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Der Klimawandel macht vor Landesgrenzen nicht halt. © BBClimateChampions/Flickr/CC

Die Schweiz hinkt ihrem Klimaziel hinterher

Hanspeter Guggenbühl /  Von 2008 bis 2010 erzeugte die Schweiz zehn Prozent mehr klimawirksame Gase, als der Vertrag von Kyoto erlaubt.

Die Schweiz muss ihre Treibhausgase im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012 um acht Prozent unter das Niveau von 1990 senken. Das verlangt der Klimavertrag von Kyoto. Gemessen in CO2-Einheiten (CO2-Equivalent) entspricht das einer durchschnittlich erlaubten Menge von 48,6 Millionen Tonnen pro Jahr. Dieses Ziel hat die Schweiz in den ersten drei Zieljahren deutlich verfehlt. Das bestätigt die gestern veröffentlichte Klimabilanz des Bundesamtes für Umwelt.

Zehn Prozent über dem Kyoto-Limit

• Im Jahr 2010 erzeugten inländische Haushalte, Wirtschaft und Verkehr 54,2 Millionen Tonnen CO2-Einheiten, also 11,5 Prozent mehr Treibhausgase als durchschnittlich erlaubt. Die nochmalige Zunahme gegenüber dem Vorjahr führt das Bundesamt für Umwelt hauptsächlich auf die kälteren Wintermonate zurück, zum Teil auch auf das Wirtschaftswachstum.
• Im Durchschnitt der drei Jahren 2008 bis 2010 produzierte die Schweiz jährlich 53,4 Millionen Tonnen und überschritt damit das Kyoto-Ziel um rund zehn Prozent.

Witterung und Ablasshandel

In den verbleibenden Zieljahren 2011 und 2012 müsste die Schweiz ihre Treibhausgase im Inland auf durchschnittlich 41,3 Millionen Tonnen CO2-Equivalent/Jahr, also um über 20 Prozent vermindern, um das Kyoto-Protokoll innerhalb der eigenen Landesgrenzen erfüllen zu können. Im abgelaufenen Jahr 2011 dürfte sie sich diesem Ziel etwas angenähert haben (die offizielle Statistik dazu folgt erst 2013). Denn die Wintermonate 2011 waren überdurchschnittlich warm und verminderten den Bedarf an Heizenergie. Zudem verminderte der starke Franken die Attraktivität des Treibstofftourismus, der die Schweizer Klimabilanz – mit jährlichen Schwankungen – immer schon belastet hat.

Umstrittene Kompensation im Ausland

Trotzdem ist absehbar: Der inländische Ausstoss an Treibhausgasen wird im gesamten Zeitraum 2008 bis 2012 deutlich höher sein, als der Klimavertrag von Kyoto erlaubt. Die Differenz zwischen Verpflichtung und Resultat muss die Schweiz deshalb ausserhalb ihrer Landesgrenzen ausgleichen. Dazu dienen primär europäische Emissionszertifikate, welche die Schweiz über die private Stiftung Klimarappen beschaffte und noch beschaffen wird, sowie die Finanzierung von Projekten, welche die Treibhausgase in der Dritten Welt reduzieren.

Dieser Ablasshandel ist allerdings umstritten, weil er viele Schlupflöcher enthält. Das Kyoto-Protokoll verlangt deshalb, dass die einzelnen Staaten ihre Treibhausgase «im Wesentlichen» im Inland senken; dies vor allem mit Massnahmen zur Senkung des fossilen Energieverbrauchs. Diese Anforderung hat die Schweiz verfehlt, weil ihre Wirtschaft seit 2000 stark wuchs und ihre Klimapolitik bisher schwach blieb.

Minus 22 Prozent bis 2020

In mittlerer Zukunft aber soll alles anders werden. Denn laut revidiertem CO2-Gesetz muss die Schweiz ihre Treibhausgase bis zum Jahr 2020 allein im Inland um 20 Prozent unter das Niveau von 1990 senken. Gegenüber dem Jahr 2010 entspricht das einer Reduktion um 22 Prozent. Umstritten ist, wie weit bei diesem neuen Ziel der CO2-Ausstoss von allfälligen Gaskraftwerken mit berücksichtigt werden muss. Darüber wird der Bundesrat per Verordnung entscheiden.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

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Eine Meinung zu

  • am 18.04.2012 um 15:04 Uhr
    Permalink

    Hier meine ich, Lieber Hanspeter Guggenbühl, dass Du mitverantwortlich bist, dass das Klimaziel nicht erreicht wird. Seit Jahrzehnten weigerst Du Dich, über vergleichende Energie-Verbrauchs-Analysen zu berichten, aus denen erkannt werden kann, dass die herrschenden Energiegesetze in der Schweiz nicht zielführend sind.
    Mach weiter so!
    Herzliche Grüsse Paul Bossert, Bau- & Energiefachmann

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