Kommentar
Biden sollte Assange und Snowden begnadigen
Der Kurswechsel nach der dunklen Trump-Epoche, den Joe Biden im Präsidentschaftswahlkampf angekündigt hatte, ging zwar vielen Linken innerhalb und ausserhalb der Demokratischen Partei nicht weit genug – aus nachvollziehbaren Gründen. Doch die ambitionierten innenpolitischen Reformmassnahmen auf den Feldern der Wirtschafts-, Sozial-, Gesundheits- und Umweltpolitik sowie die umfangreichen Programme zur Reparatur der Infrastruktur, die Biden und sein Team in ihren ersten 100 Tagen im Amt
konkretisiert und zum Teil bereits eingeleitet haben, sind ein grosser
Fortschritt. Sie werden sich zum Wohl aller Menschen in den USA
auswirken, gerade auch jener, die sich bislang noch nicht von Trumps
Propagandalügen befreien konnten.
Aussenpolitisch ist das Bekenntnis der Biden-Administration zum Multilateralismus und die – bislang zumindest teilweise – Rückkehr der USA in entsprechende Institutionen und Verträge zu begrüssen. Dabei irritiert allerdings der von Biden und Aussenminister Antony Blinken immer wieder deutlich formulierte Anspruch auf eine globale Führungsrolle der USA. Eine solche kann es in einer inzwischen multipolaren Weltordnung mit mindestens vier weiteren globalen Akteuren nicht geben, ausser um den Preis fortgesetzter militärischer Dominanz, die nicht nur gefährlich, sondern auch so teuer würde, dass die innenpolitischen Vorhaben nicht finanzierbar wären. Wenn allerdings „Führung durch (gutes) Beispiel“ (Biden) gemeint ist, müsste die Administration einiges tun, um die in den letzten zwanzig Jahren vor allem durch den Krieg gegen den Terror und gegen Irak erheblich angeschlagene Glaubwürdigkeit der USA wieder zu erhöhen.
So begrüssenswert die jüngsten Aussagen aus Washington zur Ermordung
Kashoggis durch das saudische Regime oder zum türkischen Völkermord an
den Armeniern auch sind, so richtig auch – bis auf den Begriff „Killer“ –
die Kritik am Vorgehen der Regierung Putin gegen ihren Kritiker Nawalny
ist: All das wäre sehr viel glaubwürdiger, würden die USA endlich eine
Amnestie für die Whistleblower Julian Assange und Edward Snowden
verkünden, die Praxis der Drohnenmorde einstellen und dem
Internationalen Strafgerichtshof beitreten.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine.
Biden’s speech klang sehr schön und vielleicht auch glaubwürdig. Wie kommt es aber, dass ich nach der Replik des GOP-Mannes aus Southcarolina auch das Gefühl hatte, dass der auch glaubt, was er erzählt, auch wenn es das vollkommene Gegenteil war.
Zugegebenermassen würde die «power of the example» glaubwürdiger mit der Aufhebung der einer Demokratie unwürdigen Verfolgung der erwähnten Whistleblowers Snowden und Assange..
Die geforderten Amnestien wären zu begrüssen. Sehr wichtig ist, dass sich Europa generell nicht von den USA einlullen lässt. Bei den nächsten Wahlen könnte alles schon wieder kippen. Sich auf die USA zu verlassen, gleicht einem Roulettespiel. Europa sollte endlich erwachsen werden. Leider ein Wunschtraum!
Tausendmal einverstanden, wenn das doch wenigstens unser Bundesrat auch checken und in Washington vorstellig würde.
Tausendmal richtig! Wenn das doch nur unser Bundesrat endlich auch checken und in Washington deswegen vorstellig werden würde!
Bei der fortgesetzten Verfolgung von Assange und Snowden zeigt sich das wahre Gesicht Bidens ohne Maske. Von dem erwarte ich gar nichts. Oder besser gesagt, nichts Positives.
Bei den Reformmassnahmen auf den Feldern der Wirtschafts-, Sozial-, Gesundheits- und Umweltpolitik sowie Programmen zur Reparatur der Infrastruktur, könnte sich Biden ein Beispiel an Mario Draghi nehmen.
Auf eine globale Führungsrolle der USA könnte die Welt gerne verzichten. Zu viele Kriege haben die USA auf dem Gewissen – sofern sie eines haben.
Dass die Presse laut und täglich über Nawalny berichtet, während über Assange seit Jahren beharrlich geschwiegen wird, ist der Gipfel der Heuchelei. Die hehren westlichen Werte sind nichts wert.
Sitzt Assange immer noch in britischen Kerkern? Snowden ist in Russland wenigstens nicht im Kerker.