Sperberauge
Der Kantonsrichter als Dichter
Letzten Sommer 2016 erteilte das Bundesgericht dem Bündner Kantonsgericht eine Lektion in Transparenz und verlangte von diesem, auch Urteile herauszugeben, wenn diese noch nicht rechtskräftig sind. Mit diesem Leitentscheid setzte das Bundesgericht nicht nur für die Bündner Justiz ein klares Signal, sondern auch für die Gerichte in anderen Kantonen.
Die Vorgeschichte: Norbert Brunner, Präsident des Kantonsgerichts Graubünden, hatte sich im Februar 2016 geweigert, der SRF-Journalistin Stefanie Hablützel zwei Urteile im Fall der St. Moritzer Skeleton-Bahn Cresta Run zugänglich zu machen, weil diese noch nicht rechtskräftig und folglich geheim seien. Gegen die Weigerung des Kantonsgerichts reichte Radio SRF eine Beschwerde beim Bundesgericht ein.
Das klare Urteil aus Lausanne nahm Brunner zähneknirschend zur Kenntnis und redete wacker dagegen an. Infosperber berichtete darüber (hier und hier).
Jetzt wurde Brunner für seine intransparente Haltung vom Recherche-Netzwerk investigativ.ch für den Schmähpreis «Goldener Bremsklotz 2017» nominiert, der am 10. Mai verliehen wird. Neben Brunner kandidieren auch das Eidgenössische Personalamt und das Bundesstrafgericht.
Beachtliches dichterisches Talent
In seiner «heiter-ernsten Stellungnahme» gegenüber investigativ.ch zeigt sich der bundesgerichtlich scharf gerügte Kantonsrichter Brunner uneinsichtig und fährt dem Bundesgericht und den Medien an den Karren. Dabei muss man neidlos anerkennen: Brunner zeigt bei seiner Verarbeitung des Rüffels aus Lausanne beachtliches dichterisches Talent:
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Kurt Marti ist Mitglied von investigativ.ch