Den Staat effizienter machen? Einfacher gesagt als getan!
Schlagzeilen – dafür war Donald Trump schon immer gut. Seit dem Antritt für seine zweite Periode als amerikanischer Präsident sorgt er mit einer wahren Flut von Verordnungen für Furore. Für seine Anhänger mögen diese gut und eindrucksvoll klingen. Seine Kritiker dagegen hoffen, dass sie sich nicht oder wenigstens nicht allzu schnell umsetzen lassen. Richter John C. Coughenour im Bundesstaat Washington zum Beispiel blockiert bis auf weiteres den Versuch des Republikaners, das Recht auf die amerikanische Staatsangehörigkeit durch Geburt in dem Land für bestimmte Gruppen einzuschränken.
Ähnliches ist auch beim Versuch wahrscheinlich, den Leviathan, also den bürokratischen Staat, zu zähmen. Trump hat das Department of Government Efficiency (DOGE) ersonnen, um einen tiefgreifenden Wandel zu erreichen. In diesem Rahmen soll das föderale Staatsungetüm der USA effizienter gemacht werden und «antidemokratische Strukturen» sollen beseitigt werden. Trump und seine Anhänger träumen davon, überflüssige Staats-Abteilungen und Regulierungsbehörden abzuschaffen. Von der Idee her alle, die nicht ausdrücklich vom Kongress genehmigt wurden.
Weniger Bürokratie – mehr Vertrauen in die Verwaltung?
Auf diese Weise wollen sie nicht nur die Zahl der öffentlichen Angestellten deutlich senken, sondern auch die Rechenschaftspflicht verbessern. Es müsse wieder klar werden, welche Behörde wofür zuständig sei und welche Mittel sie für das Erreichen der ihr vorgegebenen Ziele einsetze. Nur so lasse sich das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Institutionen und die demokratischen Grundsätze, die sie stützen, wiederherstellen, glauben die Anhänger eines schlanken Staates.
Aber auch hier zeigen sich erste Komplikationen. DOGE sollte als Präsidenten-Beratergruppe ursprünglich von den Milliardären Elon Musk und Vivek Ramaswamy geleitet werden. Sie träumten davon, ein Drittel aller amerikanischen Staatsausgaben in Höhe von zuletzt knapp 7000 Milliarden Dollar zu streichen. Das wäre zwar dringend nötig, weil Washington in den vergangenen Jahren notorisch zu viel ausgegeben hat und weil die amerikanischen Staatsschulden wegen der enormen Budgetdefizite völlig aus dem Ruder gelaufen sind. Heutzutage gibt der amerikanische Staat mehr für Zinsen aus als für das ohnehin schon teure Militär.
Allerdings war der Plan, den Musk und Ramaswamy unter anderem in einem Gastbeitrag für das Wallstreet Journal grob ausgelegt hatten, so «realistisch», dass Vivek Ramaswamy inzwischen kurzerhand das Handtuch geworfen hat. Zwar mit einer gut klingenden Ausrede, aber er hat wohl keine Lust auf die undankbare Sisyphusarbeit, welche damit verbunden wäre. Schliesslich unterscheidet sich der Staat wesentlich von privaten Unternehmen. Änderungen von Rechtsvorschriften und Entlassungen im öffentlichen Sektor gehen praktisch nur Hand in Hand – und das geht nicht nur sehr langsam, sondern natürlich wehren sich die Bundesbediensteten dagegen.
Hat Elon Musk wieder einmal zu viel versprochen?
Einiges deutet also darauf hin, dass Elon Musk & Co. punkto Bürokratie-Abbau wieder einmal schnellen Erfolg versprochen haben, aber dann erst viel später viel weniger als das ursprünglich Versprochene liefern – wenn überhaupt. Natürlich gilt das auch in Europa. Viele Fachleute sind davon überzeugt, dass die Bürokratie in Ländern wie Italien, Frankreich, Deutschland oder auch in der Schweiz in den vergangenen Jahren des Wohlstandes aus dem Ruder gelaufen ist. «In Deutschland besteht Einigkeit, dass die stetig zunehmende Überregulierung und der Verwaltungsapparat zu den zentralen Herausforderungen des Landes zählen», heisst es zum Beispiel in einer aktuellen Studie des Münchener Ifo-Institutes.
Diese sieht die Verantwortung allerdings nicht nur beim Staat, sondern weist unter anderem darauf hin, dass auch private Unternehmen für Bürokratie und Regulierung verantwortlich sein können. Etwa indem sie im Rahmen so genannter Rent-Seeking-Aktivitäten auf den politischen Prozess Einfluss nähmen, um wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. So könnten sie zum Beispiel auf Dauer deutlich höhere Gewinne erzielen, wenn der Marktzugang für neue Mitbewerber erschwert und auf diese Weise der Wettbewerb behindert werde. Was planen wohl all die schwerreichen Unternehmer, die heute in der amerikanischen Regierung an den entscheidenden Stellschrauben drehen?
Selbst in der Schweiz stellen sich entsprechende Fragen. Hierzulande ist die Staatsquote vor etwa fünfzig Jahren sprunghaft auf über 30 Prozent am Bruttoinlandprodukt (BIP) angestiegen und tendiert seitdem eher nach oben als nach unten. Wie statistische Analysen zeigen, hat die Sozialausgabenquote in den Industrieländern von 14 Prozent des Bruttoinlandprodukts im Jahr 1980 auf 21 Prozent im Jahr 2022 zugenommen. Derzeit versucht der Bundesrat mit einem so genannten Sparpaket bis zu vier Milliarden Franken oder etwa fünf Prozent der hohen Ausgaben zu kürzen, um das strukturelle Defizit im Bundeshaushalt zu reduzieren und will so der chronischen Tendenz zur staatlichen Freigebigkeit entgegenwirken.
Schweizer Staat – nicht so schlank wie allgemein angenommen
In der Schweiz ist in den vergangenen Jahren vor allem auch das Stellenwachstum und das Lohnniveau beim Staat oder staatsnahen Firmen aufgefallen. Beides war merklich höher als in der Privatwirtschaft, argumentiert zumindest das liberale Luzerner Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik in einer ausführlichen Studie. Der internationale Vergleich zeige, dass der Schweizer Staat nicht so schlank sei, wie dies gemeinhin angenommen werde – und das werfe mit Blick auf die knappen Staatsfinanzen Fragen auf, heisst es weiter. Diese Analyse interpretiere die Daten nicht richtig und sei politisch verblendet, behauptet dagegen der Personalverband des Bundes, der einen Teil der Angestellten des Bundes, der bundesnahen Betriebe und der ETH vertritt.
Beispiele und Widersprüche dieser Art zeigen, dass es deutlich einfacher ist, über Deregulierung und über den Abbau der wuchernden Bürokratie zu reden, als sie schliesslich umzusetzen. Entsprechende politische Vorstösse haben es selbst in der als sparsam geltenden Schweiz schwer. So scheiterte vor einem Jahrzehnt die FDP mit ihrer Bürokratie-Stopp-Initiative. Sie brachte nicht einmal die nötigen Unterschriften zusammen. Und erst kürzlich lehnte der Ständerat einen Vorstoss aus der SVP ab, der eine systematische, bürokratische Entrümpelungsaktion verlangte.
Solche Reformen brauchen neben der Überzeugung auch einen langen Atem. Das ist nicht die Stärke vieler der auf kurze Wahlzyklen ausgerichteten Politiker – und schon gar nicht von Donald Trump und Elon Musk.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Warum nicht den Ball zurückspielen? Eigentlich sollte sich der Staat (bzw. die demokratischen Organe) tendenziell darauf beschränken, die Ziele möglichst operational vorzugeben (z.B. max. Lärmpegel an bewohnten Strassen). Zu vereinbaren sind Umsetzungsfrist, Messung der Zielerreichung und Sanktionen. Die Regulierung selbst ist von den Organen der betroffenen Organisationen in Industrie, Handel, Landwirtschaft, Pädagogik usw. auszuarbeiten. Damit wäre A. die billige Klage über die Bürokratie weitgehend aus der Welt geschafft; B. könnte davon ausgegangen werden, dass die Angehörigen der Branchen praktikablere Regulierungen entwickeln als die tendenziell praxisfernen Staatsbesoldeten.
Luxus-Leben bis zum Untergang: Die sagenhaften Privilegien Politiker…
Der Grund der großen Leidenschaft der Politiker ist die Möglichkeit einer
neuen, lukrativen Karriere: Wer als Parlamentarier oder Beamter den Sprung
in den Kreis der Erlauchten schafft, hat finanziell ausgesorgt. Die
europäischen Steuerzahler ermöglichen den Politikern ein Leben voller
Privilegien, Annehmlichkeiten – und ohne jede Kontrolle.
Aus Brno? Ihre Meinung kann ich nicht überprüfen und vor allem nicht erkennen, was die Grundlage Ihrer Äusserung ist: tönt wie Groll. Wutbürger?
Wer lesen kann muss sich nicht für dumm verkaufen lassen oder Dumm bleiben…
«Solche Reformen brauchen neben der Überzeugung auch einen langen Atem. Das ist nicht die Stärke vieler der auf kurze Wahlzyklen ausgerichteten Politiker – und schon gar nicht von Donald Trump und Elon Musk.»
Was es ganz notwendig braucht: «Basis-Demokratie: Politik in kleinen Gruppen», denn «wir alle sind der Staat» z.B. durch die Praxis geloster BürgerInnen-Konvente, siehe «Gegen (Partei)Wahlen» von
David Van Reybrouck. Durch diese Praxis des miteinander-in-Beziehung-kommen dürften BürgerInnen sicher auch würdevolle, nicht entmündigende Verwaltungen/Institutionen schaffen.
https://wyriwif.wordpress.com/2018/10/14/demokratie-politik-in-kleinen-gruppen/
Es ist so, dass alle aus dem Ruder laufenden Bewegungen eine negative Gegenbewegung erzeugen, die um so problematischer als die ursprüngliche Thematik ist: zum Beispiel die Sprachpolizei, besoldet natürlich, die aus dem Fischerei-Gesetz ein Fischerinnen- und Fischer-Gesetz macht (Basel-Stadt, wo es KEINE Fischerinnen gibt…) oder der freiwillige Papageienzwang in den audiblen Medien, die eine Pause einlegen, um männliche und weibliche Formen zu «berücksichtigen», was aber nicht genug ist, sondern mit LGBT+ noch mehr Exotik einzubeziehen versucht (zum Glück nicht aussprechbar!). All dies fördert antidemokratische Bewegungen auch bei uns, die mit radikaler Abkehr alles über den Haufen werfen, was auch mit echter Emanzipation zu tun hat!
SRF André Ruch 11.07.2024, 06:20: «So beeinflussen Lobbyisten den Schweizer Parlamentsbetrieb
Lobbyisten sind die stille Macht im Bundeshaus. Sie schreiben für Politiker und Politikerinnen Reden und Gesetzestexte.»
Interessante Frage und Antwort in der Hauptzeile: «Den Staat effizienter machen? Einfacher gesagt als getan!» Auch möglich: Weil die Vertreter des Souveräns im Bundeshaus der politische Überdurchblick fehlt wie der Staat funktioniert und was zu tun ist, und so auf die Hilfe von Lobbyisten angewiesen sind: Das Resultat eine aufgeblähte Bürokratie, weil jeder Lobbyist seine Leute in der Staatsverwaltung unterbringen darf mit dem Ergebnis, dass die Auftragsgeber der Lobbyisten so den Staat lenken und beeinflussen können, damit die grosse Kohle ist gesichert ist.
Gunther Kropp, Basel