anderem eine Gefahr für die Privatsphäre und argumentierten mit einem möglichen Rückgang der Spenden, da viele Spenderinnen und Spender lieber anonym bleiben wollten.
Ähnlich der Bundesrat, der dem Parlament empfahl, das Volksbegehren ohne Gegenentwurf abzulehnen. Eine nationale Regelung der Parteifinanzierung sei kaum mit dem politischen System der Schweiz vereinbar, hiess es damals. Die «Checks and Balances» würden auch ohne Transparenz funktionieren. Zudem bestehe die Gefahr, dass sich die Beiträge an Parteien und Komitees verringern könnten. Und nicht zuletzt seien für eine effektive Umsetzung der geforderten Transparenzvorschriften aufwändige Kontrollen nötig. Aber den Kantonen stehe es frei, entsprechende Regelungen zu erlassen.
… das Ziel noch nicht ganz erreicht
In der Tat hat erschienen die Themen Transparenz und Politikfinanzierung in letzter Zeit bei einigen Kantonen auf der politischen Agenda. Im Wallis und in der Waadt laufen entsprechende Bemühungen, im Kanton Freiburg wurde eine Transparenz-Initiative mit 69 Prozent Ja-Stimmen deutlich angenommen. Schaffhausen verordnete sich vor einem Jahr mehr Transparenz. Und mit einem knappen Vorsprung stimmten die Einwohnerinnen und Einwohner auch im Kanton Schwyz für mehr Transparenz bei der Politikfinanzierung. Zwar wurde das ausgearbeitete Gesetz danach abgelehnt und die Zielsetzung verfehlt – trotzdem zeigen auch die Bemühungen der Schwyzerinnen und Schwyzer: Transparenz ist en vogue.
Darin vermutet denn auch «lobbywatch.ch» das Umschwenken im Parlament: Die Transparenzinitiative geniesse bei der Bevölkerung der Schweiz grosse Sympathien und sei entsprechend schwierig zu bekämpfen. Wohl auch deshalb habe die kleine Kammer vorgeschlagen, die Thematik statt in der Verfassung, in einem Gesetz festzuschreiben. Es folgte ein indirekter Gegenvorschlag der Staatspolitischen Kommission des Ständerates, den die Initiantinnen und Initianten in dieser Form aber nicht akzeptieren konnten: Transparenz erst bei einem Schwellenwert von 250’000 Franken für Kampagnen und 25’000 Franken für Einzelspenden.
Nach einem Kräftemessen zwischen den Räten gab es dann das, was «lobbywatch.ch» als «überraschenden Kompromiss» bezeichnet. Die Transparenzschwelle für Einzelspenden liegt nun bei 15’000 Franken. Das ist zwar immer noch höher, als es die Initiantinnen und Initianten verlangt hatten. Dafür wurde aber die Offenlegungspflicht für Kampagnen auf 50’000 Franken festgelegt – was im Vergleich zu den Forderungen der Initiantinnen und Initianten sogar einer Verschärfung entspricht.
«Lobbywatch.ch» kommentiert: «Zwar müssen politische Parteien immer noch nicht offenlegen, wie sie sich finanzieren und von wem sie Geld erhalten. Da aber in der Schweiz die Finanzierung viel mehr über die kantonalen als über die nationalen Parteien läuft, wären diese Angaben wohl nur von beschränkter Aussagekraft gewesen.»
In der Zwischenzeit haben die Initiantinnen und Initianten erklärt, ihre Initiative zurückzuziehen, wenn gegen das Gesetz kein Referendum ergriffen wird.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Und die sog. NGOs, Nichtregierungsorganisationen, die etablierten Verbände und auch die kurzlebigen politischen Interessengruppen und selbsternannten Initiativkomitees, müssen die ihre finanziellen Hintergründe auch offenlegen?!
endlich eine positive Nachricht aus Bundesbern!
Jetzt braucht es noch Transparenz bei der Medienfinanzierung. Ich möchte wissen, welche Medien schon alle von der SVP gekauft worden sind. Da wären sicher mehr zu nennen als nur die Weltwoche, die BaZ und der Nebelspalter.
Was bezüglich Parteienfinanzierung abgeht, mag durchaus interessant sein. Wirklich relevant scheint es aber nicht. Ist es doch längst nicht mehr die unsere parlamentarische Parteiendemokratie, die in lebenswichtigen Fragen den Takt und den Ton angibt. Sind es nicht längst gross Mächtige und schwer Reiche, die ohne politisches Mandat verantwortungslos und wertefrei sagen, wo’s langgeht?
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schade um den verpassten Dialog