Aufgespitzt: Gerechte Steuern, Wohlstand für alle
Ulrich Thielemann ist der Wirtschaftsethiker, der von 2001 bis 2010 Vizedirektor des Instituts für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen war. Direktor wurde er (wohl auch deshalb) nicht, weil er 2009 öffentlich festgestellt hatte, der Schweizer Elite fehle in Sachen Steuerhinterziehung das Unrechtsbewusstsein. Christoph Blocher hatte sich auch für dieses Amt beworben und es auch nicht bekommen.
Diese Woche schreibt er in der WoZ über die Bankenrepublik Schweiz und mehr am Rande auch über Steuergerechtigkeit. Er stellt fest, dass die «Abgeltungssteuer» einmal mehr das Kapitaleinkommen gegenüber Arbeitseinkommen privilegiert. Und dass das schon seit Jahren ein Problem ist, das sich zunehmend verschärft. Und ein bedeutender Grund ist für die Wirtschaftskrise, in der wir stecken.
Wörtlich: «Warren Buffet, der derzeit drittreichste Mensch dieser Welt, hat kürzlich einen eindringlichen Appell an die Welt ausgesandt: besteuert mich und meinesgleichen endlich angemessen! Hört auf, die ‚Superreichen’ zu ‚hätscheln’. Es sei doch vollkommen absurd, dass er für sein Kapitaleinkommen in Millionenhöhe mit 17,4 Prozent besteuert werde, seine Mitarbeiter aber mit durchschnittlich 36 Prozent. Seit etwa 30 Jahren ‚hofiert’ die Politik so ziemlich aller Nationalstaaten das Kapital, wie es der deutsche Ökonom Hans-Werner Sinn einmal sagte. Eine wesentliche Dimension dieser Privilegierung ist die Minderheitenbesteuerung des Kapitals, die durch Steueroasen – nicht nur von der Schweiz! – vorangetrieben wurde.»
«Damit wurde ein Teufelskreis in Gang gesetzt: Es gibt immer mehr Kapital, das zugleich prozentual immer tiefer besteuert wird, womit noch mehr Kapital angehäuft wird. Das Kapital weiss gar nicht mehr, wohin. Darum erzeugt es Blasen. Denn die Realwirtschaften sind offenbar nicht in der Lage, die Renditeforderungen der Finanzmärkte zu erwirtschaften…
Wohlstand für alle ?
…Vieles spricht dafür, dass eine hohe Besteuerung des Kapitals, das ja einem ‚arbeitsfreien Renteneinkommen’ (der liberale Wirtschafts- und Sozialwissenschafter Max Weber) entspricht, eine Grundbedingung darstellt für einen Wohlstand für alle statt bloss für wenige. Die Schweiz nimmt eine Schlüsselposition dafür ein, dieser Gerechtigkeitsvision zum Durchbruch zu verhelfen. Derzeit sieht es nicht danach aus, dass sie ihrer hohen Verantwortung aus eigenem Antrieb gerecht werden wird.» (Ulrich Thielemann in: WoZ Nr. 34, 25. August 2011)
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine