Die BBC verspielt Vertrauen des Publikums
«Trust is earned» – Vertrauen ist verdient. So lautet der Titel eines aktuellen Image-Films der BBC. Im Werbeclip hebt die BBC die Bezeugungsarbeit der eigenen KorrespondentInnen vor Ort in der Ukraine hervor. Und weist dabei auch prominent auf die eigenen journalistischen Guidelines hin, die für die hohe Glaubwürdigkeit dieser Berichterstattung sorgen sollen.
BBC News CEO Deborah Turness schrieb dazu in einem Medien-Communiqué in schönstem Marketing-Ton: «Das Ziel ist, den Konsumenten die Arbeit hinter den Kulissen zu zeigen, um sicherzustellen, dass BBC News höchsten Qualitätsjournalismus liefert, um die glaubwürdigste Newsmarke der Welt zu sein. Wo auch immer und was auch immer BBC-Journalisten recherchieren – sei es an der Front in der Ukraine, in einer Notaufnahme eines Spitals während der Pandemie, oder auf den Strassen Londons während der Queen-Beerdigung – die BBC-Richtlinien untermauern alles was wir tun.»
Doch das stimmt nicht. Denn bei der innenpolitischen Berichterstattung übersieht der öffentlich-rechtliche Sender die eigenen Richtlinien regelmässig grosszügig.
Gemäss Guardian-Kolumnist George Monbiot lässt die BBC regelmässig konservative Lobbyisten und Vertreter von unklar finanzierten Thinktanks als Experten auftreten – ohne deren Interessen und Finanzierung transparent zu machen.
Die Organisationen heissen «Institute of Economic Affairs», «Adam Smith Institute», «Taxpayers’ Alliance», «Centre for Policy Studies» oder «Policy Exchange» und werden dem konservativ-neoliberalen Spektrum zugeordnet. Doch wer genau dahintersteckt, ist unklar. Gemäss verschiedenen Leaks und Untersuchungen haben einige Gruppen Geld von Tabak-Firmen und der Öl-Industrie erhalten. Es existieren zudem Verbindungen zu schwerreichen US-Amerikanern.
Alle diese Interessen können direkt Einfluss auf die britische Politik nehmen. Auch weil der Auslandsflügel der Tories – die Conservatives Abroad – praktisch keine Zutrittshürden vorsieht. So konnten auch Ausländer über die interne Nachfolge von Boris Johnson abstimmen und Liz Truss wählen.
George Monbiot hatte bereits 2013 in einem Artikel gefragt: «Zählen die BBC-Richtlinien überhaupt irgendwas? Ich frage, weil sie sich täglich darüber hinwegsetzt und kommerzielle Interessen nicht transparent macht.» Eigentlich sahen die Richtlinien bereits damals vor, dass die BBC die Interessen ihrer «Contributors», also der Experten, welche eingeladen werden, zu einem bestimmten Thema ihren Standpunkt darzulegen, überprüft.
Im Juni 2019 fragte die Observer-Journalistin Carole Cadwalladr auf einer öffentlichen Veranstaltung BBC-Direktor Tony Hall nach der Rolle der Thinktanks auf BBC. Daraufhin verdeutlichte die BBC ihre Richtlinien und schrieb darin ausdrücklich, die Interessen und Finanzierung der Thinktanks sollten «dem Publikum wenn relevant für den Kontext verfügbar gemacht werden».
Trotzdem treten die Sprecher dieser sogenannten Thinktanks weiterhin in BBC-Sendungen wie «Today», «Question Time», «Newsnight» und «Any Questions?» auf. Und dürfen da als neutrale Beobachter die Politik von Liz Truss verteidigen, obschon sie selber nicht unerheblich für die Wahl der neuen Premierministerin und deren neoliberale Agenda verantwortlich sind.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Natürlich ist die BBC immer noch eine gute Informationsquelle obwohl ich seit einiger Zeit auch für diese Quelle die «rote Flagge» als «Meinungsvertreter schon mehrmals aufgestellt habe.
Dasselbe gilt leider auch seit ein paar Monaten für Aljazeera.
Bei CNN und den meisten europäischen Sendern ist Nachrichtenmanipulation im Grundgeschäft integriert und diese Sender können auf der Basis meines «Sc.pol.» Verständnis nur noch als Meinungsvertreter und nicht mehr als objektive Nachrichtenquellen interpretiert werden. Das gilt natürlich auch für die SFR und RTS.
Der PR-Steamroller der Nato hat Europa im Griff und es wird immer schwieriger Information von Propaganda zu unterscheiden.
Das gab es natürlich auch früher schon. Meine erste Seminararbeit an der Uni Genf zur Vietnamberichterstattung der NZZ erlaubte keine Beschönigung des Manipulations-Tatbestandes.
Aber nach dem Interim des kalten Krieges war doch wieder etwas Hoffnung aufgekeimt.