Chef von Pfizer düpiert das EU-Parlament
Die EU-Kommission unter Leitung von Ursula von der Leyen hat bei der Beschaffung der Covid-19-Impfstoffe die üblichen Richtlinien in wesentlichen Bereichen nicht eingehalten. Sie führte vielmehr neue Richtlinien ein, die es erlauben sollten, Arzneimittel innert kürzester Zeit auf den Markt zu bringen und zu kommerzialisieren. Das zeigte ein Report der Europäischen Staatsanwaltschaft am 6. Juli 2022.
Anfang September 2022 warf ein Bericht des Europäischen Rechnungshofs zur Strategie der EU-Impfstoffbesorgung weitere Fragen auf. Dabei ging es um Kontakte zwischen Albert Bourla, dem CEO der US-amerikanischen Pharmafirma Pfizer, und der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Offenbar war von der Leyen unmittelbar an den Vorverhandlungen für den grössten Impfstoffvertrag der EU mit BioNTech/Pfizer von bis zu 1,8 Milliarden Impfstoffdosen beteiligt, der im Mai 2021 abgeschlossen wurde. Laut der «NZZ» betrug die geschätzte Kaufsumme «35 Milliarden Euro aus Steuergeldern».
Übliches Verfahren für Impfstoff-Beschaffung wurde ausgehebelt
Dies war eine Abkehr von den üblichen Verhandlungsverfahren: Für alle anderen Impfstoffgeschäfte der EU zwischen 2020 und 2021 führte ein gemeinsames Team aus Beamten der EU-Kommission und sieben Mitgliedstaaten die Sondierungsgespräche.
Mehr noch: Die EU-Kommission weigerte sich auch, Aufzeichnungen über die Gespräche mit Pfizer vorzulegen und die persönliche Rolle von Ursula von der Leyen darzustellen. Von der Leyen soll sich im Frühling 2021 über einen Monat lang intensiv mit «dem lieben Albert» Bourla ausgetauscht und «enge Bande» geknüpft haben. Bourla sei in dieser Zeit mit «Staatschefs, Königen und den Chefs der grossen internationalen Organisationen» in Kontakt gewesen, doch kaum einer habe so viel Verständnis wie von der Leyen gezeigt, zitierte ihn die «Berliner Zeitung» mit Berufung auf die «New York Times».
Doch worüber sich die beiden so intensiv austauschten, bleibt das Geheimnis von Bourla und von der Leyen. Denn die EU-Kommission weigerte sich, die Handydaten der EU-Kommissionspräsidentin herauszugeben.
Die niederländische sozialliberale Europaabgeordnete Sophie in `t Veld sagte im Januar 2022 gegenüber «Der Spiegel»:
«Diese Kommission hat ein Problem mit Demokratie. Sie hat offensichtlich nicht das Gefühl, irgendwem rechenschaftspflichtig zu sein. Sie missachtet das Parlament und die Wähler.»
Er habe keine weiteren Informationen zu teilen, liess Bourla wissen
Um Lehren für die Reaktion auf künftige Pandemien zu ziehen, trifft sich nun der EU-Covid-Ausschuss mit wichtigen Beamten, die an der Beschaffung der Covid-Impfstoffe im Wert von etwa 70 Milliarden Euro durch die EU beteiligt waren.
Am 10. Oktober forderte der Ausschuss den Pfizer-CEO Albert Bourla zu einem Treffen auf. Während leitende Führungskräfte von BioNTech, AstraZeneca und Sanofi zur Befragung erschienen, schickte Bourla die Verantwortliche für den internationalen Markt, Janine Small. Sie konnte wichtige Fragen allerdings nicht beantworten.
Am 28. Oktober forderte der Ausschuss Bourla deshalb erneut zu einer Aussprache auf. Doch Bourla lehnte am 2. Dezember mit der Entschuldigung ab, er hätte keine weiteren Informationen zu teilen, berichtet «Politico».
«Politico» zitiert Kathleen Van Brempt, die Vorsitzende des EU-Covid-Ausschusses: «Als Vorsitzende des COVID-Ausschusses bedaure ich zutiefst die Weigerung von Dr. Bourla, diese Angelegenheit mit den Mitgliedern des Europäischen Parlaments zu besprechen. Als Mitgesetzgeber des EU-Haushalts hat das Parlament das Recht, vollständige Transparenz über die Modalitäten dieser Ausgaben und die Vorverhandlungen, die dazu führten, zu erhalten.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Aber aktuell über die Bestechung und Bestechlichkeit im Bezug auf Katar rüber zu reiten? Es scheint wohl auch hier zweierlei Mass zu geben, wer einem genehm ist ist gut und wer einem nicht so genehm ist und Wählerpunkte bringen kann ist halt im Zweifel böse.
Im Zusammenhang mit den aktuellen Korruptionsanschuldigungen «tout azimut» sind solche Mauscheleien besonderd problematisch. Wo liegt die Grenze zwischen «legitimen» Wirtschaftskonzessionen und korrupten Finanztransaktionen ?
Hat das EU-Parlament hier nichts zu sagen oder ist das bereits Teil eines neuen Autokratismus ?
Man stelle sich vor man höre, dass die Exekutive sich nicht an Richtlinien und Gesetze halte, Grundrechte der Bürger nicht achte und geheime Deals mit privaten Firmen abschließe, über die weder das Parlament noch die Bürger informiert werden und habe dann immer noch den Eindruck, man lebe in einer Demokratie.
Undenkbar, oder?