Sperberauge

Manipuliert, unterdrückt, gefälscht

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

Urs P. Gasche /  Die US-Regierung verbog nicht nur die Wahrheit, um Kriege zu führen, sondern manipulierte auch missliebige Forschungsergebnisse.

Ein bestimmtes Mass an Misstrauen in die Regierung der demokratischen Führungsmacht USA und in veröffentlichte Publikationen von Forschern und Aufsichtsbehörden ist berechtigt. Das zeigt die jüngste Geschichte der USA. Vieles kommt erst im Nachhinein ans Tageslicht.

Die Chefböcke gleich zu Chefgärtnern gemacht

Die Vorherrschaft von Lobbys über die Wissenschaft war unter der Administration von Donalds Trump notorisch. Gleich für mehrere Ministerien wurden Lobbyisten ernannt, die vorher Regulierungen dieser Ministerien vehement bekämpft hatten. Sie konnten dann den grossen Konzernen gleich selber Freipässe verteilen. Die Unterdrückung von Informationen fand ganz oben statt.

  • Das Verteidigungsministerium führte ein früherer CEO des Flugzeugkonzerns und Flugwaffenproduzenten Boeing;
  • Das Gesundheitsdepartement führte ein früherer Cheflobbyist der Pharmaindustrie;
  • Das Umweltministerium führte ein früherer Lobbyist der Kohleindustrie;
  • Das Innenministerium führte ein früherer Lobbyist der Erdölindustrie.

Als Regierungsvertreter sollten diese Minister Industrien und Branchen beaufsichtigen und regulieren, für die sie vorher als Lobbyisten gearbeitet hatten – und dies seit dem Ende von Trumps Präsidentschaft teilweise wieder tun.

Bericht einer Parlamentskommission

Präsident George W. Bush hatte keine wichtigen Ämter mit direkten Lobbyisten besetzt, aber die Regierung sorgte dafür, dass missliebige Forschungsberichte manipuliert, unterdrückt oder gefälscht wurden. Das berichtete der «Spiegel» bereits im Jahr 2003, zwei Jahre nach Bushs Wahl. Der «Spiegel» stützte sich auf den Bericht einer Parlamentskommission mit dem Titel «Politics and Science in the Bush Administration». Der Bericht scheint nur noch gegen Bezahlung in einer Bibliothek erhältlich zu sein. Er kam zum Schluss: «Nutzniesser der Verzerrungen sind wichtige Helfer des Präsidenten, unter anderem Konservative und mächtige Industriegruppen.»

Hier einige Beispiele aus dem Bericht:

In den Augen des US-Präsidenten und seiner Getreuen gab es offensichtlich nur eine einzige akzeptable Verhütungsmethode: keinen Sex zu haben. Um das auch wissenschaftlich zu untermauern, frisierte die Regierung Statistiken über die Ergebnisse ihrer «Abstinence Only»-Kampagne.

Jugendliche, die dennoch etwas über die Funktionsweise eines Kondoms erfahren wollten, wurden auf offiziellen Webseiten nicht fündig. Die Bush-Regierung liess die Informationen über das Anlegen von Parisern von der Webseite der «Centers for Disease Control and Prevention» (CDC) löschen. Die CDS sind eine Regierungsorganisation.

Wer es dennoch nicht lassen kann und beim Sex auch noch unerwünscht schwanger wird, sollte möglichst nicht abtreiben. Angst wirkt da Wunder, müssen sich Bushs Leute gesagt haben. Sie manipulierten die Internetseite des Nationalen Krebsinstituts, einer anderen Regierungsorganisation. Dort war dann zu lesen, dass eine Abtreibung Brustkrebs auslösen könne – eine absurde Behauptung, die dem Konsens unter Forschern widersprach. Die «New York Times» nannte es eine «ungeheuerliche Verzerrung der Beweislage».

Ein Rundbrief der Bush-Administration forderte Mitarbeiter des Bildungsministeriums auf, alle Informationen von dessen Webseite zu entfernen, die «nicht mit der Philosophie der Regierung übereinstimmen». Nationale Bildungsorganisationen beschwerten sich erfolglos über Zensur.

Das Landwirtschaftsministerium wiederum erliess strikte Regeln, die öffentlich angestellten Forschern verboten, Studien zu veröffentlichen, die der Industrie schaden könnten. Beispielsweise wurde einem Mikrobiologen das Veröffentlichen von Forschungsergebnissen untersagt, die auf die Gefahren durch Antibiotika-resistente Bakterien im Mittelwesten der USA hinwiesen.

Die Wissenschafts-Zeitschrift «Science» schrieb von politischen Einmischungen in Bereiche der Wissenschaft, welche «früher einmal immun waren gegen diese Art der Manipulation».


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

Lobbyist_Hand

Macht und Einfluss von Lobbys

Für Anliegen zu lobbyieren ist legitim. Doch allzu mächtige Lobbys korrumpieren Politik und Gesellschaft.

Konzerne_Politik

Politik in der Hand von Konzernen

Weltkonzerne sind mächtiger als manche Regierungen. Parlamente haben sie mit Lobbyisten und Geld im Griff.

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11 Meinungen

  • am 3.10.2021 um 13:14 Uhr
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    Es gehört -immer noch- Mut dazu, so was über die bei uns «all-mächtigen» USA zu schreiben Ich finde zwar immer wieder mal ähnliche Kommentare zum «Zentrum des Bösen», den mit uns «»be-freundeten»» USA. —

    Aber wie wir Europäer … Deutsche, Schweizer und andere «nahe-liegende» Völker verfäschen und manipulieren, wird -meinem Empfinden nach- viel zu spärlich, viel zu be-hut-sam angedacht.
    Vor Allem werden dabei oft nur «übergeordnete Institutionen» benannt, was mit Sicherheit die Anonymität der wahren Täter schützt – UND damit diese zum leichtfüssigst-üblen Weitermachen animiert.
    Denn (fast) einzig die namentliche Nennung DIESER üblen Menschen hat «richtige, ernsthafte Auswirkungen» !

    Wolf Gerlach
    scheinbar.org

  • am 3.10.2021 um 13:25 Uhr
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    Trump trieb vieles auf die Spitze und versuchte auch gar nicht erst dies durch Wortgymnastik schönzureden, was auf eine eklige Art schon fast erfrischend war. Er riss dem System die Maske runter, was vermutlich der Hauptgrund für die tiefe Abneigung des Politestablishments ihm gegenüber ist, da es an der Politik mehrheitlich nicht liegen kann. Doch das System heisst Business as usual, wie schon vor und nach ihm.

    https://theintercept.com/2021/07/06/westexec-biden-administration/

    https://www.dailyposter.com/biden-boosted-a-pipeline-now-his-aide-could-reap-a-windfall/

    https://www.opensecrets.org/news/2021/01/biden-adviser-brother-lobbyist/

  • am 3.10.2021 um 14:33 Uhr
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    Bravo…. Das ist Journalismus wie ich ihn Liebe. Ein Geschenk in dieser Zeit, insbesondere für Menschen welche wert auf Ehrlichkeit, Demokratie, Transparenz und Verzicht auf jede Form von Gewalt, welche jenseits von Notwehr liegt, legen. Hier können wir sehen, wer von Wo aus die Schweizer Medienhäuser steuert: https://swprs.org/media-navigator/ wenn wunderts da noch, es ist ein systemimanenter endloser Alptraum aus Familien und verschworenen Interessen-Gemeinschaften auf der Jagd nach Geld. Sie produzieren Leiden, Elend, Traumen, Kriege und Unwahrheiten. Wir stehen vor der grössten Herausforderung welche die Welt je sah.

  • am 3.10.2021 um 20:30 Uhr
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    Eigentlich nichts neues …

  • am 3.10.2021 um 22:20 Uhr
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    Wichtiger, absolut treffender Artikel.
    Die daraus ableitbaren Erkenntnisse dürften noch klarer hervorgehoben werden:
    – Die treibende und damit entscheidende Kraft bezüglich Manipulation ist die ‹Wirtschaft›, sprich: das Unternehmertum respektive dessen (reiche) Eigentümer. Die Manipulationsbemühungen erfolgen selbstverständlich nicht ‹just for fun› (zum Vergnügen), nur weil nichts Besseres mit Geld und Zeit anzufangen wäre. Sie dienen dazu, sie (noch) reicher/mächtiger werden zu lassen (bzw., umgekehrt: den «Rest» in einem Zustand von Mittel- und Machtlosigkeit halten).
    – Die (Konzern-)Unternehmen (bzw. ihre Eigentümer) sind die – wortwörtlich – entscheidende Kraft/Instanz im Bezug auf die Besetzung der politischen Schaltstellen (via Partei- & Kandidaten(‹spenden›)gelder, Lobbying, ThinkTank und dem – all dies ‹vermittelnd› – «Meinungsbildungssystem»: Die von ihnen beherrschten/besessenen Medienkonzerne.
    – Die Konzerne verfügen nicht nur über (Geld-)Mittel und dadurch Macht zur Vorselektion der ihnen genehmen und komfortable Mehrheit verleihenden Politikerkaste, sondern auch – indirekt, d.h. via diesen Politikern – die Hoheit bei der Selektion jener wissenschaftlichen Studien (und Wissenschaftler), die das Volk überhaupt zu Gesicht bekommen (soll).

    Wenn sich das Volk nun aber über «die (verfälschte/unbrauchbare) Wissenschaft» empört, zeigt es damit einzig an, dass es nicht erfasst, wo – in diesem System – effektiv der ‹gate keeper› (Schleusenwärter, Torwächter) hockt.

    • am 4.10.2021 um 11:43 Uhr
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      Korrektur, sehr geehrter Herr Kühne:

      «die Unternehmer» sind nicht «die Übeltäter», schlechthin, denn die weitaus meisten Unternehmer sind fast nur damit beschäftigt, ihre Produktion hinsichtlich Qualität, Leistung und (natürlich auch) Ertrag zu optimieren.

      Nur, wer damit – «mit dem Uhrwerk seiner eigenen Firma» – nicht voll ausgelastet ist, könnte auchnoch beginnen, über «Geldgeschäfte» nachzudenken !

      Die Menschen, welche überwiegend oder nur Geld-Geschäfte tätigen sind ein ganz anderer Menschen-Typ, als ein typischer Unternehmer !

      Freundliche Grüsse – und alles Gute für Sie !
      Wolf Gerlach
      scheinbar.org

      • am 6.10.2021 um 10:32 Uhr
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        Die reichsten Menschen – respektive deren Unternehmen = «Geldgenerierungsvehikel» – werfen für einen billigen Taschenspielertrick gerne ein paar Batzen auf: Passt ihnen Gesetz nicht (da weniger Geld und Macht für sie), sprechen sie nicht direkt über sich, sondern schieben (bei der von ihnen bezahlten PR-Propaganda) bildlich die unzähligen Klein-, Mittel- und FamilienUNTERNEHMEN vor. So arbeiten Illusionisten nun mal …

        Dieser Trick verfängt – offensichtlich auch bei den helleren Köpfen …

        90% jener Menschen, die in keinem Anstellungsverhältnis stehen, somit formal «eigen-/selbständig» sind, mögen sich ‹Unternehmer› nennen und im Glauben wähnen, sie gehörten allein aufgrund der Bezeichnung bereits in den Gruppentopf jener, von denen hier die Rede ist.

        Selbständige Coiffeure, Taxifahrer, Restaurantbesitzer, Tankstellen-, Einkaufsladen-, (McDonald-, Starbuck-)Franchisenehmer, Autohändler usw. (meist sog. Ich-AGs) sind ganz überwiegend Selbstausbeuter. Teils auch noch Ausbeuter ihrer wenigen Angestellten und ihrer (vernachlässigten) Kinder und Partner. Krankheit, Unfall, grösserer Schadensfalls – und sie sind weg vom Fenster. Altersvorsorge ohnehin meist kein Thema.

        Die Grosskonzerne reiben sich die Hände ab dieser Selbstausbeutung und fördern sie oft. Machen einige dieser «Selbständigen» einmal doch etwas ‹Kohle›, wird dem im Handumdrehen ein Ende gesetzt: Liefer-/Franchise-/Mietpreiserhöhungen (–> Nestlé, Coke, McDonalds, Immobilienkonzerne usw.).

      • am 6.10.2021 um 10:35 Uhr
        Permalink

        Die Bezeichnung «Unternehmer» stellt hier nur ein billiges, sprich: kostenloses Schulterklopfen dar: Ego-Boost («Status») anstelle von einer monetären Entschädigung.

        Wenn ich schreibe, dass das «Unternehmertum» die Gesetze schreibt, die gesetzgeberischen Instanzen besetzt und so – indirekt – bestimmt, welche Studien das (abstimmende/wählende) Volk zu Gesicht bekommt respektive aufgrund beständiger/wiederholender Medienpräsenz im Kopf behält, dann sollte das hier effektiv Relevante im Kopf auftauchen, in Stichworten: Autokonzerne (u.a. VW-Dieselskandal), Tönnis, Rüstungskonzerne, RWE/Energiekonzerne, Steuer-Schlupflöcher/-‹Oasen›, Bankenrettung, Patent-/Lizenzrechte usw..

        Oder wissenschaftlicher die Studie von:
        Martin Gilens, Benjamin Page: Testing Theories of American Politics
        (falls lieber auf Deutsch, googlen: Gilens Page Demokratie)

      • am 7.10.2021 um 14:37 Uhr
        Permalink

        Sehr geehrter Herr Gerlach
        was Sie hier schreiben glauben sie wohl selber nicht. Wenn hier von Unternehmern die Sprache ist, dann nicht vom Hairdresser und auch nicht vom Tante Emma Laden, das sind alles auch Opfer der Machtpolitik von Unternehmern eben, die Gewicht haben. Die Mär vom noch Familenboss ((Unternehmer) mit hohen ethischen Anforderungen ist schon lange gestorben. Heutige Unternehmen unserer turbo kapitalistischen und turbo liberalen Zeit werden alle wie kleine Nationen geführt, da werden eigene Möglichkeiten den gegnerischen Möglichkeiten entgegengestellt und die Lagebeurteilung Generlastabs mässig weitergeführt. Es herrscht knallharter Konkurrenzkampf und Heere von Juristen werden beschäftigt um die eigenen Geschäfte zu schützen, eigentlich ist das ein Krieg zum eigenen Überleben welcher über Leichen geht. Ich sehe da keinen Unterschied zu Bankern.

        Grüsse W. Knutti

  • am 4.10.2021 um 10:06 Uhr
    Permalink

    Ob die «Vorherrschaft der Lobbys» unter Trump «notorischer» war als zuvor oder danach, müsste genauer erforscht werden.
    Die Vorherrschaft der Lobbys wurde schon sehr viel früher «notorisch».
    Vielleicht mit der Gründung der FED, oder mit den Machenschaften des Öl-Verkäufers, der sich später den Namen Rockefeller gab und dessen Sohn David dem es gelang das Krankheitswesen in eine bestimmte dogmatische Richtung zu lenken. Das Schmiergeld sprudelte aus den Texanischen Ölquellen. Nicht zu vergessen, was die Propaganda des Herrn Edward Bernay alles zustande brachte.
    Es braucht nicht nur Geld, kriminelle Energie, Psychologie und die anfällige Menschenmasse, es braucht immer auch käufliche «Wissenschafts»-Experten.
    So war es bei der Zwangsmedikation durch Fluoride und so ist es heute – Propaganda, ihre Auftraggeber, die käuflichen «Experten» und die medialen Mietmäuler. Was sich seit der Schweine-Grippe-Pandemie» wirklich «notorisiert» hat, ist nicht die systemisch Propaganda an sich, sondern der fast lückenlose Anschluss der 4. Gewalt. Es gibt kaum noch kritische Medien, werde kartellistische noch öffentlich-rechtliche.
    Wenn es nicht so wäre…. wäre der InfoSperber überflüssig, der ist aber notwendiger denn je. Danke!

  • am 4.10.2021 um 17:26 Uhr
    Permalink

    Guter Überblick. Danke. Anzufügen ist: die sehr langfristig angelegte Strategie zur Lenkung der Schweizer Politik, welche mit denselben Mitteln arbeitet. Ich vermute, „Manipuliersuisse“ steckt dahinter. Das ist die Wirtschaftorganisation, die von sich behauptet, von den elf letzten Volksabstimmungen neun gewonnen zu haben. Über die Zeitungsverlage verhindert sie missliebige Leserbriefe. Während vor 30 Jahren noch angeregte Diskussionen über Leserbriefe geführt werden konnten, wird heute jede prononcierte Meinungsäusserung durch die Redaktionen der Zeitungen „geglättet“, fast bis zur gänzlichen Unkenntlichkeit der ursprüngliche Aussage. Wir von den verflossenen „Bürgern gegen Fluglärm“ glauben, wesentlichen Anteil an der Zurückstufung des Militärflugplatzes Dübendorf zu haben. So etwas wäre mit der heutigen Manipulationsmaschinerie nicht mehr möglich.

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