Die US-Präsidentschaftswahl droht zum nächsten Drama zu werden
Kamala Harris oder Donald Trump – wer wird am sechsten November zum nächsten US-Präsidenten gewählt? Diese Frage wird immer spannender. Beide Kandidaten geben in diesen Tagen alles, um die amerikanischen Wähler von ihren Qualitäten zu überzeugen.
Trump poltert, schwadroniert, dass sich die Balken biegen, tänzelt zur Not wie ein liebesschwangerer Teenager, und er verspricht den potenziellen Wählern wie immer das Blaue vom Himmel. Kamala Harris dagegen gibt sich generell etwas zurückhaltender, um seriöser zu wirken. Jüngst wagte sie sich sogar in die Höhle des Löwen: In einem Interview des Trump-Haussenders Fox News trat sie ungewohnt aggressiv und schlagfertig auf.
Ihre Strategie ist auch auf den letzten Metern des Wahlkampfs bei einem Auftritt im wichtigen Landkreis Bucks County im Bundesstaat Pennsylvania offensichtlich geworden. Dort hatte sie nicht nur hunderte «Überläufer» von den Republikanern als Sympathisanten mitgebracht, sondern sie grenzte sich deutlich von der Politik Joe Bidens ab, warb bei moderaten und von Trump angewiderten Republikanern sowie bei unentschlossenen Unabhängigen um Zustimmung, und sie attackierte den politischen Konkurrenten so scharf wie nie.
Auffällige Aktivitäten zugunsten Trumps in den Wettbüros
Das hat sie auch bitter nötig – denn es sind nur noch drei Wochen bis zum entscheidenden Wahlgang. Und in jüngerer Zeit scheint das Momentum der Vizepräsidentin nachgelassen zu haben, falls man vermehrten Medienberichten Glauben schenkt. Wurde Harris im Juli nach der überraschenden Übernahme der Kandidatur vom senil wirkenden Joe Biden zunächst von einer Euphorie-Welle getragen, ist diese inzwischen merklich abgeflaut. Trump dagegen kann sich auf die Wirkung seines «gewohnten Lamentos» verlassen. Seine zum Teil wirren, sich wiederholenden Wahlkampftiraden kommen bei seinen Anhängern an.
Vor allem auch fanatische Anhänger libertärer Ideen verehren ihn trotz seiner offensichtlichen Charakter-Mängel wie den Guru einer Sekte. Viele fühlen sich von der Umverteilungsmaschinerie des verschwenderischen Staatswesens der heutigen Zeit benachteiligt und wollen, dass Trump «das bürokratische Biest» ohne Rücksicht auf Verluste aushungert und Steuern senkt – auch wenn sich die Verhältnisse während seiner Präsidentschaft kaum gebessert und von seiner Politik vor allem die Superreichen profitiert haben.
Der Stimmungswandel scheint sich unter anderem in den Wettbüros zu zeigen. Dort werden Wetten auf den Wahlsieg der beiden Kandidaten gehandelt. Und glaubt man dem jüngsten Stand, so liegt die Wahrscheinlichkeit, dass Trump die Mehrheit der Stimmen der Wahlmänner aus den verschiedenen Bundesstaaten erringen wird, bei fast 60 Prozent. Harris dagegen scheint mit einer Quote von gut 40 Prozent abgeschlagen zu sein. Allerdings muss diese Entwicklung mit gehöriger Skepsis betrachtet werden, denn solche Märkte lassen sich leicht manipulieren.
Spätestens seit der bekannte Milliardär Elon Musk auf Trumps angeblich zunehmende Beliebtheit in den Wettbüros aufmerksam gemacht hat, steht die Frage im Raum, wie es wohl dazu gekommen sein mag. Tatsächlich berichtet sogar das konservative und damit Trump-freundliche Wallstreet Journal über vier «verdächtige» Marktteilnehmer, welche zusammen Wetten auf einen Wahlsieg Trumps im Gegenwert von 30 Millionen Dollar abgeschlossen haben.
«Es gibt gute Gründe zu glauben, dass es sich um denselben Aufraggeber handelt», zitiert das Blatt Experten wie den Geschäftsführer von Arkham Intelligence, einer Blockchain-Analysefirma. Wohlmeinende Beobachter vermuten, dass jemand einfach nur davon überzeugt ist, dass Trump die Wahl gewinnen wird und einen grossen Reibach aus ist. Andere dagegen wittern eine gezielte Manipulation. Sie habe das Ziel, in den Social Media für Furore und indirekt für scheinbare Trump-Begeisterung zu sorgen.
Manche stellen sogar die Verbindung zur «Paypal- und Kryptomafia» her, also zu Milliardären wie Elon Musk, David Sacks, Peter Thiel und anderen Libertären. Dieses Dreigestirn war mit der Gründung, der Entwicklung und dem späteren Verkauf des Zahlungsverkehrsunternehmens Paypal vor etwa 20 Jahren reich geworden, hatte das Vermögen durch geschickte Folgeinvestitionen stark vermehrt und verknüpft heute politisches Lobbying mit erheblichen betriebswirtschaftlichen Eigeninteressen. Thiel kennt Trump schon seit seiner ersten Präsidentschaft, und er zieht hinter den Kulissen schon eine Weile strategisch die Fäden zu seinen eigenen Gunsten.
In Umfragen liegt Kamala Harris vor Donald Trump
Im Gegensatz zu den Wettbüros liegt Kamala Harris in einer konsolidierten nationalen Umfrage vor Donald Trump. Sie überflügelte den politischen Konkurrenten schon im August und konnte diesen Vorsprung bisher weitgehend halten. Allerdings muss diese mit einer gewissen Vorsicht genossen werden, da ihre Aussagekraft eingeschränkt ist. Denn in den USA wird der Präsident nicht direkt gewählt, sondern über die Wahlmänner – Bundesstaat für Bundesstaat. Es gibt 50 Gliedstaaten plus District of Columbia, und bei vielen ist das Ergebnis ziemlich klar: Kalifornien hat aufgrund der grossen Bevölkerung mit 54 besonders viele Wahlmänner und ist üblicherweise demokratisch, auch New York dürfte für Kamala Harris stimmen. Alabama und Texas dagegen tendieren in der Regel zu Trump.
Entscheidend sind die Wahlen in den so genannten Swing States. Also in jenen Staaten, bei denen das Wahlergebnis nicht von vornherein so gut wie feststeht. Dazu zählen Arizona, Georgia, North Carolina, Nevada, Michigan, Wisconsin, Pennsylvania, Virginia, Minnesota und New Hampshire. Wer Präsident werden will, braucht die Stimmen von 270 der insgesamt 538 Wahlmänner.
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Der Weg ins Weisse Haus führt wohl über Philadelphia
Donald Trump muss demzufolge in allen Bundesstaaten gewinnen, die er schon vier Jahren erobert hatte, er müsste den Demokraten Arizona und Georgia abspenstig machen – er liegt im Moment in beiden vorne –, und er müsste auch die 19 Wahlmänner in Pennsylvania gewinnen. Harris dagegen muss Arizona und Georgia halten – und ebenfalls Pennsylvania gewinnen. Falls sie die ersten beiden nicht halten kann, braucht sie die Blaue Wand: Wisconsin, Michigan und Pennsylvania. Vieles hängt also von Pennsylvania und im Kern von den Wählern in Philadelphia ab. Dort finden sich die entscheidenden demokratischen Wähler, während das ländliche Umfeld weitgehend von Trump und den Republikanern dominiert wird.
Wen wird also überraschen, dass mit Haken und Ösen um die Wähler in Philadelphia gekämpft wird? Sei es mit der Manipulation der Wahl-Wettmärkte oder mit einer Flut von Prozessen, welche jeweils die Wählerpotenziale der Konkurrenz verringern sollen. Schon früh hatte das Republican National Committee eine umfassende und «beispiellose juristische Strategie» gestartet, um gegen staatliche und lokale Behörden vorzugehen, welche ihrer Meinung nach nicht genug gegen illegale Wähler unternommen hatten.
Prozessflut vor der Wahl – und danach?
Auch die Demokratische Partei und ihre Verbündeten waren nicht untätig geblieben und haben Gesetze angefochten, die ihrer Meinung nach Wahlberechtigte von den Wahllokalen fernhalten oder Wahlhürden errichten. Die Klagen konzentrieren sich natürlich auf jene Staaten, welche für einen Sieg im Wahlmännerkollegium entscheidend sein werden.
Bedenkenträger werten das als ominösen Vorgeschmack auf das juristische Chaos, das im Falle eines knappen Wahlausgangs entstehen könnte. Sie rechnen nach der Auszählung der Stimmen Anfang November mit einer Flut von Anfechtungen. Die Spannung dürfte also auch noch unmittelbar nach der Wahl erhalten bleiben. Viele Beobachter rechnen damit, dass es auch zu umfangreichen Verschwörungstheorien wie vor vier Jahren kommen wird. Allerdings gibt es einen Unterschied zu damals: Alle haben sich besser darauf vorbereitet.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Kamala Harris schwänzte traditionelles Al Smith-Dinner und blamiert sich mit Video. Ein Anlass der nie von Präsidenten Anwärtern ausgelassen wird sich zu profilieren und und selbstkritisch darzustellen. Dafür schickte sie ein Video das entsetzen auslöste. Es ist nicht einmal lustig!
Es ist eigentlich nur noch absurd, was in den USA unter Demokratie verstanden und wie diese gelebt wird. Absurder wird es nur mehr, dieses System als Leuchtturm und Vorbild für den Rest der Welt zu verkaufen.
Es ist mir zunehmend unverständlich, wie man einen dermassen unqualifizierten, niveaulosen und lügnerischen Kandidaten wie Trump noch unterstützen kann. Seine letzten Auftritte waren allesamt desaströs – kein zusammenhängender Satz mit Sinn. Dafür lauter Versprechen, welche die US-Verschuldung enorm aufblasen würden. Dass 42 von 44 ehemaligen Kabinettsmitgliedern die Meinung vertreten, dass Trump als Präsident ungeeignet sei, ist einmalig in der Geschichte der USA. Dass es zudem zulässig ist, wenn sich ein südafrikanischer Milliardär (Musk) in die Wahl einmischt und täglich eine Million US$ verlost, vorausgesetzt man unterschreibt gewissen Verpflichtungen, lässt viel über das amerikanische Demokratieverständnis schliessen. Wer einigermassen über Gedächtnis verfügt sollte auch nicht vergessen, dass Trump von seinen letzten Versprechen kaum eines eingehalten hat. Die Infrastruktur wurde nicht ausgebaut, die Mauer steht nicht und nur die Steuern für Reiche sind gefallen.