Sperberauge
Admeira: da ist nichts zu bewundern
Die drei Mediengiganten Swisscom, SRG und Ringier dürfen ihre Werbevermarktung zusammenlegen. Das hat nach der Schweizer Kartellbehörde WEKO am 29. Februar auch die zuständige Bundesrätin Doris Leuthard bewilligt, medienpolitisch eine Dummheit sondergleichen. Und bereits am 4. April nimmt nun die neue Firma ihren Betrieb auf – unter dem Namen Admeira.
Zu admirieren, zu bewundern, gibt es da allerdings nichts. Der Deal ist nicht nur dirty, weil er bis zur Abstimmung über das neue Finanzierungsmodell der SRG zur Schonung der von der SVP attackierten SRG geheim gehalten wurde, er ist auch dirty, weil die drei Partner nicht zusammen gehören: die SRG, eine öffentlich-rechtliche Institution, dem Service public verpflichtet, die Swisscom, ein Quasi-Monopol, deren Aktienmehrheit immer noch dem Staat gehört, und Ringier, ein rein privates Unternehmen. Wir, die wir nun alle an die SRG unseren Beitrag zahlen müssen, helfen also mit, Ringier noch grösser und dominanter zu machen – ausgerechnet Ringier, ein Medien-Unternehmen und mehr und mehr ein Gemischtwaren-Laden, der bereits massiv mit dem deutschen Medien-Giganten Axel Springer verbandelt ist.
Nein, «admirer» muss man Admeira nicht, im Gegenteil. Der Deal ist ein Meilenstein auf dem Weg der Medien weg von der Information und hin zum Missbrauch digitaler Daten und zum geistlosen Profit um des Profits willen – in private Taschen natürlich.
Die NZZ am Sonntag hat in ihrer Ausgabe vom 24. Januar ein Porträt von Ringier-CEO Marc Walder ins Blatt gesetzt, der erhellender kaum sein könnte. Die ersten drei Abschnitte des von Michael Furger absolut brillant formulierten Textes seien hier im Wortlaut wiedergegeben:
«Kürzlich war Marc Walder in Kalifornien. Silicon Valley. Das Tal der coolen Typen, die entweder viel Geld haben oder eine Superidee für das nächste grosse Geschäft. In der Nähe gab es eine Tagung, im Fairmont Hotel in San Francisco. Die Chefin von Facebook war da. Der Gründer von Google, der Erfinder von Airbnb. Und auch Marc Walder aus der Schweiz. Er war allerdings nicht auf der Bühne bei den Leuten mit dem Geld und den Ideen. Er sass im Publikum und twitterte die ganze Zeit, was ihm gerade Sensationelles zu Ohren gekommen war; meistens jene Art von grossspurigen Sprüchen, wie man sie nur in Amerika hört: «Wenn du dich nicht neu erfindest, wirst du plattgemacht!» zum Beispiel. Walder füllte damit seinen Twitterkanal wie ein aufgeregter Teenager.
Marc Walder ist der Chef von Ringier, dem grössten Medienhaus der Schweiz. Er leitet es nicht nur, er treibt es an. Denn Walder will aus Ringier eine neue Firma machen. Im Moment ist er etwa auf halbem Weg. In den letzten Jahren hat er den Zeitungsverlag zu einem Unterhaltungs- und Handelsunternehmen umfunktioniert. Das Ringier-Reich spannt sich heute über 96 Firmen. Sie verkaufen Staubsauger und Skipässe, organisieren Konzerte, vermitteln Wohnungen, betreiben ein Café und vermarkten Fussballspiele. Journalismus macht Ringier auch noch. Doch der ist allmählich zur Nebensache geworden.
Denn Walder sieht die Zukunft seiner Firma woanders. Ringier soll am Ende so werden wie Amazon oder Google. Das sagt er natürlich nicht, aber wenn man ihn eine Weile begleitet auf seiner Reise durch die kunterbunte Ringier-Welt, wird das ziemlich klar. Er will das grosse Geld mit Daten verdienen, mit Online-Handel, digitalen Marktplätzen, personalisierter Online-Werbung und Vermarktungsgeschäften. Einen Drittel des Umsatzes erzielt Ringier bereits im Digitalbereich, mehr als jedes andere Schweizer Medienhaus. Das ist ein Anfang, aber nicht genug. Walder möchte eine Technologiefirma bauen. Er möchte am ganz grossen Rad drehen – wie seine Vorbilder im Fairmont Hotel in San Francisco.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Der Autor war als Chefredaktor und Verlagsmanager 15 Jahre im Medienkonzern Ringier tätig, zuletzt als CEO von Ringier Prag (bis 1997).