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Stau auf der Autobahn? Schuld sind die Zuwanderer. Findet jedenfalls SVP-Nationalrat Mike Egger. © SVP

Vier Zahlen – und die SVP ist widerlegt

Marco Diener /  Zuwanderer seien schuld an vollen Autobahnen, sagt die SVP. Nun wird ernsthaft diskutiert. Dabei gäbe es aufschlussreiche Zahlen.

«Die chronische Überlastung der Autobahnen ist eine Folge der massiven Zuwanderung.» Das schrieb der St. Galler SVP-Nationalrat Mike Egger fünf Tage vor der Abstimmung über den Autobahn-Ausbau auf der Website der Partei. Und er schlug vor: «Die Zuwanderung begrenzen und die bestehenden Verkehrsprobleme lösen.»

Die Analyse der SVP

Nach der Abstimmungs-Niederlage dann die Analyse der SVP: «Die Ablehnung der dringend nötigen Autobahn-Entlastungs-Projekte ist die Quittung für die verantwortungslose Zuwanderungspolitik der anderen Parteien und der Wirtschaftsverbände.» Und weiter: «Diese schädliche Zuwanderungs- und Asylpolitik bringt unsere Infrastruktur an den Rand des Kollapses.»

Nun wird diskutiert

Erstaunlich ist nicht, dass die SVP die Staus auf den Autobahnen mit der Zuwanderung in Verbindung bringt. Erstaunlich ist vielmehr, dass Politiker und Medien nun ernsthaft über die Behauptungen der SVP diskutieren. Die «Luzerner Zeitung» stellt fest: «Diese Frage beschäftigt die Parteispitzen nach der Volksabstimmung.» Auch in den Infosperber-Kommentaren wird für die Staus die Zuwanderung verantwortlich gemacht.

Die Zuwanderer als Sündenböcke

Im «Blick» klagt der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen, dass ein grosser Wurf wie etwa die Bahn 2000 «heute leider undenkbar» wäre. Das zeige sich gegenwärtig am schleppenden Ausbau von Solar- und Windkraftanlagen. Dazu trage die Angst vor der Zuwanderung einen bedeutenden Teil bei. «In meinem Umfeld war es das meistgeäusserte Argument», vertraute Wasserfallen dem Blick an. Die Zuwanderer sind offenbar die idealen Sündenböcke.

Die vier Zahlen

Dabei hätte sich die Behauptung der SVP ohne Weiteres widerlegen lassen. Dazu hätten vier Zahlen ausgereicht:

  • Letztes Jahr fuhren auf den Schweizer Strassen 4,761 Millionen Autos.
  • 50 Jahre davor, im Jahr 1973, waren es 1,652 Millionen.
  • Letztes Jahr wohnten in der Schweiz 8,815 Millionen Menschen.
  • 50 Jahre davor waren es 6,431 Millionen.

Das heisst: Die Einwohnerzahl ist seit 1973 um 37 Prozent gestiegen. Die Personenwagenzahl ist hingegen um 188 Prozent gestiegen. Es fahren also fast drei Mal so viele Autos auf den Schweizer Strassen wie vor 50 Jahren. Zu den Staus haben Zuwanderung beziehungsweise Bevölkerungswachstum nur am Rande beigetragen. Vielmehr sind die Staus eine Folge davon, dass wir uns mehr Autos leisten und dass wir damit auch viel fahren.

Wenn der Auto-Bestand nur so stark zugenommen hätte wie die Bevölkerungszahl, dann wären wir heute bei 2,263 Millionen Autos und nicht bei 4,761 Millionen – also nicht einmal bei der Hälfte. Mit 2,263 Millionen Autos hätten wir kaum Staus.

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Aus dem «Statistischen Jahrbuch der Schweiz»: Personenwagenbestand von 1973.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Die Mutter des Autors ist in den fünfziger Jahren zugewandert.
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12 Meinungen

  • am 27.11.2024 um 11:22 Uhr
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    Der Motorisierungsgrad (PW pro 1000 Einwohner) ist seit 2015 bis 2023 etwa gleich geblieben, bei 540 PW. Von 1970 bis ca. 1990 hat er sich allerdings von 220 auf 447 verdoppelt, seither ist die Wachstumskurve abgeflacht. Der Motorisierungsgrad ist hauptsächlich wohlstandsgesteuert, die Gesamtzahl der PWs natürlich auch von der Einwohnerzahl. Dabei die Zuwanderung ins Spiel zu bringen, lässt sich datenmässig nicht stützen. Das geben die Daten des BfS nicht her. Fazit: hohle SVP Polemik.

  • am 27.11.2024 um 11:29 Uhr
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    Es ist wohl auch nicht falsch, wenn man sagt dass die Zuwanderung mitverantwortlich ist. Ausserdem haben viele junge Urbane (meist Schweizer) vom Auto losgesagt, andererseits ist das eigene Auto für viele Zuwanderer ein regelrechtes Prestigeobjekt. Dabei geht es mir nicht um Sündenböcke sondern nur darum das etwas schiefe Bild dieses Artikels zu relativieren.

  • am 27.11.2024 um 11:36 Uhr
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    Was für ein schwachsinniger Vergleich! Wählt man auf der Zeitachse die letzten 20 Jahre, der Periode nämlich während welcher die Zuwanderung zunehmend als Problem empfunden wurde, dann sieht der Vergleich wohl etwas anders aus.

    • Portrait Marco Diener.1 Kopie
      am 27.11.2024 um 11:45 Uhr
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      Die Zuwanderung wurde nicht erst in den letzten 20 Jahren als Problem empfunden. Die Nationale Aktion (später Schweizer Demokraten) wurde schon 1961 gegründet. Über die Schwarzenbach-Initiative haben die Schweizer Männer 1970 abgestimmt.
      Laut Bundesamt für Statistik gibt es drei Jahre, in denen mehr als 200’000 Menschen zugewandert sind. 1961, 1962 und 2023.

    • am 27.11.2024 um 12:10 Uhr
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      Ich stimme meinem Vorredner voll und ganz zu. Der Vergleich mit den 70er Jahren ist völlig unangebracht und trägt nicht zu einer konstruktiven Debatte bei. Die Zuwanderung bzw. das Bevölkerungswachstum, zusammen mit unserem gesteigerten Mobilitätsbedürfnis, führen zu verstopften Strassen. Ich würde gerne konkrete Zahlenvergleiche dazu sehen.

    • am 27.11.2024 um 12:50 Uhr
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      Lieber hackt man endlos auf Autofahrer herum, statt die Ursache der wachsenden Probleme, nämlich die endlos wachsende Überbevölkerung in diesem Land, endlich zu thematisieren.
      Man möchte mit allen Mitteln davon ablenken und dass sich die bereits hier ansässigen, steuerzahlenden Bürger immer stärker einschränken müssen und den immer drastisch werdenden Verlust von Lebensraum und Lebensqualität schweigend hinnehmen. Nach dem knappen Zufalls-Nein wird das nicht mehr funktionieren. Es wird jetzt erst richtig über die masslose Zuwanderung diskutiert, was längst dringend nötig gewesen wäre. Ein Grossteil der Nein-Stimmenden drückten damit nur ihren Unmut über die unkontrolliert wachsende Überbevölkerung aus.

    • am 27.11.2024 um 13:25 Uhr
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      Interessanter Artikel, mal aus einer anderen Perspektive… Es relativiert den «Vorwurf», dass für «alles» immer die Zuwanderung herhalten muss.

  • am 27.11.2024 um 11:38 Uhr
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    Ein weiteres zentrales Argument ist die Widersprüchlichkeit der SVP-Steuerpolitik: Mit der Forderung nach tieferen Unternehmenssteuern werden Unternehmen in die CH gelockt mit der Folge einer steigenden Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften……

  • am 27.11.2024 um 11:49 Uhr
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    Der Umkehrschluss ist natürlich genauso tendenziös. Der Bevölkerungszuwachs ist sicher nicht die einzige und alleinige Ursache. Ohne Einfluss ist er genauso sicher aber auch nicht. Und dass der Bevölkerungszuwachs nicht auf «Eigenproduktion» zurückzuführen ist, ist ebenfalls Tatsache. Somit wird die Zuwanderung wohl oder übel für einen Teil des Zusatzverkehrs die Verantwortung übernehmen müssen.

  • am 27.11.2024 um 11:51 Uhr
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    Wie lange geht es noch, dass nicht nur die SVP sieht, dass wir ein Zuwanderungsproblem haben? Leider ist es so! Wir haben europaweit die höchste Zuwanderung, seit über 20 Jahren im Durchschnitt 70’000 Leute pro Jahr, fast jedes Jahr eine Stadt St. Gallen, obwohl wir ebenso europaweit am meisten Leute einbürgern: jährlich zw 36T u 45’000! Zudem haben wir in der Schweiz, ebenso europaweit, der grösste Ausländeranteil 25%+ Wir haben eine der höchsten Dichte von 214Personen pro KM2. Rechnet man das Gebirge und Teil des Juras, sowie die landwirtschaftliche Fläche ab, dürften es ca 340Personen proKM2 sein! Klar, wir können die Schweiz total zubauen 15 20Millionen, Privatautos verbieten. Was, wieviel und für wen wollen wir Güter produzieren auf hiesigem Boden? Nun sollte es auch dem Letzten dämmern, dass es so nicht weitergehen sollte! Gegen die SVP zu schiessen, verbessert die Situation nicht!

  • am 27.11.2024 um 12:40 Uhr
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    Der Dichtestress ist ein psychologisches Faktum, welches kein statistisches Jonglieren aus der Welt schafft. Unser wirtschaftlicher Materialismus ist die Wurzel der Masslosigkeit, und ebenfalls mit journalistischen Mitteln nicht abzustellen. Doch könnte ein Sehen der Dinge, so wie sie sind, eher zu Kursänderungen führen, als das ideologische Hochjubeln vermeintlich grüner Fäuste gegen das Hallelujah antiquierten Fortschrittsglaubens.

  • am 27.11.2024 um 13:20 Uhr
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    Dass die SVP AussenseiterInnen (AusländerInnen, MigrantInnen, IV BezügerInnen, Asylsuchende die Schuld in die Schuhe schieben wil ist beleibe nichts neues. Leider hat es immer noch viele, dies dies glauben. Mein Credo dazu : Wo das «Denken» aufhört beginnt das «Glauben».

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