Sperberauge
«Freiheitskampf» in der Schweiz statt im Apartheid-Staat
«Drang nach Freiheit», «sie zog nach Südafrika», «nach zwanzig Jahren zurück in die Schweiz», «zum ersten Mal in ihrem Leben machte sie an einer Demonstration mit, in Bern auf dem Bundesplatz». Es sind Wegmarken im Leben der Co-Präsidentin der «Verfassungsfreunde», Marion Russek, die den Referendumskampf gegen das Covid-Gesetz anführt. Nachgezeichnet hat sie jüngst Tages-Anzeiger Redaktor Edgar Schuler.
Auf einen ersten Blick mag das nicht aufsehenerregend erscheinen. Doch der Auszug nach Südafrika macht gwundrig. Wann war Frau Russek nach Südafrika gezogen, wann kam sie wieder zurück? Südafrika hat bekanntlich eine wenig ruhmreiche Vergangenheit. Apartheid, getrennte Entwicklung über viele Jahrzehnte, Rassismus, keine Rechte für die schwarze Bevölkerung und damit für die überwältigende Mehrheit der Südafrikanerinnen und Südafrikaner, brachiale Gewalt. 1976 der Aufstand von Soweto, der brutal niedergeschlagen wurde. Grausame Eskalation der Gewalt in den 1980er Jahren.
Dorthin hat der «Freiheitsdrang», wie der Portraitist schreibt, die junge Frau aus der Schweiz geführt. Doch wann genau und bis wann hielt sie sich dort auf? Der Redaktor nennt die Jahreszahlen nicht. Doch sie lassen sich dank anderer im Portrait erwähnten Jahreszahlen rekonstruieren.
Die Rekonstruktion beginnt mit den 25 Jahren, während deren die Co-Präsidentin nach ihrer Rückkehr in die Schweiz bis 2019 als Headhunterin in Zug gearbeitet hatte. Aus Südafrika zurückgekehrt ist sie folglich 1994. Und da sie dort 20 Jahre lang gelebt haben soll, war sie also 1974 nach Südafrika gezogen. Zurück von dort kam sie, nach dieser Berechnung, ausgerechnet in dem für Südafrika geradezu historischen Jahr. Denn 1994 wurde Nelson Mandela nach einem überwältigenden Sieg an der Urne der erste demokratisch gewählte Präsident. Der Mann, den das von Weissen beherrschte Regime 27 Jahre lang eingekerkert hatte.
Der «Freiheitsdrang» nach der Fremde war für die heutige «Verfassungsfreundin» also dann gesättigt, als sich die Hoffnungen der unterdrückten Menschen in Südafrika endlich erfüllten. Sie war «unpolitisch», hiess es im Portrait im Tages-Anzeiger. Erst Corona hat ihr ein politisches Virus eingeimpft. Es trieb sie erstmals an eine politische Demonstration nach Bern, an der sie mit der Aufschrift «Notrecht» auf ihrem T-Shirt ihren Ärger sichtbar machte.
Der alltägliche Rassismus, die systematische Erniedrigung der schwarzen Bevölkerungsmehrheit, deren Rechtlosigkeit und brutale Unterdrückung hatten es offensichtlich nicht vermocht, sie aus ihrem unpolitischen Dasein wachzurütteln. Die dagegen geradezu lächerlich wirkenden Covid-Einschränkungen aber umso mehr.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Der Autor hat sich in den 1970er bis Anfang der 1990er Jahre intensiv mit Südafrika und insbesondere mit den Beziehungen der Schweiz zum Apartheid-Staat befasst. Dazu hat er oft in verschiedenen Medien publiziert.
Mutiert die Berichterstattung im INFOSPERBER auch langsam in Richtung Mainstreammedien?
Gut, gibt es die Verfassungsfreunde, die kritisch den Massnahmen des Bundes gegenüber stehen.
Sogar der Artikel im Tages- Anzeiger über M. Russek ist ausgewogener als der sehr tendenziöse Artikel von M Muggli.
Die Frage, die Markus Mugglin sich stellte und aufschlussreich beantwortete, wirft eine andere Frage auf: Wie kommt es, dass eine leitender Redaktor einer der grössten Tageszeitungen der Schweiz sie nicht stellte? – Ist er einfach ein unfähiger Journalist? Oder hat er sie unterdrückt? Oder hat er sie unterlassen im Sinne einer Nachlässigkeit? Ist ihm einfach ein Fehler passiert, wie er uns allen auch immer wieder unterläuft – und warum? Auf jeden Fall ist sein Porträt der „Verfassungsfreundin“ keine Privatsache. Edgar Schuler hat sich derart lückenhaft an die Öffentlichkeit gewendet, dass er ihr eine Erklärung schuldet.
Danke, Markus Mugglin, dass Sie das Filetstück zum Portrait nachliefern. Peinlich für den Tages- Anzeiger, dass einer seiner langjährigen Redaktoren solchen Nachhilfe-Unterricht braucht.
Interessante Ansicht.
Das heisst im Umkehrschluss auch, dass jeder Schweizer, der im 2ten Weltkrieg in der CH wohnte ein Nazigold-Dieb war, nicht wahr? Oder vielleicht doch ein Schwarzgeldwäscher (bis zur Abschaffung des Bankgeheimnisses? Oder sogar ein Kreuzritter? Ganz ehrlich, dass ist schon sehr billiger Journalismus, vielleicht erwarte ich einfach zu viel vom Journalistenkodex.
Für die, die es nicht wissen, den gibt (oder gab) es wirklich. Scheint nur niemanden mehr zu interessieren. Adieu Demokrarie und Meinungsvielfalt. Traurig was aus unserer CH geworden ist…
Wer statt in der Schweiz, in Südafrika seine «Freiheit» sucht, hat den Begriff Freiheit nicht verstanden.
Derjenige hätte auch nach China, Russland oder in die Türkei auswandern können, da ist die «Freiheit» vermutlich so ähnlich gehalten wie in Südafrika. Als ich schon im fortgeschrittenen Alter den grossen Kanton verliess, war es für mich im nachhinein ein Segen in der Schweiz leben zu dürfen. Erst hier wurde mir klar, warum ich schon als ganz junger Mann dort weg wollte, es mir aber erst eine Schweizerin beibrachte zu lernen was «Freiheit» ist. Leider wird Freiheit gerade auch in der Schweiz oft ausgenutzt. Ich habe nie ein disziplinierteres Volk kennengelernt als das Schweizer und das ich hier leben darf ist für mich eine Ehre. Eine «Freiheit» hätte ich niemals in einem rassistischen Land in Afrika gefunden.
Mugglin stellt interessante Fragen, aber will er die Antworten wirklich wissen? Vielleicht bot Südafrika einer jungen weißen Frau damals tatsächlich mehr Freiheiten als die heimische Schweiz? Andererseits war sie vielleicht der (plausiblen) Meinung, man müsse die bestehenden Freiheiten in Südafrika vor deren Verfall unter einer zukünftigen schwarzen, halb kommunistischen, halb korrupten Regierung schützen. Beides wäre ein ernsthafte Diskussion wert, aber will Mugglin die wirklich führen?
Die Frage ist sicherlich berechtigt aber wäre es nicht fair direkt bei Frau Russek nachzufragen. Die Antwort wäre schon interessant und vielleicht gibt es auch eine Begründung, die direkt nichts mit Politik zu tun hat.