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Wer nicht will, dass seine Spende bekannt wird, könnte sie seiner Organisation spenden: Rolf Dörig, Präsident der «Stiftung für bürgerliche Politik». © copyright SRF Rundschau

Die Herkunft von über 4 Millionen Franken bleibt verschleiert

Balz Oertli /  Der Bund betont den Fortschritt bei der Korruptionsbekämpfung. Doch bei Grossspenden gibt es noch viel zu tun.

psi. Dies ist ein Gastbeitrag. Balz Oertli ist Journalist beim Recherchekollektiv WAV und Vorstandsmitglied bei Lobbywatch.

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) hat kürzlich in einer Pressemitteilung verkündet, die Schweiz habe Fortschritte in der Korruptionsbekämpfung gemacht. Die Staatengruppe gegen Korruption (Greco) des Europarats habe die Entwicklungen in der Schweiz positiv bewertet.

Die Greco ist ein Gremium des Europarats, das sich aus 50 Mitgliedstaaten zusammensetzt und sich für die Einhaltung von Antikorruptionsstandards einsetzt. 2011 evaluierte die Greco die Regelungen zur Politiktransparenz in der Schweiz: Ungenügend, so das damalige Fazit.

Regelmässige Rüffel

In regelmässigen Nachträgen prüft die Greco nun, ob die Schweiz den damaligen Empfehlungen nachkommt. Vor einem Jahr kritisierte die Greco zum Beispiel, die fehlende Offenlegung der Vergütungen der Parlamentsmitglieder (Lobbywatch berichtete für Infosperber). Parlamentarier:innen müssten weiterhin nicht angeben, wie viel sie mit Nebenbeschäftigungen verdienen, wurde damals moniert. Diese Forderung bleibt unerfüllt: Der Ständerat lehnte einen entsprechenden Vorstoss der ehemaligen Ständerätin Mazzone in der letzten Session ab.

Jetzt aber habe die Schweiz Fortschritte gemacht, fasst das EJPD den neusten Greco-Bericht zusammen. «Namentlich die neuen Regeln für mehr Transparenz bei der Politikfinanzierung leisten dazu einen wichtigen Beitrag», so die Medienmitteilung. Diverse Medien vermeldeten die Schlagzeile.

Schwellenwert zu hoch

Doch ein genauerer Blick in den Greco-Bericht zeigt ein anderes Bild. Es geht um die Transparenz bei der Politikfinanzierung. Die Schweiz habe «gewisse Fortschritte» gemacht, so die GRECO, «allerdings gibt es in einigen Punkten noch Verbesserungsbedarf».

So etwa beim Schwellenwert, ab dem Spenden offengelegt werden müssen. Spenden müssen in der Schweiz erst ab 15’000 Franken veröffentlicht werden. Das sei zu hoch, man solle über eine Senkung dieses Schwellenwerts nachdenken, findet die Greco.

Der Reiz der Gönnervereine

Ganz grundsätzlich sei die Transparenz der Finanzierung von Parteien und Kampagnen durch Dritte ungenügend. So sei es zum Beispiel weiterhin möglich, Zuwendungen über eine Stiftung zu leiten und so auch grössere Beträge anonym zu spenden (Infosperber berichtete). Eine solche Grossspende der Familie Hug – die zuerst über die Rütli-Stiftung anonymisiert worden war – an die Stromgesetzgegner:innen sorgte vor ein paar Wochen für Schlagzeilen.

Die Spende der Familie Hug ist kein Einzelfall. Gemeinsam mit dem WAV Recherchekollektiv, opendata.ch und investigativ.ch führt Lobbywatch seit letztem Herbst die Transparenzplattform «das Geld + die Politik», auf welcher die veröffentlichten Finanzen der Schweizer Politik aufbereitet werden. Ein Blick in die Daten zeigt: Spenden werden nicht selten über Gönnervereine geschleust, um die wahren Spender:innen zu verschleiern. Insgesamt 66 Spenden von solchen Gönnervereinen wurden bis jetzt veröffentlicht. Wie die folgende Tabelle zeigt, benutzen vorwiegend die Parteien der Ratsrechten diese Verschleierungstaktik.

Akteur:inBetragAnzahl Spenden von Gönnervereinen
SVP1‘991‘060.0026
FDP1‘991‘060.0026
Die Mitte444‘989.8010
Alliance Vaudoise128‘540.001
Komitee Renteninitiative Ja60‘000.002
Allianz gegen das Stromgesetz50‘000.001
Total4‘100‘519.8066
Auflistung: Balz Oertli/Lobbywatch

Weiterhin nur teilweise umgesetzt

Der Bericht der Greco bemängelt aber noch weitere Punkte: So müssten politische Akteur:innen in der Schweiz nur die Einnahmen und nicht die Ausgaben offenlegen. Und es fehle an einer flächendeckenden Überprüfung der Buchführung der Parteien und Verbände.

Positiv wertet die Greco aber die Umsetzung der Politikfinanzierungs-Regelungen. Insbesondere die stichprobenartigen Kontrollen der Eidgenössischen Finanzkontrolle, wie auch die angedrohten Sanktionen, seien positiv zu werten.

Der jetzige «Zweiten Nachtrag zum zweiten Konformitätsbericht» schliesst die Evaluation der Greco zur Politikfinanzierung. Von den ursprünglich gemachten sechs Empfehlungen zur Transparenz der Politikfinanzierung in der Schweiz betrachtet das Europaratsgremium zwei als vollständig umgesetzt, zwei als teilweise umgesetzt und zwei als nicht umgesetzt.

Die Schweizer Behörden seien daher eingeladen, «die Greco über künftige Weiterentwicklungen hinsichtlich einer vollständigen Umsetzung der Empfehlungen zu informieren.»

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Balz Oertli ist Journalist beim Recherchekollektiv WAV und Vorstandsmitglied der Organisation «Lobbywatch». WAV führt gemeinsam mit Lobbywatch, investigativ.ch und opendata.ch das Transparenztool «das Geld+die Politik»
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

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