Bischof baut Hürden gegen Kirchenaustritte
Wer in der Schweiz aus der katholischen Kirche austreten will, kann sich an die Kirchgemeinde am Wohnort wenden. Im Wallis ist das seit kurzem nicht mehr so, wie die Freidenkervereinigung Oberwallis informiert. Bischof Norbert Brunner von Sitten, der gleichzeitig Präsident der Schweizerischen Bischofskonferenz ist, hat das entsprechende Taufreglement des Bistums Sitten präventiv abgeändert.
Pfarrer muss die Austrittswilligen wegweisen
Unter dem Paragraph «XIII. Kirchenaustritt» hält Bischof Brunner zackig fest: «Zuständig: der Pfarrer der Taufpfarrei.» Und falls sich die Austrittswilligen wie bisher bei der Wohnortspfarrei melden, ist der Pfarrer geboten, sie wegzuweisen: «Wird die Austrittserklärung dem Pfarrer der Wohnortspfarrei vorgelegt, kontaktiert er nicht selber die Taufpfarrei, sondern weist den Gesuchsteller an, seine Erklärung bei der Taufpfarrei einzureichen.»
Mit dieser Verweigerung einer normalen Dienstleistung will der Bischof von Sitten offenbar die Hürden gegen Kirchenaustritte erhöhen. Die Abtrünnigen sollen sich zuerst auf die Suche nach ihren Wurzeln machen. Ausgerechnet die Austrittswilligen haben bekanntlich den Taufschein nicht immer griffbereit in der Westentasche, um darauf die Taufgemeinde zu lokalisieren. Von einer Informationspflicht des Pfarrers der Wohnortspfarrei ist in der Neuregelung freilich nicht die Rede.
Die Exkommunikation als Tatstrafe
Im bischöflichen Taufreglement wird noch eine weitere, vermutlich ineffektive Hürde genannt: «Im Rahmen des Möglichen soll ein Seelsorgegespräch mit dem Gesuchsteller stattfinden. Dabei ist dieser über die Bestimmungen des can. 1364 zu informieren.» Hoppla! Auch das hat nicht jede und jeder präsent. Damit ist nämlich Artikel 1364 § 1 des sogenannten kanonischen Rechtes der katholischen Kirche gemeint und da steht: «Der Apostat, der Häretiker oder der Schismatiker ziehen sich die Exkommunikation als Tatstrafe zu.»
Der Abtrünnige kommt also nicht straflos davon. Er wird exkommunziert, worüber er im vorliegenden Fall eher erfreut sein wird. Dennoch ist er Subjekt einer Tatstrafe, welche gemäss kirchlichem Recht bereits mit dem Begehen der Verfehlung von selbst eintritt (excommunicatio latae sententiae). Nicht zu verwechseln ist die Tatstrafe mit der Spruchstrafe, welche von der zuständigen Autorität ausgesprochen wird (excommunicatio ferendae sententiae), nachdem die betreffende Person ein öffentliches Ärgernis erregt hat.
Offener Brief der Oberwalliser Freidenker
Die Freidenker-Vereinigung Oberwallis hat kurz vor Weihnachten einen offenen Brief an Bischof Norbert Brunner geschickt und ihm ein paar Fragen zur neuen Taufregelung gestellt (siehe Link unten). Präsident der Freidenker-Vereinigung Oberwallis ist der OS-Lehrer Valentin Abgottspon, welcher bekanntlich entlassen wurde, weil er Kruzifixe im Klassenzimmer ablehnt. Unter anderem halten die Freidenker fest, dass die Änderung «nicht öffentlich kommuniziert» wurde. Und sie fragen: «Wird das Bistum diese exklusive Änderung öffentlich mitteilen oder obliegt es alleine den Interessengruppen wie der unsrigen, die Austrittswilligen über den – vom Schweizer Standard abweichenden – Prozess zu informieren?»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Sehr skurril irgendwie. Aber nicht sehr überraschend, ein Verein, bei dem man nicht selber und aus freiem Willen Mitglied wird erschwert den Austritt, das ist irgendwie doch nur logisch.
Aber interessant wäre eigentlich eine ganz andere Frage: Wie sieht es rechtlich aus? Erklärt jemand gar nie den Eintritt in einen Verein, ist er eigentlich ja gar nicht Mitglied. Die einzige verbindliche Erklärung der Zugehörigkeit dürfte die Erklärung gegenüber dem Einwohnermeldeamt sein, entsprechend müsste ja eigentlich auch eine Mutation
dieses Eintrags rechtsverbindlich sein.
Entsprechend müsste jemand auch nicht den Austritt erklären, sondern lediglich die Nichtmitgliedschaft feststellen.
Gibt es dazu Gerichtsentscheide?
Wie ich Sie liebe, die Feinheiten in der heutigen Berichterstattung. Es ist anzunehmen, dass Norbert Bischof Brunner eine begründete Erklärung für sein Vorgehen mitgegeben hat. Zum Thema Exkommunikation: Diese gilt weder für Frau Müller noch für Herrn Meier per se. Sie gilt für die allerseltensten Fälle von Apostasie, Häresie und für die Schismatiker. Bitte um Definition dieser drei Begriffe. Sorry liebe Freidenker.
@Marlis Steiner:
"Der Ausdruck Apostasie (altgriechisch ????????? apostasía ‚Abfall‘; von ????????? aphistamai ‚abfallen‘, ‚wegtreten‘) bezeichnet die Abwendung von einer Religion durch einen förmlichen Akt (beispielsweise Kirchenaustritt oder Übertritt zu einem anderen Bekenntnis, Konversion). Jemand, der Apostasie vollführt, ist ein Apostat. Während Häresie nur eine oder mehrere überlieferte Lehren der Religion bestreitet, besteht die Apostasie in der Ablehnung der verlassenen Religion als solche.» (http://de.wikipedia.org/wiki/Apostasie)
Tja, auch sorry, liebe Frau Steiner.