Die extreme Rechte vernetzt sich international
Mit dem öffentlichen Online-Gespräch mit AfD-Bundessprecherin Alice Weidel krönte der US-High-Tech-Oligarch Elon Musk am 9. Januar seine Wahlkampfwerbung für die AfD. Musk hat bereits zuvor offen für die Partei geworben, ähnlich wie für ultrarechte Kräfte in anderen europäischen Staaten, etwa in Grossbritannien und Italien.
Unterstützung aus dem Umfeld von Donald Trump für die äusserste Rechte in Europa gab es schon während Trumps erster Präsidentschaft. So hatte etwa der damalige US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, im Juni 2018 erklärt, er wolle «unbedingt andere Konservative in ganz Europa stärken».[1] Grenell fügte an, der Wahlerfolg von Donald Trump habe bewiesen, dass es möglich sei, die Kontrolle der traditionellen Eliten über den Zugang zur Macht zu brechen. Er selbst bewundere unter den Regierenden in der EU vor allem Österreichs Ministerpräsidenten Sebastian Kurz: «Sebastian Kurz ist ein Rockstar. Ich bin ein grosser Fan.»[2] Kurz regierte damals in einer Koalition seiner konservativen Partei ÖVP mit der extrem rechten Partei FPÖ.
Steve Bannon in Europa
Ebenfalls im Jahr 2018 startete Trumps vormaliger Wahlkampfberater und «Chefstratege» Steve Bannon den Versuch, die extreme Rechte in Europa zu organisieren, um sie zu echten Wahlerfolgen zu führen. Dazu plante er, eine Organisation namens «The Movement» (Die Bewegung) aufzubauen, die den bestehenden Parteien der extremen Rechten mit Umfragen, Analysen und Beratung zur Seite stehen sollte.[3]
Darüber beriet sich Bannon Mitte Juli 2018 in London am Rande eines Trump-Besuchs mit führenden Vertretern mehrerer aufstrebender Parteien der europäischen extremen Rechten, darunter Politiker der Schwedendemokraten, des belgischen Vlaams Belang und des französischen Rassemblement National (RN). Schon im Frühjahr 2018 hatte Bannon mit Politikern der Lega des italienischen Innenministers Matteo Salvini und mit der Ko-Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel, Gespräche geführt; es folgten Treffen mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und der Vorsitzenden der Fratelli d’Italia, Giorgia Meloni.[4]
Bannons damaliges Experiment mit The Movement scheiterte. Meloni allerdings hat er im italienischen Wahlkampf im September 2022 erneut unterstützt. Damals sagte er ihr eine erfolgreiche Zukunft voraus: Sie werde, wie einst die britische Premierministerin Margaret Thatcher, zu kämpfen haben, aber letztlich «gewinnen».[5]
CPAC-Ableger in Ungarn
Auf eine systematische Anbindung der europäischen extremen Rechten an die Trump’sche Rechte in den Vereinigten Staaten arbeitet inzwischen auch die Conservative Political Action Conference (CPAC) hin. Die CPAC, 1974 als Vernetzungstreffen des rechten Flügels der US-Republikaner gegründet, hat sich seit den 2000er Jahren zu einer Massenveranstaltung entwickelt und folgt seit spätestens 2017 dem Kurs des damals frischgebackenen Präsidenten Donald Trump. Gleichfalls 2017 hat sie begonnen, Ableger in anderen Staaten zu schaffen, um jeweils die Vernetzung der dortigen mit der US-amerikanischen Rechten zu fördern. Auf eine CPAC Japan (2017) folgten eine CPAC South Korea, eine CPAC Australia sowie eine CPAC Brazil (jeweils 2019); 2022 kamen eine CPAC Mexico, eine CPAC Israel und eine CPAC Hungary hinzu.
An der dritten CPAC Hungary, die im April 2024 stattfand und vom ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán persönlich eröffnet wurde, nahmen neben US-Republikanern zahlreiche Spitzenpolitiker extrem rechter Parteien aus Europa teil, so etwa die Vorsitzenden der Geert Wilders-Partei PVV (Niederlande), des Vlaams Belang (Belgien), von Vox (Spanien) und Chega (Portugal). Auf den inzwischen drei abgehaltenen CPAC Hungary waren auch Vertreter etwa der Fratelli d’Italia oder der AfD präsent.[6]
«Deutschland retten»
Auf den Nährboden, der seit den ersten Vorstössen von Grenell und Bannon gewachsen und von der CPAC Hungary weiter gefördert worden ist, bauen nun die jüngsten Vorstösse von Elon Musk auf. Musk hat bereits in anderen europäischen Staaten offen für Parteien und Aktivisten der äussersten Rechten Position ergriffen. In Grossbritannien etwa hat er zwei Aktivisten der extremen Rechten, die auf seiner Social-Media-Plattform X gesperrt worden waren, wieder Zugang zu der Plattform verschafft. Zudem unterstützt er die ultrarechte Partei Reform UK. In Italien hat er enge Beziehungen zu Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und zu deren ultrarechter Partei Fratelli d’Italia aufgebaut.
Seit kurzem unterstützt Musk zudem die AfD auf seiner Plattform X. «Nur die AfD kann Deutschland retten», schrieb er dort am 20. Dezember. Am 28. Dezember erschien ein Gastbeitrag von Musk in der «Welt am Sonntag», in dem es wörtlich hiess: «Die Alternative für Deutschland (AfD) ist der letzte Funke Hoffnung für dieses Land». Ihre «Darstellung … als rechtsextrem» sei «eindeutig falsch». Musk ergänzte dies mit der Beschimpfung des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers sowie des Vizekanzlers; Frank-Walter Steinmeier nannte er einen «antidemokratischen Tyrannen», Olaf Scholz einen «unfähigen Deppen», Robert Habeck einen «Volksverräter».[7]
Ultrarechte Gäste an Trumps Amtseinführung
Musks Wahlwerbung für die AfD entspringt nicht den Launen eines individuell nach rechts abdriftenden US-Oligarchen. Sie steht vielmehr im Zusammenhang mit strategischen und mit ökonomischen Interessen – auf beiden Seiten des Atlantiks.
Zur Amtseinführung von Präsident Donald Trump am 20. Januar hat die neue US-Administration diverse Parteien der extremen Rechten aus Europa eingeladen und ihnen eine Bühne zur transatlantischen Vernetzung geboten. Zu dem weltweit beachteten Grossevent war von den Staats- und Regierungschefs der EU lediglich die am weitesten rechts stehende Giorgia Meloni eingeladen. Anwesend waren auch Vertreter des belgischen Vlaams Belang, der spanischen Partei Vox, der französischen Partei Reconquête! und der britischen Partei Reform UK. Die AfD war mit zwei Spitzenfunktionären in der US-Hauptstadt vertreten. An Trumps Amtseinführung nahmen auch Politiker der äussersten Rechten aus Lateinamerika teil, darunter Eduardo Bolsonaro, Sohn von Ex-Präsident Jair Bolsonaro, der aufgrund eines gegen ihn laufenden Strafverfahrens Brasilien nicht verlassen darf, sowie Argentiniens Präsident Javier Milei. Milei ist ebenfalls um eine transatlantische Vernetzung mit Europas extremen Rechten bemüht. Er hat dazu Auftritte zum Beispiel in Spanien, aber auch in Deutschland absolviert.
Die öffentlichkeitswirksame Präsenz der extrem rechten Parteien Europas an Trumps Amtseinführung, wirkt ihrer bisherigen Ausgrenzung durch das Polit-Establishment entgegen und bindet sie zugleich ein Stück weit in das transatlantische Beziehungsnetzwerk ein. Dabei entstehen erste Grundrisse einer transatlantischen extremen Rechten. Die Trump-Administration treibt diese Entwicklung voran.
FUSSNOTEN:
[1], [2] Chris Tomlinson: Trump’s right hand man in Europe Rick Grenell wants to ‘empower’ European conservatives. breitbart.com, 03.06.2018. S. auch Die Souveränität der Macht.
[3] Maia de la Baume, Silvia Sciorilli Borrelli: Steve Bannon’s stuttering European adventure. politico.eu, 05.03.2019.
[4] Ewan Palmer: Giorgia Meloni Set to Give Steve Bannon a Huge Victory for His ‘Revolution’. newsweek.com, 24.09.2022.
[5] Tom Kington: Trump’s top adviser Steve Bannon hails Giorgia Meloni as ‘Thatcher’ of Italian right. thetimes.com, 12.09.2022.
[6] S. dazu Europa auf dem Weg nach rechts (II).
[7] Jasper Ruppert: Warum sich Elon Musk in die deutsche Politik einmischt. br.de, 08.01.2025.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Online-Plattform german-foreign-policy.com. Diese «Informationen zur Deutschen Aussenpolitik» werden von einer Gruppe unabhängiger Publizisten und Wissenschaftlern zusammengestellt, die das Wiedererstarken deutscher Grossmachtbestrebungen auf wirtschaftlichem, politischem und militärischem Gebiet kontinuierlich beobachten.
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