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Die Grossbank spendet über eineinhalb Millionen Franken ans bürgerliche Lager: UBS-Gebäude in Zürich. © cc-by-sa Martin Abegglen

Parteifinanzen: Grossspenden sind aussagekräftiger

Balz Oertli /  Viele Medien verbreiteten eine wenig aussagekräftige Statistik. Wie tief die Taschen der Parteien wirklich sind, bleibt im Dunkeln.

psi. Dies ist ein Gastbeitrag. Balz Oertli ist Journalist beim Recherchekollektiv WAV und Vorstandsmitglied bei Lobbywatch.

Die UBS, der Wirtschaftsdachverband EconomieSuisse und eine Sika-Erbin: Zum ersten Mal mussten die nationalen Parteien einen Teil ihrer Geldgeber:innen offenlegen. Ein Blick auf die Zahlen zeigt jedoch, dass weiterhin unklar bleibt, welche Partei über wie viel Geld verfügt. Deutlich wird jedoch, wie stark die Schweizer Politik auf Grossspender:innen angewiesen ist.

Seit der Einführung der neuen Transparenzregeln zur Politikfinanzierung im letzten Herbst ist die nationale Politik verpflichtet, teilweise Einblick in ihre Finanzen zu gewähren. Kampagnenführende mussten bereits für drei Urnengänge ihre Finanzen der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) offenlegen. Nun mussten auch die im Parlament vertretenen Parteien erstmals bekannt geben, wie viel sie im vergangenen Jahr eingenommen haben.

Kein Vergleich möglich

Die Schweiz kennt keine offizielle Parteienfinanzierung: Parteien sind, wie der lokale Turnverein, von den Spenden und Mitgliederbeiträgen abhängig. Die mangelnde Transparenz bei der Schweizer Parteifinanzierung kritisiert Lobbywatch bereits seit Jahren. Mit der Offenlegung der Jahreseinnahmen schien eine alte Forderung erfüllt. Folgt man den veröffentlichten Budgets, scheint die SP mit Abstand die reichste Partei. Mit 9 Millionen hat sie letztes Jahr einen Drittel mehr verdient als die SVP auf Rang 2.

Aber: Die Gesamteinnahmen der Parteien sind nur begrenzt aussagekräftig, denn sie lassen keinen Vergleich zwischen den Parteien zu. So deklarierte die SP für 2023 über 600’000 Franken an Mitgliederbeiträgen. Die Mitte-Partei dagegen gar keine. Das gleiche Bild zeigt sich bei den Zahlen zum «Verkauf von Gütern und Dienstleistungen». Auch hier deklarierte die SP Einnahmen von über 600’000 Franken. Die SVP verdiente damit gerade mal 60’000 Franken.

Ein wesentlicher Grund dafür liegt darin, dass nur die nationale Partei der Offenlegungspflicht unterliegt, nicht aber ihre Kantonalsektionen. Je zentralisierter eine Partei organisiert ist, desto umfassender muss sie ihre Finanzen offenlegen. Gleiches gilt für Komitees: Je mehr Kampagnen eine Partei selbst durchführt und nicht an Komitees oder Dritte delegiert, desto mehr finanzielle Mittel muss sie bei der EFK deklarieren.

Zwar erzielte die SP Schweiz 2023 die höchsten Einnahmen, doch das macht sie nicht automatisch zur reichsten Partei. Es könnte auch daran liegen, dass sie stärker zentralisiert ist oder im Gegensatz zu anderen Parteien mehr Kampagnen selbst durchführt. Aus den vorliegenden Zahlen lässt sich dies jedoch nicht ablesen. Ein echter Vergleich zwischen den Parteien ist daher anhand der neuen Daten nicht möglich.

Und so räumte die EFK an einem Mediengespräch auch ein: Die Zahlen zeigten nicht, wer am meisten Geld habe, sondern nur, wie unterschiedlich die Parteien organisiert seien.

Das Bankenland Schweiz

Aufschlussreicher als die Gesamteinnahmen sind die Parteispenden. Solche müssen die Parteien ab einer Grösse von 15’000 Franken offenlegen. Und diese Zahlen haben es in sich: Die zehn grössten Spender:innen beschenkten die Parteien im letzten Jahr mit 6 Millionen. Das macht 20 Prozent des Gesamtbudgets aller Parteien aus.

Am meisten Geld floss 2023 von der UBS. Ganze 1,125 Millionen zahlte die Grossbank an die Parteien SVP, FDP, Mitte und GLP. Dazu passen die Aussagen von Personen aus verschiedenen Parteisekretariaten, dass die UBS nur Parteien unterstütze, die sich zum Bankenplatz Schweiz bekennen.

Geldgeberin Nummer zwei ist der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse – auch dieser vergab eine Million an das bürgerliche Lager. Dagegen profitierte das linke Lager von der drittgrössten Spende: Es ist die bereits bekannte Million von Sika-Erbin Carmita Burkard ans Wahlkampfbudget der Grünen.

Auch der Blick auf die verschiedenen Branchen ist aufschlussreich. Banken und Versicherungen führen das Feld an: Mit 3 Millionen Franken tragen sie 10 Prozent zu den Parteibudgets bei. Darauf folgen Wirtschaftsverbände, Industrie und die Pharma.

BrancheBetrag
BankenCHF 1’679’685.00
VersicherungenCHF 1’429’921.20
WirtschaftsdachverbändeCHF 1’326’425.25
IndustrieCHF 529’599.00
PharmaCHF 475’000.00
NahrungsmittelCHF 210’000.00
AutomobilCHF 185’000.00
AirlineCHF 150’915.00
TabakCHF 70’000.00
Umwelt-NGOCHF 25’000.00
LogistikCHF 20’000.00

Die Grünen verlangen am meisten

Die Parteien mussten auch ihre Mandatsbeiträge im Detail offenlegen – also wie viel die National- und Ständerät:innen sowie von ihnen gewählte Personen an ihre Partei abtreten. Neben den Parlamentsmitgliedern leisten auch Bundesrichterinnen, Bundesverwaltungs- und Strafrichter, der Bundeskanzler, der EDÖB und der Bundesrat Beiträge. Dabei zeigt sich ein klares Muster: Die Ratslinke tritt ihrer Partei doppelt so viel ab wie das bürgerliche Lager. Am höchsten lagen die Mandatsabgaben 2023 bei der GLP und den Grünen mit über 7’000 Franken pro Person. Im Vergleich dazu betrug der Durchschnitt bei den FDP-Mitgliedern nur etwa 2’500 Franken.

«Teilweise intransparente» Gönnervereine

Die Offenlegung der Parteieinkommen markiert die vollständige Umsetzung der neuen Transparenzregeln bei der Politikfinanzierung. Die EFK zog hierzu ein erstes Zwischenfazit und stellte bei einer Medienkonferenz fest, dass die Deklarationen im Grossen und Ganzen gut funktionieren. Die Transparenz in der Politikfinanzierung habe feststellbar zugenommen, sei jedoch noch lange nicht ausreichend. Besonders hob die EFK hervor, dass die Akteure die Herkunft ihrer Mittel genauer überprüfen könnten. Vor allem bei Zuwendungen über Gönnervereine und Stiftungen lasse der Nachweis der Finanzierung oft zu wünschen übrig (Infosperber berichtete).


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Balz Oertli ist Vorstandsmitglied von Lobbywatch. Als Journalist beim Recherchekollektiv WAV arbeitet er auch am Transparenzprojekt «Das Geld und die Politik».
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Eine Meinung zu

  • am 13.09.2024 um 13:16 Uhr
    Permalink

    Interessante Aussage im Artikel: «Wie tief die Taschen der Parteien wirklich sind, bleibt im Dunkeln.» Könnte wohl heissen, dass die Taschen sehr tief und voll sein müssen, um genügend Geld zu haben, die gewünschte politische Richtung durchsetzen zu können, damit die die Gross-Taschen-Füller-Spender nicht enttäuscht werden? Möglich, dass die globalen Konzerne mit Sitz in der Schweiz, aus der CDU-Spenden-Affäre gelernt haben, wie man anständig verteilt, damit es keine Probleme gibt. Bekanntlich wurde Altkanzler Kohl in den internationalen Beirat der Credit Suisse gewählt und die Spendenaffäre wurde publik:. Die Nachwirkungen bestimmen bis zum heutigen Tag den Kurs einer Partei und deren kleiner Schwester, weil Kohls Mädchen, wie man hört, mit Basler-Fürsorge-Tipps ins Kanzleramt einziehen konnte. Die Parteien werden wohl aus der Sache gelernt haben, wenn die Einnahmen transparent sind: gibt es keine Probleme und alle sind happy.
    Gunther Kropp, Basel

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