Kommentar

Die neue politische Macht der Tech-Elite

Heinz Moser © zvg

Heinz Moser /  Techmilliardäre wie Elon Musk mischen sich immer mehr in die Politik ein. Sie belegen die Krise der westlichen Demokratien.

Die seit dem Zweiten Weltkrieg etablierte politische Ordnung funktioniert nicht mehr. Wie hilflos die Vertreterinnen und Vertreter einer liberalen Demokratie sind, zeigt sich gegenwärtig überall in Europa. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wird von der Rechtspopulistin Marie Le Pen und dem Linksbündnis getrieben. In Deutschland rechnet die rechtsextreme AfD gemäss Umfragen bei den Bundestagswahlen im Februar 2025 mit rund 20 Prozent der Stimmen. Und die neuen politischen Akteure von rechts erhalten Unterstützung von einer neuen politischen Elite der Techmilliardäre, die sich in den USA immer rascher libertären Rechtspositionen zuwendet.

Donald Trump und die Koalition mit den High-Tech-Milliardären

Schlüsselperson ist Elon Musk, der reichste Mann der Welt. Haben sich doch in den USA Silicon-Valley-Götter wie Elon Musk, Paypal-Gründer Peter Thiel und der Tech-Investor Marc Andreessen mit Donald Trump, dem Immobilientycoon aus dem Industriezeitalter und neu gewählten Präsidenten, zusammengetan. Wie Trump und Musk in ähnlicher Weise grundlegende Überlegungen des Ökonomen Milton Friedman aufnehmen, kann man im Infosperber nachlesen.

Es hat wenig mit Demokratie zu tun, wie Elon Musk nach den Wahlen in den USA das politische Establishment der USA geentert hat. Erst unterstützte er die von ihm zur Unterstützung der Wahlkampagne von Trump gegründete Organisation America PAC (Political Action Committee) mit 75 Millionen Dollar. Nach dessen Wahl nützt er nun die gewonnenen Wahlen für seinen Einstieg in die Politik aus. Als Trump nach seinem Wahlsieg mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefonierte, holte er Musk vor den Augen einer überraschten Weltöffentlichkeit dazu. Fast gleichzeitig traf Musk den UN-Botschafter des Iran zu einem Gespräch, in welchem es um eine mögliche Entspannung der Beziehungen zwischen Teheran und Washington gegangen sei.

Elon Musk – Berater der amerikanischen Regierung

Zudem wird Elon Musk als Berater für Trump ein «Department of Government Efficiency» (Doge) aufbauen. Dieses soll die Regierungsbürokratie abbauen, überflüssige Vorschriften streichen und verschwenderische Ausgaben kürzen. Doge übernimmt den Namen von der Kryptowährung Dogecoin, die seit Jahren Musks Spielzeug ist. Auf X veröffentlichte er von sich ein Foto als «Dogefather» im «Godfather-Stil» und stellte dabei die Frage an Regierungsmitarbeiter: «Was haben Sie diese Woche geschafft?»

Diesen hemdsärmligen Stil hat Musk von seinen eigenen Tech-Unternehmen übertragen, wo er als eiserner Besen höchstpersönlich die Budgets seiner Unternehmungen Tesla, SpaceX und Twitter zusammenstrich. Doch anders als bei seinen eigenen Unternehmungen kann Musk in der Politik nicht allein entscheiden, sondern muss, wie die «New York Times» schreibt, einen Konsens zwischen den Gesetzgebern, den Mitarbeitern der Exekutive, seinem Co-Vorsitzenden und Trump selbst finden. Es bleibt offen, welche Rolle der parlamentarische Weg bei Egomanen wie Elon Musk und Donald Trump spielt.

In einem Interview mit dem ZDF kritisiert die amerikanische Soziologin Brooke Harrington, Professorin für Soziologie am Dartmouth College, die Art und Weise, wie sich die Tech-Elite der USA in Szene setzt. Es bestehe nicht nur die Gefahr, dass ungewählte Milliardäre ein direktes Mitspracherecht in der Regierung hätten, sondern sie versuchten, Amerika ihre ganz eigene politische Vision von Amerika aufzuzwingen. So ist auch die demokratische Senatorin Elizabeth Warren wenig begeistert über Elon Musks Funktion in der neuen Regierung. Sie ist entsetzt, dass Musk sich wie ein «inoffizieller Co-Präsident» gebärde. Dahinter stehe auch Eigennutz – etwa beim Umgang der Regierung mit Arbeitsgesetzen, Umweltbestimmungen und Sicherheitsvorschriften, die seine Firmen direkt betreffen.

Musk scheint immer mehr Gefallen an seiner neuen politischen Rolle zu finden und mischt sich zunehmend in Europa ein. Kritik an Migration und an der Staatsbürokratie sind seine Kernthemen. So lockt er gemäss «Spiegel» die britischen Rechtspopulisten der Anti-Einwanderungs-Partei Reform UK mit einer Grossspende. Und für den deutschen Wahlkampf tut er sich mit der AfD zusammen. «Nur die AfD kann Deutschland retten», schrieb er auf seiner Plattform X und erhielt dafür Zuspruch von deren Kanzlerkandidatin Alice Weidel. Diese dankt Elon Musk für seine Bemerkung: «Die Alternative für Deutschland ist in der Tat die einzige Alternative für unser Land; unsere allerletzte Option. Ich wünsche Ihnen und Präsident Donald Trump alles Gute für die bevorstehende Amtszeit!»

Der Weg zum Technofeudalismus

Es ist kein Zufall, dass die Technogurus immer stärker im politischen Geschäft mitmischen. Dahinter steckt ein tiefgreifender Wandel der Gesellschaft. Denn die grossen Informatikplattformen des digitalen Kapitalismus wie X, Facebook und Google beginnen, den Industriekapitalismus zu verdrängen. Im Zentrum steht heute die Verfügung über die Daten, welche die grossen Player der Informationsgesellschaft reich gemacht hat. Ihre Produkte auf dem Netz können kostenlos oder sehr günstig genutzt werden.

Als Nutzer- und Nutzerinnen der Social Media verrichten wir alle unbezahlte Arbeit für diese Plattformen. So lautet die Kritik des ehemaligen griechischen Aussenministers und heutigen Wirtschaftsprofessors Yanis Varoufakis. Er bezeichnet dies als Rückkehr zu einer Art von Technofeudalismus, die auf vormoderne Regierungsformen zurückweist. Varoufakis erläutert dies am Beispiel von Amazon. Jeff Bezos besitzt zwar nicht die Fabriken, die alle jene Dinge herstellen, die in seinen Läden verkauft werden, aber er besitzt den Algorithmus, der einen bestimmten Anteil für jeden Verkauf abzweigt, und er entscheidet, was verkauft wird und was nicht. Kommt noch dazu: Jeff Bezos ist heute stolzer Besitzer der «Washington Post».

Wir alle füttern so die riesigen Datenkraken, welche die Macht der digitalen Technoeliten begründen. Jedes Mal, wenn wir einen Kauf tätigen oder eine Google-Suche durchführen, liefern wir Daten und helfen damit, die Algorithmen zu verbessern. Varoufakis nennt dies das Cloud-Kapital, welches die Industriebarone des 19. Jahrhunderts ersetzt, und meint, dass deren konzentrierte Macht alle liberal gesinnten Menschen zu Tode erschrecken müsse.

Die Technomilliardäre sind eine neue politische Kraft, die ausserhalb der demokratischen Prozesse agiert. Ihr wertvollstes Gut sind die Daten, die sie sich gesichert haben. Mit diesen Informationen befördern sie nicht nur die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz, sondern erhalten Werkzeuge zur Manipulation und Beeinflussung der Gesellschaft. Die plumpe Einflussnahme von Musk auf den deutschen Wahlkampf hat Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz verharmlost, wenn er meint: «Auch für Multimilliardäre gilt Meinungsfreiheit.» Doch für das demokratische Handeln ist es brandgefährlich, wenn sich Vertreter des Technofeudalimus mit den Moguln der traditionellen Industrien verbünden.


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7 Meinungen

  • am 2.01.2025 um 11:28 Uhr
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    Die Informations- und Kommunikationstechnologien haben die Welt verändert, ob uns das passt oder nicht. Jeder kann sich aber persönlich enthalten, die neuen Technologien nicht nutzen. Er verhindert damit die Einflussnahme der Techno-Elite auf sich selbst, und er verzichtet auf die gewaltigen Möglichkeiten der neuen Technologien. Die allerwenigsten verzichten.
    Elon Musk ist in seiner Einflussnahme auf die Politik transparent. Jedermann sieht das. Das ist mir sympathischer als die Strippenzieher im Dunkeln, die ebenfalls «ausserhalb der demokratischen Prozesse agieren».

  • am 2.01.2025 um 11:35 Uhr
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    Bis vor kurzem hat sich die Elite im Hintergrund verhalten, jetzt steigen sie direkt in die Regierungen ein. Die NWO muss schneller vorangetrieben werden. Am Ende werden die Menschen den Herrschern zu Füßen liegen und sagen: «Macht uns zu euren Sklaven, aber füttert uns»
    Die Sklaven werden ihre Knechtschaft lieben.

  • am 2.01.2025 um 12:24 Uhr
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    Wenn der Verfasser dieses Artikels gleich im ersten Absatz das alltäglich gebrauchte Framing der AFD als rechtsextreme AFD ungeprüft übernimmt, dann weiss man, was man zu erwarten hat.
    Eine kritische Distanz zu Elon Musk ist sicher nicht verkehrt, aber man kann auch seine durchaus begründeten Äusserungen über den Zustand Deutschlands erst einmal zur Kenntnis nehmen, und sich inhaltlich damit auseinandersetzen, als gleich wieder einen moralisch überheblichen Rundumschlag zu starten.
    Der ungebremste Abstieg Deutschlands wird ja nur mit heuchlerischen Aussagen der Politiker und Medienvertreter überdeckt, wenn einer das mal offen ausspricht, dann ist er gleich der Buhmann.
    Die Parteien im Bundestag von links bis zur Mitte sind inzwischen zu einem Block verschmolzen, dem nur noch die AFD Gegenpart bietet, selbst BSW und Die freien Wähler sind nicht gefeit vor dem sich Anbiedern und Umfallen.
    Musk als grosser Investor in DE verdient, gehört zu werden, auch in der Schweiz !

  • am 2.01.2025 um 14:33 Uhr
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    Musk gibt ein besonders übles Beispiel ab für die Destrukivität des Kapitalismus. Anders als frühere quasi-philantropische oder mindestens indifferente Superreiche ist er unflätig und gefährlich. Schon erfolgen Boykott-Aufrufe gegen Tesla Elektroautos und der Plattform X. Höchste Zeit, dass auch Infosperber sich davon verabschiedet, denn das Festhalten daran unterstützt Musk indirekt.

  • am 2.01.2025 um 17:23 Uhr
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    Milliardäre schaden der Demokratie. Das war schon immer so, und zurzeit akzentualisiert sich das Problem.

    Man sollte trotzdem darauf achten, dass man nicht bei den Gegnern Dinge kritisiert, welche man auf der eingenen Seite in Ordnung findet. Musk rühmt die AfD? So what! Als während des US-Wahlkampfes zahlreiche Stimmen vor Trump gewarnt hatten und Kamala Harris empfahlen, sahen die Leute, welche sich jetzt so empören, kein Problem. So viel muss man schon aushalten.

    Stimmen für Randparteien können auch ein Indiz dafür sein, dass die anderen Parteien Fehler gemacht haben. Während der Coronakrise haben in Deutschland alle Parteien ausser der AfD aufgrund von windigen (und wie wir heute wissen: unzutreffenden) Argumenten zahlreiche Grundrechte ausser Kraft gesetzt. Jene, die aus Angst sowieso nicht mehr aus dem Haus wollten, merkten es vielleicht nicht, aber das war ein grober Eingriff. Die verantwortlichen Parteien sollten sich nicht wundern, wenn sich das auf die Wahlen auswirkt.

  • am 2.01.2025 um 17:30 Uhr
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    Wieder ein weiter Bericht zum gleichen Thema. Leider wird in allen Berichten nur die reelle Gefahr, die entstehen könnte heraufbeschworen. Denke reiche Menschen hatten schon immer einen großen Einfluss auf die Politik, neu ist eher, dass es nicht mehr im versteckten passiert.Besser wäre es doch, Wege aufzuzeigen, wie heutige Regierungen den Vertrauensverlust den sie selber kreierten, wieder rückgängig machen wollen. Diese «alles böse Rechte» Artikel bieten null Selbstreflexion und kaum Selbstkritik. Macron, die Ampel etc sind halt in den Augen vieler keine wählbare Alternative. In heutigen Zeiten unterscheiden sich halt die Sichtweise über Weltprobleme,z.B. Corona, Russland, von C.Wehrmuth und Klaus Schwab praktisch nicht mehr. Da müsste angesetzt werden, denke ich, wenn wieder mehr Vertrauen in die Demokratie gefördert werden soll.

  • am 2.01.2025 um 20:13 Uhr
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    Hm, und was ist mit George Soros? Was mit Bill Gates? Was mit den Murdochs? OK, das sind keine Tech-Milliardäre, aber seit jeher habe sich Reiche mehr oder weniger offensichtlich in die Politik eingemischt.
    Ich beobachte das seit Jahren mit gemischten Gefühlen. Aber dass nun der Fokus so auf Musk gelegt wird, scheint mir etwas scheinheilig.

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